DIE re:publica "DAS Woodstock der Demokratie"

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 9. Juni 2024 um 22 Uhr 55 Minutenzum Post-Scriptum

 

Nein, dies ist nicht der Beginn einer Jubiläumsschrift oder einer damit vergleichbaren Äußerung zum bisherigen Gesamtwerk der Veranstalter. Es ist vielmehr ein eher persönlicher Versuch, die aktuellen Ereignisse auf dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte dieses Formats, der eigenen Lebensgeschichte, ja und vielleicht sogar der Geschichte dieser Republik, zu beleuchten.

I.

Zum Starttermin anno 2007 einer ebenso kleinen wie feinen Blogger-Community in der Kalksscheune war bereits ein Motto gesetzt, das bis heute nichts an seiner Gültigkeit und Bedeutung verloren hat: "Leben im Netz" - auch wenn in jenen Tagen ’Das Netz’ für uns Blogger noch ein kaum erkundeter virtueller Frei-Raum war. Der eigene (das eigene?) Blog, den auch heute noch alle hier lesen können, war zu diesem Zeitpnkt bereits seit über drei Jahren online zugängig. Ein Format, das damals in Deutschland noch kaum bekannt war: Als im Jahre 2004, sogar mit einem persönlichen Besuch in Frankfurt am Main bei der Deutschen Nationalbibliothek, DNB, der Antrag gestellt wurde, für diese neue Onlinepublikation eine ISSN-Nummer zugeteilt zu bekommen, war die Reaktionen zwar nicht von einer unmittelbaren Ablehnung, aber von einem weitgehenden Unverständnis ob dieses Anliegens geprägt. Denn damals konnte man sich dort im Hause überhaupt keinen Reim daraus machen, dass so ein "Blogger" – was tut so ein Mensch überhaupt? – sich vergleichen will mit den Herausgebern einer Zeitschrift, die bislang damals nur in gedruckter Form bekannt war.

Dann aber, als 2007 die re:publica zum ersten Mal an den Start ging, war es gelungen, für diese seit 2004 alltäglich aufgelegten Publikation eine solche ISSN-Nummer zugeteilt zu bekommen. Der ganze Antragsverlauf hat fast ein Jahr in Anspruch genommen und war mit so schier absurden Auflagen wie diesen verbunden: dass eine solche erste ISSN Nummer für eine Onlinepublikation nur dann erteilt werden könne, wenn diese täglich erscheint und wenn möglichst keine Werbung darin zu finden ist. Wobei das mit der Werbung eigentlich nicht bei einem solchen online-Startup ein wirkliches Problem gewesen wäre, da Bemühungen in diese Richtungen wahrscheinlich ohnehin ins Leere gelaufen wären. Die aber damals spontan von den Mitarbeiterinnen gemacht "Auflage", das jeden Tag ein Beitrag zu erscheinen habe, hatte zur Folge, dass diese Onlinepublikation mit dem Namen „DaybyDay" angemeldet und ihr unter diesem Titel dann auch tatsächlich eine ISSN Nummer zugeteilt wurde.

II.

Am Ende des dritten Tages dieser re:publica gab es die Ankündigung einer Veranstaltung zu der Frage, wie es denn gelingen könne das digitale Erinnern zu archivieren [ [CTRL+S: Saving our digital memories ]]. Diese Veranstaltung war auf der Bühne mit der Nummer zehn angekündigt und konnte trotz bester Absichten nicht besucht werden, weil der Weg dorthin für einen gehbehinderten Menschen zu weit, und damit zu beschwerlich war [1]. Es wird vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich sein, zu erfahren, was konkret auf dieser Bühne zu dieser Frage besprochen wurde. Aus dem eigenen Erleben heraus war dieses Ereignis aber signifikant schon für sich selbst eine Antwort auf eine so eigentlich nicht wirklich zufriedenstellend zu beantwortende Aufgabe: Ohne hier weiter ins Detail gehen zu wollen, ist noch nicht einmal sichergestellt, dass in den Lesesälen der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main und in Leipzig die gesamte seit 2004 aufgenommene Reihe dieser digitalen Beiträge eingesehen und nachverfolgt werden kann. Zwar gibt es nach wie vor vonseiten des Hauses die Bereitschaft, sich diesem Thema und der damit verbundenen Aufgabe zu stellen, aber alle bisherigen Bemühungen haben bislang nicht zu einer wirklich operativen Umsetzung und zu einem zufriedenstellenden Ergebnis geführt. Damit im Kleinen ein exemplarischer Ausschnitt dessen, was im Grossen noch zu ganz anderen Herausforderungen führt.

III.

In diesem Jahr war von den Blogs eigentlich nur noch im Schatten anderer Publikationsformate die Rede - ausser auf der TINCON. Diese waren vor allem im Umfeld unterschiedlichster sogenannter Social Media Formate angelegt, erweitert durch unterschiedlichste Ausprägungen in Form von Podcasts. Auf die Frage: "In welchen Blogs ist von der re:publica die Rede?" ’antwortet’ Microsoft Copilot :

Entschuldigung, aber ich kann keine spezifischen Blogs nennen, in denen von der re:publica berichtet wird. Wenn du nach aktuellen Informationen suchst, empfehle ich dir, auf einschlägigen Nachrichten- und Technologie-Websites oder in sozialen Medien nachzusehen. Vielleicht findest du dort Artikel und Beiträge zur Veranstaltung. 🙏🌐

Auf die Frage "Was ist in "DaybyDay.press" über die re:publica zu lesen?" werden aus dem Vorjahr 3 Beiträge erwähnt. Der Text beginnt wie folgt:

Die Re:publica ist eine bekannte Konferenz, die sich mit digitalen Themen, Technologie und Gesellschaft auseinandersetzt. Hier sind einige Artikel auf DaybyDay.press, die sich mit der re:publica befassen:
"re:publica 23,- (I)": In diesem Artikel geht es um die re:publica 23, die im April 2024 stattfand. Der Autor Dr. Wolf Siegert berichtet über die Veranstaltung und ihre Highlights [2]. [...]

Auch der einstündige Tool-Time-Workshop von und mit Oskar Vitlif am Dienstag, den 28. Mai 2024, konnte da nicht weiterhelfen. Aber eine noch genauere Studie des Programmangebotes eröffnete zumindest an einem Punkt die Sichtweise eines Bloggers, ohne dass darin noch das Wort Blogger vorkommt:
Selfcare für Journalisten: Warum wir wieder (noch immer) selber hosten (müssen) von Thomas Riedel.
Am Ende des Beitrags vom ersten Tag gibt es dazu auch die Aufzeichnung eines gemeinsamen Gesprächs.

IV.

Es wird nicht möglich sein, in diesem Eintrag schon einen gesamtheitlichen oder sogar abschließenden Eindruck von dieser Veranstaltung vermitteln zu können. Dazu werden sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt, sprich zum Ende der Woche, nochmals eine Reihe von exemplarischen Sendebeiträgen im PS eingestellt werden. Und es wird unvermeidlich und zeitlich aufwendig sein, danach nochmals aus der Vielzahl der Einträge eine Reihe jener Aufzeichnungen herauszusuchen, die nicht unmittelbar Live und direkt von der Bühne Nummer 1 ausgestrahlt wurden. Und selbst dann wird es so sein, dass eine Reihe von Beiträgen nicht erfasst werden konnten. Das gilt wohl fast ausnahmslos für jene, die nicht auf direktem Wege, sondern nur über Kopfhörer empfangen werden konnten.
So sehr es verständlich, ja notwendig ist, angesichts der Fülle der Beiträge und der räumlichen Begrenzungen Lösungen zu finden, die ein möglichst breites Spektrum an Beiträgen ermöglichen, so wäre es doch hilfreich, sich schon bei der Programmauswahl im Vorfeld darüber kundig machen zu können, welche der Beiträge zu einem späteren Zeitpunkt nochmals abgerufen werden können und welche nicht. Die Breite und Dichte der Themen ist grandios und die unterschiedlichen Formate geben immer wieder neue Anregungen zum Nachdenken und Mitmachen. Wenn es aber darum geht, aus den hier vorgetragenen Einsichten und Erfahrungen, Erkenntnissen und Vorhersagen konkrete Schlüsse zu ziehen, wird es notwendig sein, vieles nachzuarbeiten und danach nochmals gezielt den Dialog mit den jeweiligen Protagonisten zu suchen. Diese Notwendigkeit ist noch umso stärker zu betonen, wenn es darum geht, Handreichungen abzuleiten, die in der eigenen Praxis für die Zukunft Bedeutung haben könnten.

Korrektur: In einer Presseaussendung ist zu lesen: "Alle Sessions der Bühnen 1-3 und 5-10 sowie der Lightning Boxes werden aufgezeichnet und zeitnah auf YouTube veröffentlicht." Es wird also demnächst nochmals einen ’Nachklapp’ zu dieser Nachbemerkung geben. Danke!

V.

"Wir" haben viel verloren: die Hoffnungen auf ein transparentes Internet, auf eine für alle gleichberechtigte Agora, und die Illusion von der Gratismentalität digitaler Dienste. Und doch wird die Hoffnung spürbar, sich nicht verloren zu geben. Auch wenn "don’t be evil" nicht mehr das Google-Motto und "twitter" nicht mehr das base-camp eines international moderierten freien Dialoges ist. Heute ist die re:publica aktiv erlebter Widerstand gegen diese Rückschläge: mit Unterhaltungswert und von inzwischen internationaler Strahlkraft. Es ist ein Klassentreffen von KlassenkämpferInnen, die es am liebsten nie hätten werden wollen. Und es ist ein klasse Auffangbecken für jene, die an den selbst gesteckten Ziele zu scheitern drohen: Eine Begegnung Aller, die um Verständnis darum ringen, warum nicht alle so sein können, wie sie es für sich mehrheitlich anzustreben bemüht sind. "Im Netz" - und darüber hinaus.

Dieser Beitrag wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt. Dabei wird es um die Untersuchung der Werte gehen, um deren Zustandekommen ’man’ sich bemüht.

P.S.

I.

Erstaunlich, was selbst diese wenigen Zeilen eines noch weiter auszuführenden Beitrags an Reaktionen und Vorschlägen ausgelöst haben: von der Idee, die Dichte der parallel geführten Veranstaltungen zu verringern und das Konzept unter Einbeziehung aller Vor- und Nachveranstaltungen auf eine Woche auszubauen. Bis zu Themenvorschlägen wie diesen: "Mein Nachbar wählt AfD. Laden wir ihn dennoch zum Essen ein, oder hier auf diese Bühne?"

II.

Zum Ende der Woche werden an dieser Stelle als pars pro toto noch einige Sendungs-Beiträge nachgetragen, in denen es ebenfalls um einen ausführlicheren Rückblick auf diese ereignisreichen Tage ging, die aber in dem eigenen Beitrag keinen Eingang mehr gefunden haben, obgleich an einigen Stellen Überschneidungen zu erkennen sind.

> Bringt uns KI eine gute Zukunft?
Ein Podcast aus der Social Audio - Reihe "KI verstehen" von Moritz Metz und Carina Schroeder mit Friederike Walch-Nasseri, und Max Brose, aufgezeichnet am 28. Mai, publiziert am 30. Mai 2024, 09:00 Uhr:

Digitalkonferenz re:publica - Bringt uns KI eine gute Zukunft?

> KI, Desinformation, Rolle von Medien – Bilanz der re:publica von Sascha Wandhöfer am 29. Mai 2024 in der Deutschlandfunk-Sendung @mediasres :

KI, Desinformation, Rolle von Medien - Bilanz der re:publica

> Narrative für die digitale Zukunft
in der Sendung "Breitband" im Deutschlandfunk Kultur vom 1. Juni 2024, moderiert von Vera Linß, gemeinsam im Studio mit Jenny Genzmer, Jochen Dreier; Redaktion Hagen Terschüren:

Re:publica 24: Narrative für die (digitale) Zukunft

radioeins vom rbb sendete schon am Montag, dem 27. Mai 2024 von 15 bis 20 Uhr live vor Ort mit Interviews und Reportagen, moderiert von Katja Weber. Zum Ende der Woche dann das Medienmagazin von Jörg Wagner auf "RadioEins" des rbb vom 1. Juni 2024, mit Beiträgen von Vera Linß über die re:publica :

und von Philipp Nitzsche von der Tincon zu der Frage "Was beschäftigt die digitale Jugend im Jahr 2024? :

> in der Sendung B24-Medien im Bayerischen Rundfunkt gab es wider Erwarten am Sonntag, den 2. Juni 2024, keinen rückblickenden Beitrag oder eine gesamte knappe themenzentrierte halbe Stunde, wie in den Jahren zuvor.

Anmerkungen

[1Hier ein Dank an jenen Menschen, der eigentlich für die Frequenzzuteilung und -verwaltung zuständig war und dann aber ganz konkret bei der Verkürzung der Wegstrecke geholfen hatte.


9198 Zeichen