Die Ausschreibung
Am Freitag, den 12. Februar 2020, traf eine Mail-Aussendung von VATMH Berlin / Los Angeles mit dieser Überschrift ein:
Ausschreibung | bis 28. Februar: Thomas Mann Fellowships 2022. Bewerben Sie sich jetzt!
[1]
In den nachfolgenden Abschnitten wird erklärt werden, warum diese Ausschreibung für den Autor und Herausgeber dieser Online-Publikation eine so hohe Bedeutung hat.
Das ’Framing’ 2018 / 2021
Alles beginnt mit der Reise des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender nach Los Angeles [und San Francisco], wo in ihrer beider Gegenwart am 18. Juni 2018 das Thomas-Mann-Haus (wieder)eröffnet wurde.
Da eine Teilnahme an der Delegation nicht möglich war, wurden zumindest einige Spuren dieses Engagements aufgezeichnet:
– No Show: BER - LAX - SFO - BER
– No Show: LAX
– No Show: LAX & SFO
In den Folgejahren wurden immer wieder neue Anlässe zur Kontaktaufnahme und Berichterstattung genutzt, bis hin zu einer kurzen Begegnung in Bremen, als der Bundespräsident mit seiner Frau Gast jenes Gotteshauses war, in dem die Mutter des Autors als erste weibliche Konzert-Organistin über viele Jahrzehnte engagiert war und in dem am 22. Oktober 2009 ihr einhundertster Geburtstag gefeiert wurde:
– Bremen - Bundespräsident - Benefizkonzert
– KvT *100
Am 1. März 2021 schliesst sich dieser Kreis mit der Veranstaltung im Rahmen des "Forum[s] Bellevue zur Zukunft der Demokratie" zum Thema: „Demokratie und digitale Öffentlichkeit – Eine transatlantische Herausforderung"
Auch für die Teilnahme an dieser Veranstaltung wurde ein Akkreditierung beantragt:
"Demokratie und digitale Öffentlichkeit [...]“
Das ist genau der erste Tag nach dem Ende der Bewerbungsfrist (sic!)
Und genau diese in der Veranstaltung vom 1. März 2021 angesprochenen Themen markieren jene Schwerpunkte der einst für das jeweils nachfolgende Jahr 2019 und 2020 eingereichten Bewerbungen.
Topic 2020: Beyond Digitalization
In dem nachfolgend als Link zitierten Beitrag vom 14. Januar 2019 wurde erstmals öffentlich darüber reflektiert, warum eine solche Bewerbung auf dem Hintergrund der eigenen Lebensgeschichte und insbesondere auf dem Hintergrund der über die Jahre gewachsenen Beziehungen in die USA Sinn ergeben könnte:
Als Ergebnis wurde dann diese Bewerbung eingereicht:
Und als pro toto dieses Referenzschreiben:
Topic 2021: Revisiting Democracy
Auch nachdem diese Bewerbung nicht angenommen wurde, war das Interesse nach wie vor ungebrochen.
Es erfolgte eine zweite Bewerbung im Rahmen der VATMH-Ausschreibung 2021 unter dem erneut selbst gesetzten Thema, das am 14. Februar des Folgejahres 2020 auch öffentlich vorgestellt
Und sodann mit diesem Leitmotiv eingereicht wurde:
Auf den Spuren von Thomas und Frido Mann durch Amerika – auf der Suche nach dem Wesen der Demokratie. Nicht nur in den großen Städten der Ost- und Westküste, sondern auch an jenen Orten mitten im Land, wo die Werte dieser Gesellschaftsform erst wiedergefunden werden müssen, in sicher nicht einfachen Diskussionen. Als Easyrider auf dem Motorrad unterwegs, nahbar für Begegnungen, begleitet von der Kamera, was zu vielfältiger medialer Auswertung führen wird, vom Reise-Blog bis zur Dokumentation.
Geplant und ausgewertet als Fellow im Thomas Mann House in Pacific Palisades.
Zur Unterstützung wurden diese Schreiben beigefügt:
Und wir waren bereit zu starten und zu drehen, mit einem ganzen Team: Auf zwei Motorrädern, einem Pick-up als Begleitfahrzeug, einem Kameramann, einem Ton-Mann und Schnittmeister und einem Arzt als Begleitperson.
"Fail, Fail again, Fail Better"
Auch dieses Projekt wurde nicht angekommen, und es trudelten Nachfragen wie: Ob es an der akademischen Qualität und Anerkennung gemangelt habe, warum wir nicht BMW, sondern ZERO als Sponsor ausgewählt hätten, oder weil die ganze Crew nur aus älteren weissen Männnern bestehen würde...
Als Antwort auf all diese Fragen wurde immer nur dieser Samuel Beckett zugeschriebene Satz zurückgespielt. Der jetzt wahrlich mehr war als ’nur’ ein Zitat. Er war DAS Leitmotiv meines Freundes und mentalen Weggefährten George Tabori, mit dem ich in Berlin und Bremen am Theater engagiert war.
Und schon poppten sie alle wieder auf, die Referenzen auf die frühen Jahre in den USA: vom Actors Studio bis zur Gegenpostion eines Bert Brecht, vom Bread and Puppet Theater bis zu Oh! Calcutta! für das Stan Walden (zusammen mit Robert Dennis) die Musik geschrieben und bei dessen Vorbereitung Sam Backett eine wichtige Rolle gespielt hatte...
Aber auch jenseits all ’Nostalgie", die über die Zeit mit diesen selbst erlebten Geschichte(n) zu tun haben mag: Hier zwei ermutigenden Beispiele aus jüngster Zeit:
– Von Benjamin Ferencz, der am 20. November 2020 in einer Schalte aus den USA am Ende des tagesthemen-Interviews von Ingo Zamperoni in seinem Schlusswort erklärte:
"Never give up, never give up, never give up"
– Von Amelie Deuflhard, die im Interview von Tim Wiese im Deutschland Kultur in der Sendung "Im Gespräch" vom 22. Dezember 2020, am Ende des Gesprächs mit ihrem Satz "Never take a ’no’ for a ’no’" konfrontiert wird, worauf sie wie folgt antwortet:
[Ein] "Nein" für ein Nein zu nehmen heisst ja im Grunde nur, dass man [ei]ne Absage nicht als zwingend interpretiert, sondern dass man in dem Wissen lebt, dass Dinge auch veränderbar sind - und dass überhaupt alles veränderbar ist: das Leben, die Gesellschaft... aber dass natürlich auch [ei]ne Absage, was ja [ei]ne negative Nachricht ist, in [ei]ne positive umdefiniert werden kann.
Die Schwächen als Stärken
Unbeschadet der eigenen lebenslangen Erfahrungen in und mit Menschen aus den USA: Die vorangegangenen Erfahrungen mit den nicht angenommenen Bewerbungen im Kontext der Themen "Digitalisierung" und "Demokratie" erforderten viel Mut und Durchsetzungsbereitschaft für einen dritten Anlauf, zumal der Autor sich nicht in der Phalanx jener angesprochenen "herausragende[n] Persönlichkeiten" wiederzuerkennen glaubt - auch wenn die in den Vorjahren eingereichten Gutachten dieses nahelegen mögen
Was wirklich ermutigt, das sind auf der persönlichen Ebene all die immer wieder unaufgefordert eintreffenden positiven Rückmeldungen, die seit einiger Zeit auf der Homepage Zug um Zug in der Rubrik Testimonials wiedergegeben und fortlaufend ergänzt werden.
Das ist die eine Seite, die andere ist eher von einer veränderten Sicht auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und Anforderungen geprägt.
Dazu als pars pro toto dieser Ansatz, der am vergangenen Wochenende in dem Aufsatz von Jörg Scheller "Warum wir eine Kultur der Schwäche brauchen" in das Licht der erkennenden Öffentlichkeit gestellt wurde:
Neoliberalismus lebt davon, dass alles einen Wert hat und alles zu einem Asset gemacht werden kann. Nein, diese Schwäche ist nicht gemeint. Gemeint ist Schwäche. Schwache Schwäche. Schwäche, die schwach genug ist, sich als solche anzuerkennen. Es bedarf eben nicht der Stärke, sich Schwächen einzugestehen. Es bedarf der Schwäche.
Zwei Mutmacher-VATMH-Aussendungen
I.
Die Mail-Zusendung vom 18. Dezember 2020 [2]:
Das VATMH-Team wünscht schöne Feiertage und einen erholsamen Jahreswechsel!
GUTEN TAG, WOLF SIEGERT,
VILLA AURORA & THOMAS MANN HOUSE WÜNSCHEN IHNEN SCHÖNE FEIERTAGE UND EIN GESUNDES NEUES JAHR!
WIR NEHMEN UNS ÜBER DEN JAHRESWECHSEL EINE KLEINE AUSZEIT UND SIND IM JANUAR WIEDER FÜR SIE DA.
DAS NÄCHSTE JAHR STEHT GANZ IM ZEICHEN DES 25-JÄHRIGEN BESTEHENS DER VILLA AURORA ALS KÜNSTLERRESIDENZ.
HIER KÖNNEN SIE SICH NOCHMAL DEN AUFTAKT ZUM JUBILÄUMSJAHR ANSCHAUEN.
II.
Das Programm der Veranstaltung vom 20. Dezenber 2020 ...
HAPPY HOLIDAYS! A VISIT TO THE BRECHT HOUSE IN SANTA MONICA
Not far from Thomas Mann House and Villa Aurora lies the former domicile of Bertolt Brecht. Here he spent four years of his exile and created important works like The Caucasian Chalk Circle or Life of Galileo.
ONLINE | Link to Video
... auf das kurzfristig nochmals auch über diesen eigenen Eintrag verwiesen werden konnte: Brecht @ home: Der liebende, ungeliebte Nachbar.
Die beiden Veranstaltungen und Programmpunkte machten wieder Mut. Zuvor hatten sich Fragen aufgedrängt wie die, ob die eigene Nähe zum Exil-Thema aus der Sicht von Bert Brecht für eine solche Bewerbung eher von Nachteil gewesen sei. Oder wie es um all jene wahrlich eloquenten "herausragenden Persönlichkeiten" steht, in deren Kreis man auch nach der zweiten Bewerbung nicht eingeladen worden war.
Aber dann ist gleich zur Eröffnung der VATHM-Vorstandsvorsitzende Markus Klimmer zu hören und zu erfahren, dass er es sich in seiner Studentenzeit nicht getraut haben, an der Eingangstüre der Villa Aurora zu klingeln ...
... und auch ein solcher Satz ermutigt, an den Türen dieser Institution ein drittes Mal zu klingeln.
Topic 2022: Transformation
Vielen wünsch(t) sich, das es im Jahr 2022 wieder so sein möge, wie wir die Zeit vor dem Ausbruch des SARS COV-2 Virus’ in Erinnerung haben. Wäre dieses der Fall, hätte der Ansatz des für dieses Jahr vorgebrachten Thema - und Anliegens - kaum eine Bedeutung. Die Sehnsucht nach RETRO ist ebenso verständlich - wie wirkungslos.
Bei der Vorbereitung dieser dritten Bewerbung geht der Blick weiter zurück als die letzten vier Jahre the real Donald Trump twitter Terror und die zwei Jahre Sars Cov 19. Mit der Abschaltung des twitter-Kanals ist die darin verbreitete Bedrohung ebenso wenig verbannt wie mit der Erforschung und Implementierung von Impfstoffen, für deren Marktreife nicht mehr zehn Jahre, sondern nur noch ein Jahr vergangen sind.
Vielmehr wird der Konflikt zwischen den in den beiden vergangenen Jahren präsentierten Themen der Digitalisierung auf der einen und der Verteidigung der Demokratie auf der anderen Seite noch auftreten.
Wenn etwas in der Ansammlung der Stimmen und Meinungen im Rahmen des Projektes "55 Voices For Democracy" erneut deutlich geworden ist, dann wie viel Zeit und Geduld, Resilienz und Kompromissfähigkeit, Tollkühnheit und Toleranz es Bedarf, um dieser Lebenswirklichkeit ein Gasse in eine so ungewisse Zukunft zu bahnen.
Wir kommend dafür nochmals auf die bereits zuvor angesprochene Sendereihe "Essay und Diskurs" im Deutschlandfunk zurück und zitieren aus einem Beitrag von Stephanie Metzger vom 15. November 2020.
In der Paulskirche in Frankfurt sprechen, neben anderen: Jutta Allmendinger [3]...
Ich glaube, man würde gar keine bessere Zeit finden als jetzt, die Parallelen aufzumachen zu der Zeit, wo Thomas Mann seine Reden gehalten hat. Es gibt ja auch ein paar Parallelitäten: nicht jetzt durch Exil oder NSDAP-Bedrohung, aber man hat ja heute eine Situation, wo man vor wenigen Leuten steht, aber viele Leute erreicht“
... und Rainer Forst:
Nicht minder bedenklich ist die spiegelbildliche Verwahrlosung aufseiten von Eliten, die sich vom sogenannten „Pöbel“ abwenden und die Reproduktion ihrer Privilegien nicht nur geschickt sichern, sondern sich auch dafür rühmen, das Niveau der Gesellschaft zu heben und zu schützen. Es gibt kaum eine existierende Demokratie, in der sich nicht solche Blasen der Abgehobenheit finden, die den Rufen nach Demokratisierung der Gesellschaft und der Rechtfertigungsbedürftigkeit extremen Reichtums so elegant aus dem Weg zu gehen vermögen.
Rainer Forst spricht am Ende des ersten hier zitieren Soundfile "von einem bestimmten Zugang zu möglichen Lösungen". Und hierzu soll auch der dieser Bewerbung innewohnende Impetus beitragen.
Das ’Framing’ 2022
Wie auch schon im Jahr zuvor, wurden bei der Auslobung der Fellowships folgende Themen in den Vordergrund des Interesses gerückt und erklärt:
Besondere Berücksichtigung finden Bewerbungen zu den folgenden Themen:
Restoring Public Trust
[4]
Imagining Equality in Diversity
[5]
In den Bewerbungsunterlagen - die in diesem Jahr nur noch elektronisch eingereicht werden sollen - wird gleich eingangs abgefragt, ob sich das eigene Projekt auf eines dieser beiden hier genannten Schwerpunktthemen bezieht. Und diese Frage wird in diesem Fall und für dieses Mal mit "Ja" beantwortet.
Das "Ja" in dieser Antwort bezieht sich natürlich auf die Grundwerte demokratischer Gesellschaften "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit", aber es bleibt nicht stehen bei den Erhebungen in Paris 1789ff. und in den Einzelstaaten eines späteren Deutschlands um 1848f. [6], sondern es nimmt konkret Bezug auf das, was in der Vorlage mit "Verlust der utopischen Träume des 20. Jahrhunderts" umschrieben wird. Und dazu gehören auch nach der "schönste[n] Revolution der Weltgeschichte" von 1871 in Frankreich und die friedliche Revolution von 1989 in Deutschland, ein "Glücksfall der Geschichte", so Norbert Lammert am 7. November 2014 im Deutschen Bundestag. Ereignisse, die durch lange Aufenthalte in Paris und der "Hauptstadt der DDR" sehr nahe an den eigenen Forschungs- und Erfahrungshorizont herangerückt sind [7].
Carl Schurz, der sich engagiert für die gescheiterte Sache der deutschen Revolution 1848 einsetzte, heiratete 1852 Margarethe Meyer, die zuvor in Hamburg die erste Hochschule besucht hatte, die für Frauen zugelassen war. Dann aber emigrierten beide in die USA und auf ihrer Farm in Watertown enstand der ersten amerikanische Kindergarten. In Preussen dagegen wurden Kindergärten per Vorordnung ab 1851 (bis 1860) verboten. In Boston wurde 1868 von Matilde Krieger die erste Schule für Kindergärtnerinnen gegründet. Das Vor-Bild des "aktiven Kindes" "„according to the laws of creative order” [8] wird zugleich zur Vorlage der Einübung der Rolle als Staatsbürger (citizenship) [9], so der Bericht von Jürgen Oelkers, 2009 [10]. Jetzt machen wir einen Sprung in das Jahr 1939, als zu Ehren seines achtzigsten Geburtstages John Dewey’s Text über "Creative Democracy - The Task Before Us" vom Philosophen Horace Kallen verlesen wurde. Rückblickend erklärt er, dass es in dieser seiner Lebenszeit gelungen sei " to create the political structure of a self-governing society “. Und im gleichen Jahr schreibt er in "Promise of America":
„Democracy is a way of life controlled by a working faith in the possibilities of human nature. Belief in the common man is a familiar article in the democratic creed. That belief is without basis and significance safe as it means faith in the potentialities of human nature as that nature is exhibited in every human being irrespective of race, color, sex, birth and family, of material or cultural wealth”
The Road Map
Vieles von dem avisierten Vorhaben und viele von den benannten Partnerorganisationen ist / sind bereits in den vorangegangenen Bewerbungen angesprochen worden. In allen Fällen wurden die Kontakte bis zum aktuellen Datum fortgesetzt, in einigen Fällen sogar noch intensiviert. Der Vorbereitungszeitraum einer Reise durch die USA läge nach wie vor im Frühjahr 2022, beginnend mit der CES vom 5.- 8. Januar bis zur NAB-Show, die in ihrer Online-Variante bereits am 9. Oktober starten und bis zum 13. Oktober 2021 dauern wird.
Voraussichtlich zu diesem Zeitpunkt wird auch feststehen, ob die beiden Events 2022 wieder vor Ort "in person" stattfinden werden, derzeit wird die NAB Convention für den Zeitraum vom 23.-27. April 2022 geplant. Von dort aus würde die weitere Reise durch die USA beginnen, wenn dieses bis dahin wieder möglich sein sollte.
Die finalen Absprachen über die derzeit avisierten Stops würden im Rahmen der Alliance for Community Media West Region getroffen werden, die im Silicon Valley in der Zeit vom 23.-25. Februar stattfinden soll.