... abends in Berlin!

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 15. Juni 2019 um 22h08min

 

In der Tat gibt es ab heute um 19 Uhr eine Sondersendung auf den "Wellen" von RadioEins im rbb aus Anlass der Langen Nacht der Wissenschaften.

Dass man sich aus diesem Anlasse an einer der neue privaten Universitäten "eingenistet", dort das Studio eingerichtet und auch thematisch vorallem über Themen aus diesem Umfeld berichtet wird, geht völlig in Ordnung. Auch das Zusachalten von "Aussenstellen" mit Reportagen ist informativ und unterhaltsam. Aber dass mit mehr als einem Musiktitel zwischen den Beiträgen Zeit geschunden wird, das geht absolut nicht in Ordnung. Es gibt - wie der Beitrag zur Einleitung richtige siganlisiert - eine solche Vielzahl von Veranstaltungsorten und -themen, dass jede Musiktitel, der über den einen hinausgeht, zu viel ist.

Die Absicht, sich also als RadiohörerIn in dieses Abenteuer Wissenschaft verführen zu lassen, misslingt letztentlich, da einmal mehr alles in dieser Unterhaltungs-Welle überrollt wird.

Die Alternative: Selber vor Ort sein und sich persönlich mit den Leuten zu besprechen, die was zu sagen haben.

Hier also als par pro toto der Link zum Programm des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft (HIIG) in Berlin in der Französischen Straße 9 in 10117 Berlin.

Ein besonderes Interesse gilt diesem Vortrag von Christian Katzenbach ab 21:00 Uhr:

Overhyped, but real – Die soziale Konstruktion von Künstlicher Intelligenz: Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde. Unternehmen und Politik, Start-up-Gründer*innen und Expert*innen erklären, dass KI fundamental verändern wird, wie wir morgen leben, kommunizieren, arbeiten und reisen. Christian Katzenbach zeigt, dass die weitere Entwicklung nicht nur von technischen Neuerungen abhängt. Wir konstruieren bereits heute Probleme, für die wir morgen Lösungen brauchen. Sind wir bereit, unsere Städte zu verändern, um autonome Fahrzeuge zu ermöglichen? Soll Hate Speech auf Plattformen automatisch herausgefiltert werden, so wie Spam in E-Mails?

Das Ganze entpuppt sich als eine Art Impulsreferat, von dem hier diese Punkte ad hoc festgehalten werden:

 KI ist ein relevantes Thema, aber die Diskussion darüber total überhitzt.

 Die sozialen Verhältnisse werden automatisiert. Das wird einen Einfluss haben auf die Infrastruktur dieser (zukünftigen) Gesellschaft.

 Automatisierung funktioniert ganz anders, als wie wir uns das vorstellen (das Muster-Beispiel: Das Abwaschen und die Spülmaschine).

 Technik ist immer politisch, sie setzt sich "sozial" durch und nicht mit der funktionalsten Lösung.

 Die jeweiligen "Lösungen" tragen immer "den Stempel ihrer Zeit" und daher zu einem späteren Zeitpunkt eigentlich längst obsolet (wie zum Beispiel das Keyboard).

 Machtvoll und besonders wirksam sind diese Technologien, wenn sie gar nicht mehr sichtbar sind.

 Gesellschaftliche Gestaltung ist möglich (--- "ich möchte nicht in einer Spülmaschine leben").

In der sich anschliessenden Diskussion wurden nochmals diese Punkte angesprochen:
Technisch ist die hier skizzierte Entwicklung schon seit langem im Gange. Die Frage ist vielmehr, warum wird gerade jetzt darüber diskutiert? Zumal es sich inzwischen herumgesprochen hat, dass die sogenannten "starke KI" in absehbarer Zeit noch nicht funktionieren wird.

Das Interesse des Publikums war gross, das Erkenntnisgewinn dagegen eher gering. Dabei ist es dem Referenten durchaus positiv anzurechnen, dass er sich als "Mahner in der Wüstnei" von Thesen und Theorien engagiert und darum bemüht ist, hier ein gewisses Gegengewicht in die Waagschale zu werfen. Und doch hätte man - oder vielleicht auch nur der Autor - an diesem Ort mehr erwartet: Und sei es nur eine kurze Reflektion auf die Frage, welche Bedeutung das Thema und die Rolle der "Intelligenz" in dem aktuellen Umfeld in sich birgt - bevor man sich auf den Terminus der "künstlichen" Intelligenz zu fokussieren beginnt.

Aber vielleicht ist das schlicht zu viel erwartet in einer Zeit, in der es schwierig wird, sich dem aktuellen Hype überhaupt noch in irgendeiner weise widersetzen zu können.

Es sei denn, man ist Radiomacher und beginnt, die auf RatioEins favorisierten Beiträge der Psychologen und Psychoanalytiker mit diesem hier vorgetragenen Thema im Beziehung zu setzen. Eine oder zwei Pausenmusiken weniger, und das wäre vielleicht ein spannender Beitrag geworden.


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