Mann sucht Reisepass...

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 10. Juni 2022 um 01 Uhr 06 Minutenzum Post-Scriptum

 

Alle liebe Mitlesenden! Die hohe Reaktionsrate auf die Beiträge

Mann sucht Spritze...

und:

Die Spritze... und ihre Folgen

hat offensichtlich das Interesse an einer Fortsetzung geweckt?!

Leider können wir mit dem Beitrag ab heute diesem Wunsch entsprechen.

Denn es ist derzeit nicht möglich, in Berlin weder in diesem noch im nachfolgenden Monat im zuständigen Bürgeramt einen Termin für eine Passverlängerung zu buchen. Darüber hinaus liegende Buchungsmöglichkeiten werden nicht angeboten

Hier das Ergebnis der Anfrage auf der Internet-Seite:

https://service.berlin.de/terminvereinbarung/termin/day/

Eine telefonische Anfrage über das Bürgertelefon 115 führte zu dem gleichen Ergebnis: Eine Terminbuchung ist nicht möglich, da zu dieser Option "wählen Sie bitte die ’3’" erst gar keine Verbindung möglich ist.

Also wenden wir uns an den Chatbot Bobbi, der in seiner, vielleicht ja noch beta-bedingten Beschränktheit wieder dorthin verweist, wo wir schon waren....

... nicht ganz, denn dieses Mal nutzen wir auf der Internet-Seite die Option einer berlinweiten Anfrage. Mit diesem Ergebnis: Beide Monate, also April als auch Mai, sind vollkommen ausgebucht:

Was tun? Schriftlich Kontakt aufnehmen. Dazu findet sich dieser Hinweis:

Die durch die Corona-Pandemie ausgelösten Ereignisse führen zu einem hohen Anrufaufkommen und leider zu Einschränkungen der Erreichbarkeit des Bürgertelefons 115. Bitte nutzen Sie auch die schriftlichen Kontaktwege der Behörden.

Der hier zitierte Link verweist wieder auf den Standort: Bürgeramt Heerstrße samt dieser Faxnummer: (030) 9029-17780 und dieser Mail-Adresse: buergeramt[AT]charlottenburg-wilmersdorf.de.

Heureka! Also wird jetzt diese Anfrage samt einer Kopie dieses Beitrages an beide angebotenen Kontaktmöglichkeiten gesendet.

Eine über diesen Tag hinausgehende Fortsetzung des Berichtes folgt Zug um Zug weiter unten in den "PS".-Vermerken (sowie später in dem Beitrag "Der Pass-Antrags-Vor-Gang").

WS.

P.S.

Do 08.04.2021 10:10 Unr.
Antwort des Bürgeramtes Charlottenburg-Wilmersdorf

Sehr geehrter Herr Siegert,

Termine können nur online ( https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/aemter/amt-fuer-buergerdienste/buergeraemter/)

oder über die Notfallhotline 030 9029-15036 gebucht werden.

Montag 08:00 bis 16:00
Dienstag 10:00 bis 18:00
Mittwoch 08:00 bis 13:00
Donnerstag 10:00 bis 18:00
Freitag 08:00 bis 14:00

Termine können ausschließlich nur über die oben genannte Nummer und online gebucht werden. Eine andere Terminvergabe ist nicht möglich.

Wenn Sie dort anrufen, bleiben Sie bitte am Telefon, bis sich jemand meldet.
An die angegebene Nummer sind mehrere Apparate angeschlossen, die die Anrufe entgegennehmen.
Aus technischen Gründen hören Sie jedoch ein Freizeichen, auch wenn auf allen bedienten Leitungen gesprochen wird.
Sollten Sie nicht in Charlottenburg-Wilmersdorf gemeldet sein, so möchte ich Sie bitten sich an das Bürgeramt in Ihrem Bezirk zu wenden.

In Anbetracht der Corona Pandemie werden derzeit keine Bußgelder wegen des Verstoßes gegen die Pflicht zur An- oder Abmeldung verhängt.

Mit freundlichen Grüßen

Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
Amt für Bürgerdienste

Buergeramt@charlottenburg-wilmersdorf.de
Die E-Mail-Adresse ist für elektronisch verschlüsselte Dokumente nicht geeignet.
Bei Abwesenheit eingehende Nachrichten können unter Umständen nicht zeitnah bearbeitet werden.

Die Versuche der telefonischen Kontaktaufnahme sind im Verlauf dieses Tages immer wieder unternommen worden, und durchgehend gescheitert. Auch bei der Online-Buchung im Netz bieten sich keine Alternativen an.

Zur Frage "Es ist nichts mehr frei, was nun?" steht geschrieben:

Wenn bei einer Terminsuche der anschließende Kalender keinen zeitnahen Termin hergibt, so kann sich das kurzfristig aufgrund von Absagen oder Kontingenterhöhungen auch wieder ändern. Ein regelmäßiges Nachschauen kann sich lohnen, um auch mal sehr kurzfristig einen Termin zu bekommen. In dringenden Fällen können Sie bspw. auch das Amt Ihrer Wahl anrufen oder aufsuchen, um dort persönlich einen Termin zu vereinbaren.

Freitag, der 9.04.2021: Eine für ganz Berlin ausgedehnte Terminsuche kann nunmehr bis auf den Monat Juni 2021 ausgedehnt werden - und bleibt nach wie vor ohne jegliche Möglichkeit einer Terminbuchung:

Alternativ wird nochmals die Bürgerhotlinenummer angerufen, die 115 ("Wir lieben Fragen" / "Bitte haben Sie noch etwas Geduld, wir sind gleich für Sie da" / ...) Und dieses Mal bricht zum Thema der Terminvergabe nicht die Leitung zusammen, sondern es wird die Warte-Position "88" aufgerufen.
Und dann, dann kommt es tatsächlich zu dem Moment, an dem sich am Ende der Leitung eine Frauenstimme meldet. Bei der Nachfrage, ob eine Verständig möglich sei... bricht die Leitung zusammen.
Also nochmals von vorn: Zunächst ist überhaupt keine Kontaktaufnahmen möglich, nach dem vierten Versuch klappt es dann erneut mit der Warteschlange. Dieses Mal ist die Postion 115 angesagt... und erneutes Warten.
Und dann, dann klappt es auch mit der kommunikation... und das Ende vom Lied: die Bürgerämter haben der Hotline keine Termine freigeschaltet.
Aber, es gibt einen Tipp: und der liest sich so:

Für alle anderen Dienstleistungen nutzen Sie bitte die Notfalltelefonnummer (030) 9029 – 15036 welche zu den Öffnungszeiten des Bürgeramtes besetzt ist (Mo 8-16 Uhr, Di 10-18 Uhr, Mi 8-13 Uhr, Do 10-18 Uhr, Fr. 8-14 Uhr), um zu klären inwieweit ein Notfalltermin vereinbart werden kann.

Der Versuch, dort am Freitag, den 9. April 2021, Gehör zu finden, scheitert ebenfalls, da niemand antwortet. Irgendwann bricht die Verbindung ab, der Versuch wird mehrfach wiederholt. Weiterhin ohne Erfolg. Dann ist es 1 Uhr vorbei ... und nun gilt wohl auch hier der Satz: "Freitag nach eins, macht jede(r) seins."

Aber nein! Nach der sechsten Anrufwiederholung meldet sich ein Mitarbeiter. Er klärt die Identität des Anrufers und erklärt, dass jeweils am Morgen ab 8 Uhr von den Leitern der Bürgerämter nochmals Termine freigeschaltet werden würden. Wenn man sich also dann zu diesem Zeitpunkt mit seinem Rechner auf die Online-Suche machen würde, gäbe es die Chance, einen solchen Termin irgendwo in Berlin zu ergattern.

Wir vereinbaren, dass diese Nummer nochmals in der Folgewoche genutzt werden könne, wenn bis dahin keine Terminvereinbarung gelungen sei, und wünschen uns gegenseitig ein gutes Wochenende. Es ist 13:19 Uhr.

Dienstag, der 13. April 2021, 7:45 Uhr.

Der Aufruf der Seite Termin berlinweit suchen hat nach wie vor das gleiche Ergebnis: Keine Angebote bis Mitte Juni:

Trotz dieses Ergebnisses wird immer wieder erneut eine Suche gestart... bis dass um kurz nach 8 Uhr plötzlich eine Buchungsoptionen für den 27. April auftaucht. Um ganz besonders schnell zu sein, wird von dieser Seite kein Screenshot erstellt, sondern sofort eine der für diesen Tag angebotenen möglichen Terminbuchungen aufgerufen:

Doch zu früh gefreut, statt eines erfolgreichen Termin-Zugangs poppt diese Meldung auf:

Also zurück auf die Kalenderseite, um dort auf eine weitere Chance zu warten.
Und sie kommt mit einem Angebot für den 11. Mai:

Es wird nach einer Uhrzeit und einem Standort gefragt. Aber es wird weder ein Standort noch ein Zeitpunkt vorgeschlagen:

Dennoch erneut weiter gesucht.

Plötzlich poppt eine Buchungsmöglichkeit für diesen aktuellen Tag auf, die dann aber erneut zunächst nicht weiter verifiziert werden kann:

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Und dann wird plötzlich für diesen Tag Hohenschönhausen freigegeben: ab 9:20 Uhr, mit über 10 Terminangeboten.
Um auf einen dieser Termine zugreifen zu können, müssen die Bürger aber zunächst durch ein weiteres Nadelöhr:

In diesem Fall wird die Eingabe aber nicht angenommen. Stattdessen werden immer wieder neue Bilder mit Buchstaben und Zahlen eingeblendet, die es zu enträtseln gilt:

Wir brechen den Bericht hier ab, denn letztendlich haben keine der hier als pars pro toto dokumentierten Bemühungen keinen Erfolg.

Eine nochmalige telefonische Anfrage - nach entsprechender Wartezeit - führt zu der Auskunft, dass es auch im Callcenter in der Tat einen kurzen "lichten Moment" gegeben habe, um in Hohenschönhausen einen Sofort-Termin zu bekommen... aber selbst von dort aus sei es nicht gelungen, auch nur einen davon zu fixieren.

Mittwoch, der 14. April 2021, 8:15 Uhr

Erneute Suche nach einem Termin für die Beantragung eines Reisepasses. Es werden unmittelbar nach der Aufnahme der Suche sogenannte "Vorzugstermine" angezeigt für eben diesen Tag angezeigt: Bei den Bürgerämtern am Zwickauer Damm und in Pankow: heute zwischen 8:36 und spätestens 9:24 Uhr. Und damit zu knapp, um realisiert werden zu können:

Gibt es noch eine Alternative? Ja: am 12. Mai 2021. Aber auch hier geschieht das Selbe wie schon in den Tagen zuvor: sowohl die angezeigten Angebote für die Blaschkowalle als auch für die Yorkstrasse können nicht gebucht werden:

Also weitersuchen: Und dann wird eine ganze Serien von weiteren sogenannte "Vorzugsterminen" für den 12. Mai in Heiligensee frei:

Es wird ein Termin ausgewählt:

Der Termin wird bestätigt:

Zwischenzeitlich hat sich die parallel aktivierte telefonische Warteschleife auf die Zahl von unter einhundert Wartenden reduziert. Und irgendwann war dann auch eine telefonische Anfrage möglich um zu erfahren, was es denn überhaupt mit dem Status des "Vorzugstermins" auf sich habe.

Grosse Verwunderung auf der anderen Seite der Leitung, dass diese Daten überhaupt transparent angezeigt worden seien. Und sodann das Angebot, zum gleichen Datum, den 12. Mai 2021, alternativ einen Termin um 12:30 Uhr in Tiergarten wahrzunehmen. Dies Alternative wird angenommen, die Adresse und die Vorgangsnummer 210756 wird mitgeteilt und der zunächst für Heiligensee gebuchte Termin wird storniert.

Wie auch schon in den Tagen zuvor, wird über den weiteren Verlauf des Hintergrund-Gesprächs Stillschweigen vereinbart. Das ist fair, hilfreich und macht in der Summe all dieser Unterredungen deutlich, dass es hier um ein systemisches Problem geht, das sehr viel grundlegender ist als das, was jetzt durch SARS Cov-19 an zusätzlichen Belastungen verursacht wurde.

Summa Summarum: bei allen Bemühungen von vielen Seiten, das Leben und seine Verwaltung den BerlinerInnen so erträglich als möglich machen zu wollen, was bleibt ist letztendlich doch die survival-of-the-fittest - "Lösung", die eben keine Lösung der hier exemplarisch aufgezeigten Probleme sein kann.
Der ohne Häme und people-bashing zur Darstellung gebrachte Vorgang macht deutlich, welcher besonderer Voraussetzungen es bedarf, um im Kampf mit diesen Verwaltungsstrukturen zu obsiegen: unendlich viel Zeit, Hartnäckigkeit, eine gute elektronische Infrastruktur und Breitbandanbindung, keine wesentlichen mentalen oder körperlichen Beeinträchtigungen, die Bereitschaft, auch nach jedem Rückschlag immer wieder von Neuem beginnen zu wollen, und die Kraft, auf all das mehr als Ärgerliche nicht selber verärgert zu reagieren, sondern weiterhin den Dialog zu suchen.

Am Mittwoch, den 14. April 2021, wurde der Link zu diesem Text samt einer Kopie des aktuell gültigen Presseausweises als Belegexemplar dem Presse- und Informationsamt des Landes Berlin (PIA) zugestellt.

Für Montag, den 26. April 2021 wird dann schriftlich vom Bürgeramt in der Heerstrasse für 8 Uhr morgens ein Termin zugeteilt. Diese ’Wunder’ wird aber erst am selben Tag gegen 16 Uhr wahrgenommen. Und dann sofort per Fax - samt Entschuldigung - mit einer Bitte um Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantwortet.


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