Nachfolgend einige ausgewählte Programmpunkte vom Freitag, den 16. März 2018.
I.
Sie werden hier nochmals vorgestellt, nachdem der heutige Tag nur noch virtuell mit den AutorInnen verbracht werden konnte. So in der Sondersendung von Deutschlandfunk Kultur, "Bücherfrühling" genannt [2], der sogar das sonst an dieser Stelle programmierte Angebot der "Breitband"-Sendung weichen musste [3].
Da der Bahnhof von Leipzig wegen verschneiter Gleise und eingefrorener Weichen geschlossen wurde und so die ganz unten noch für heute benannten Programmpunkte nicht mehr wahrgenommen werden konnten, gibt es heute die Buchmesse alternativ im Radio zu erleben - auch wenn dort nicht alle der von der Redaktion ausgesuchten Autoren wegen der Schliessung von Bahnstrecken haben anwesend sein können.
Es ist beeindruckend von den Autoren zu hören, wie jede, wie jeder von ihnen sich eine eigene Welt ausgedacht und diese zugleich in einem Buch mit der Welt unserer Wahrnehmung kompatibel ausgestaltet hat. Diese Sendung(en) erlauben, konzentriert wahrnehmen zu können, was die Buchmesse mit ihrem Motto "Leipzig liest" selber immer wieder von Neuem vorgibt. Das Er-Leben der Anderen wird in immer neuen Formen angeboten, um es sich selbst zu eigen zu machen.
Es werden viele Autoren vorgestellt, Menschen, die es sich in den Kopf gesetzt haben, auf ihrem Kopf heraus andere Menschen sprechen und handeln zu lassen, die nicht sie selber sind - und die es doch ohne sie nicht geben würden.
II.
Im Verlauf der oben benannten Sendungen gibt es auch ein Gespräch von Dieter Kassel mit Jörg Magenau zur Frage: Wie ein Buch zum Bestseller wird. Kassel bezieht sich gleich zu Anfang auf dessen bei Hoffman und Campe verlegtes Buch: "Bestseller. Bücher, die wir liebten und was sie über uns verraten" und sagt:
Ich gebe es ehrlich zu, Ihr Buch hat mich in einem Punkt unglaublich enttäuscht, weil ich hatte mit einer Anleitung gerechnet, die mich in die Lage versetzt, selbst systematisch einen Bestseller zu verfassen. Die liefern Sie aber nicht,
Und dann geht es um solche "Longseller" wie "Götter, Gräber und Gelehrte" von C.W. Ceram, von denen, so Magenau, Ernst Rowohlt damals gesagt haben soll: "Das ist völliger Quatsch. So was braucht man gar nicht erst zu veröffentlichen, mehr als ein paar Tausend wird man davon nicht verkaufen." Oder um "Das Parfüm", um "Darm mit Charme", "Das Waldbuch" oder die Bücher von Richard David Precht und Wolfram Eilenberger.
Magenau:
Man empfand das als einen Sündenfall des Geistes in den Markt: sich überhaupt mit solchen Phänomenen wie "was verkauft sich gut" zu beschäftigen, weil das ein hohes Feuilleton nicht zu interessieren habe.
Und heute? Bestseller-Listen von ZEIT, FOCUS und SPIEGEL sind heute gang und gäbe. Gefahren drohen dem Feuilleton heute von ganz andere Seite: Von der wachsenden Zahl von Online- und AV-Blogs.
III.
Dabei sind wir schon bei einer der ersten Veranstaltungen, die am Vormittag des 16. März in Leipzig besucht wurde:
Blogger, Youtuber + Co.
16. März 2018 | 11:30 – 12:30 Uhr
Mitwirkende:
Ute Nöth, Demian Sant’Unione, Ilke Sayan, Tilman Winterling
Moderation:
Kai Mühleck
Veranstalter:
Börsenverein d. Dt. Buchhandels/Berufsbildung, Leipziger Buchmesse
Art der Veranstaltung:
Sonstiges
Beschreibung:
Wie Unternehmen mit „Influencern“ zusammenarbeiten – mit Ute Nöth (Senior Manager Social Influencer Relations, Carlsen Verlag), Demian Sant’Unione (Teamleiter Online-Marketing, Suhrkamp Verlag), Ilke Sayan (Buchpreisbloggerin, „Buchgeschichten“), Tilman Winterling (Blogger, „54books“); Moderation: Kai Mühleck (Börsenblatt)
Ort:
Fachforum 1 Halle 5, Stand E600
Im Nachgang der Veranstaltung wurden mit den Podiumsgästen Karten getauscht und mit der einzigen Bloggerin, die auf diesem Podium vertreten war, dieses Interview - an, wie man auch hören wird, zwei Standorten - geführt.
Mitwirkende:
Cigdem Aker, Cleo Ciba, Katrin Hogrebe
Moderation:
Kai Mühleck
Veranstalter:
Börsenverein d. Dt. Buchhandels/Berufsbildung, Leipziger Buchmesse
Art der Veranstaltung:
Sonstiges
Beschreibung:
Wie man (richtig) netzwerkt, mit Cigdem Aker (Leiterin Stabsbereich Strategie und Innovation, Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. / Gewinnerin Young Excellence Award 2017), Cleo Ciba (Volontärin, Lingen Verlag / Nachwuchssprecherin) und Katrin Hogrebe (Leiterin Presse, Carlsen Verlag). Moderation: Kai Mühleck (Börsenblatt)
Ort:
Fachforum 2 Halle 5, Stand F600
Das Ganze war nicht nur eine - wenn auch vom Podium herab verkündete - Ermutigung sich einzumischen, authentisch zu sein und ja nicht zu glauben, dass diejenigen die Erfolgreicheren seien, die in Form von Massen-Mails versuchen, auf sich und ihre literarische / publizistische Arbeit aufmerksam zu machen.
Auch hier wurden Karten getauscht. Vor allem mit Katrin Hogrebe, die in der Lage war, überzeugend zu begründen, warum das Beziehungsmanagement in diesem Gewerbe nach wie vor auch dann funktionieren kann, wenn man sich nicht über facebook und/oder WhatsApp miteinander bekannt macht.
V.
Parallel dazu - und gleich nebenan - ein Besuch am Stand der Deutschen Nationalbibliothek. Denn dort wurde angeboten, an diesem Vormittag Antworten zu geben auf
Fragen zu Netzpublikationen
16. März 2018 | 11:00 – 13:00 Uhr
Veranstalter:
Deutsche Nationalbibliothek
Art der Veranstaltung:
Beratung
Beschreibung:
Zeit für Gespräche über die automatisierte Ablieferung von E-Books, Hörbüchern und E-Journals
Ort:
Deutsche Nationalbibliothek auf der Messe Halle 5, Stand H512
Nun gut: Es war möglich, mit mehreren netten Mitarbeiterinnen darüber zu reden und in eigener Sache zu fragen, wie denn nun die Ergebnisse des Crawlings der eigenen Seiten auf den Seiten der DNB abgerufen werden können. Die Antworten dazu konnten dann aber weder an diesem Stand noch an diesem Tag erteilt werden [4].
VI.
Es war Mittag geworden. Und trotz des Riesenangebotes, aus dem jetzt für den Nachmittag nochmals ausgewählt werden musste, war klar, dass es Sektoren / Themen gab, auf die gar nicht oder nur mit grossem Aufwand zugegriffen werden konnte.
— Lektoren waren in den meisten Fällen nicht vertreten, auch dann nicht, wenn die von ihnen betreuten AutorInnen auf den jeweiligen Ständen erschienen waren. Ja, beim Blättern durch die zahlreichen auf den Wandregalen ausgestellten Bücher fanden sich immer wieder Exemplare, in denen - zumindest auf Anhieb - die Namen der Lektorin oder des Lektors nicht zu finden waren.
Umso wichtiger - auch wenn diese Veranstaltung aus Zeitmangel nicht besucht wurde - der Hinweis auf Termine wie diese:
Lektorensprechstunde – Ihr Manuskript unter der Lupe
16. März 2018 | 15:30 – 16:30 Uhr
Mitwirkende:
Grit Zacharias
Veranstalter:
Pro Business I Verlag book-on-demand
Art der Veranstaltung:
Beratung
Beschreibung:
Braucht mein Manuskript einen Lektor? Was geschieht dort? Unsere Lektorin beantwortet Ihre Fragen.
Ort:
Pro Business Halle 5, Stand D500
Interessant, dass dieses Thema gerade von einem jener zahlreich auf der Messe erschienenen Vertreter vorgestellt wurde, dessen Thema das Selfpublishing ist. Themen, die an diesem Tag auch in anderen Zusammenhängen wie diesem zur Sprache kamen:
Unabhängig veröffentlichen mit KDP
16. März 2018 | 12:00 – 13:00 Uhr
Moderation:
Frank Euler
Veranstalter:
Amazon
Art der Veranstaltung:
Workshop
Beschreibung:
In 45 Minuten zeigen wir Ihnen, wie einfach es ist, ein eBook oder Taschenbuch über KDP zu erstellen.
Ort:
Kindle Direct Publishing Halle 5, Stand D209
Am Ende der Beobachtungen und Betrachtungen der mittäglichen Reflexionsminuten war klarer als je zuvor, dass für die nachfolgend zu vertretenden eigenen Projekte nur Verlage in Betracht kommen werden, die vom Lektorat bis zum Vertrieb "alles aus einer Hand" anbieten können - und es auch so wollen.
Also wurde die Entscheidung getroffen, zu Beginn des Nachmittag einmal die Stände einiger jener Verlage zu besuchen, bei denen in der Vergangenheit schon eigene Publikationen erschienen sind [5] [6]:
An allen drei Ständen kommt es auch zu persönlichen Begegnungen und Gesprächen, in einem Fall sogar zu einer gemeinsamen Kaffee-Runde im Stehen.
VII.
Eine weiterer, hier nicht abgebildeter Stand [7] ist der von Rowohlt [8]. Dort wurde 2014 das Buch von Helmut Lethen Der Schatten des Fotogafen vorgestellt und damals eine Begegnung mit dem persönlich bekannten Autor versäumt.
Und es kommt, ganz ausserhalb des Protokolls und aller Termine, endlich zu dieser Begegnung mit einem alten Weggefährten: Und zur Übergabe und Signierung des Schatten-Buches, das inzwischen der Ausgangspunkt einer ganzen Serie eigener Fotografien geworden ist, bzw. die auch schon zuvor entstandenen Schatten-Fotos einordnet.
VIII.
Auf dem Weg über das Gelände kommt es darüber hinaus zu weiteren Ereignissen, deren Zustandekommen einzig und allein dem Gesetz des Zufalls zuzuschreiben ist. Und hier nur in diesen wenigen Fotos festgehalten wird:
IX.
Stattdessen gesucht, aber nicht gefunden, wurde ein Attraktionspunkt zum Thema Lyrik: weder im Katalog, noch an den Info-Ständen, noch online. Warum das so ist, konnte an diesem einen Tag nicht näher ergründet werden.
Dabei gäbe es doch kaum geeignetere Texte, die sich in kurzer Zeit vortragen lassen und Anlass geben könn(t)en für allerlei Gespräche. Ja, es gibt heute sogar online-basierte Formate, für einen solchen Vortrag auch das Publikum mit einzubeziehen, auch als Kuratoren und gatekeeper .
Stattdessen gibt es auch in den Sendungen über diese Messe - folgerichtig? - kaum Referenzen auf diese Art der Literatur.
Dabei wäre es doch ein Leichtes, dem Motto "Leipzig liest" dieses hinzuzufügen: "Leipzig liest Lyrik" oder "Lyrik lebt".
Also: von diesem Tag an wäre ein Jahr Zeit, auch ein solches Format der Öffentlichkeit angedeihen zu lassen - und sei es in Kooperation mit Partner wie twitter.
Als wir am Abend dieses Tages mit einem ICE - der vom Messe-Bahnhof direkt bis nach Berlin und Hamburg fährt - Leipzig auf schon schneeverwehten Gleisen verliessen, war noch nicht klar, dass ein Rückkehr an diesem Samstag nicht mehr möglich sein würde.
Nicht nur die Züge, selbst die Stassenbahnen fuhren an diesem Tag zunächst gar nicht mehr oder nur noch sehr unregelmässig. Auch die Moderatorin des "Bücherfrühlings" nahm Bezug auf diesen Umstand, ohne allerdings diesem besonderen Zustand einen neuen Tag zuzueignen, wie es einst in Hannover geschehen war, als aus der "CeBIT" eine "SchneeBIT" geworden war.
Damals gab es allerdings noch keine "Tags". Und dass der Bahnhof schon wieder gesperrt werden musste, war auch keine wirkliche Neuigkeit mehr [10].
XI.
Am Morgen war alles noch ganz einfach gewesen: Zwar ist der Zug ab Berlin Hbf bis auf den letzten Platz ausreserviert. Genauso wie fast alle Veranstaltungen in Leipzig, zu denen man sich zuvor hätte anmelden müssen. Dennoch ist die Anreise - auch mit zweimaligem Umsteigen in Bitterfeld und am Messebahnhof - die bessere Alternative zur Anfahrt mit dem Wagen. Zumal es schon auf der Hinfahrt angefangen hatte zu schneien.
Und schon das gemeinsame Fahrziel gibt Anlass zu Gesprächen mit Menschen, denen man vielleicht sonst nicht begegnet wäre. In diesem Falle ist es eine Literatur- und Musik-Bloggerin, die - ebenso wie DaybyDay - jeden Tag mit einer neuen Geschichte auf www.feuilletonscout.com im Netz vertreten ist. Allein das ist doch schon Anlass genug sich auszutauschen.
Im Pressezentrum gib es keine mit Rechnern ausgestattete Arbeitsplätze mehr, aber Tische mit Strom- und Internet-Versorgung. Und einen hp-Drucker, den man an sein Notebook hängen und - Dank automatischer Treibererkennung - auch zum Drucken bringen kann.
Vor allem aber sind es immer noch die Menschen vor Ort, die diese Anreise so erfreulich machen. Die junge Frau an der Garderobe findet noch einen Weg, den Mantel anzunehmen, obwohl schon alle Nummern vergeben sind. Und die ältere Frau an der Einlassschleuse ist ebenso hilfsbereit wie die jungen Kerle bei der Sicherheitsprüfung.
Einst war der Autor Mitveranstalter einer der ersten Grossveranstaltung in den damals noch brandneuen Leipziger Räumen. Und heute hat immer noch der Charme dieser ersten Tage Bestand. Auch bei noch so schlechtem Wetter: