re:publica24 (III)

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 4. Juni 2024 um 02 Uhr 17 Minuten

 

Auch dieser dritte Tag verläuft anders als geplant. Denn es gilt, die bisherigen Beobachtungen nicht einfach wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Sondern zu reflektieren, zu fixieren - und daraus Konsequenzen zu ziehen. Dazu wird es am Folgetag noch einen weiteren Beitrag geben: DIE re:publica "DAS Woodstock der Demokratie" [1].

I.

Interessant, dass das Motto "Who cares?" auch ganz direkt aufgenommen wird, in Beiträgen wie diesen:

Stage 3 10:00 - 10:30
Der Staat digitalisiert sich. Aber wie steht’s um die Barrierefreiheit? [2]
Casey Kreer

Pop-up Space 10:00 - 11:00
Behinderte Menschen: Unite! [3]
René Schaar

10:30 - 11:00 Human Forever - Eine menschlichere Zukunft der Pflege [4]
Teun Toebes

Atrium 11:15 - 11:45
Impulsvortrag: Wie frei sind Menschen mit Behinderung? [5]
Nadine Schönwald

Stage 1 12:30 - 13:30
Wie geht’s uns denn heute? Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Gespräch mit Johnny Haeusler [6]
Karl Lauterbach, Johnny Haeusler

II.

Aus dem gesamten Medien- und Daten-Umfeld wird zumindest die zuletzt hier aufgeführte Veranstaltung aufgesucht und mit einem Hintergrundgespräch abgeschlossen:

Pop-up Space 11:15 – 12:15
Der neue Universalcode - lasst uns gemeinsam alles Wissen über digitale Content-Erstellung sammeln [7]

ARD Perspective Lab 12:30 – 13:30
Journalistische Creator - ein neues Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunk? [8]
Jan Cremer, Johan Helmer Hein, Moritz Zimmermann

Off Stage
Futures Journalism: Narrative aus Zukünften gestalten [9]
Simone Engelhardt, Johannes Wirz

Stage 7 16:45 – 17:15
X-Base: Die unglaubliche Story der interaktiven ZDF-Sendung aus den 90ern [10]
Alexander Matzkeit

Anmerkungen

[1Dabei wäre hilfreich, in dem eh’ schon mit viel Sorgfalt ausgearbeiteten Programmschema jeweils angezeigt zu bekommen, welche von diesen Veranstaltungen - früher oder später - als Aufzeichnung zur Verfügung steht, und welche nicht. Das würde die Entscheidung, welche Session vor Ort besucht werden wird, deutlich prägen.

[2

In den letzten Monaten habe ich viele digitale Angebote des Staates auf deren Barrierefreiheit überprüft und die kritischsten Barrieren an die verantwortlichen Stellen gemeldet. Zum Beispiel war es in der Hochwasser-Krise nach Weihnachten 2023 für blinde Personen in mindestens drei relevanten Bundesländern nicht möglich, den aktuellen Pegelstand an ihrem Wohnort abzurufen. Im Katastrophenschutz sieht es nicht besser aus: Alle 4 öffentlich finanzierten Warn-Apps sind für einige Menschen mit Behinderung nicht nutzbar. Und auch das neue, für alle verpflichtende E-Rezept wurde voller Barrieren ausgerollt.

Das ist Dauerzustand und nichts Neues. Selbst wenn Barrieren schon intern bekannt sind, dauert es oft Jahre, bis diese behoben werden - an allen Ecken fehlt wichtige Expertise. Bei einer Meldung einer neuen Barriere werfen die Behörden gerne mit Phrasen um sich und beteuern ihren Einsatz für Inklusion. Tatsächlich zeigen meine Erfahrungen ein erschreckendes Muster , das auf systematische Diskriminierung hindeutet. Aber wie können wir dann wirklich und nachhaltig Dinge verbessern?

[3

15 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist Inklusion noch immer mehr Ideal als Realität. Werkstätten, Förderschulen und Wohnheime bilden oft Parallelwelten, und politische Strömungen wie die AfD stellen Menschenrechte infrage.

In meinem Meetup „Behinderte Menschen: Unite!“ schaffen wir einen Raum für Austausch und Vernetzung. Es geht darum, Erfahrungen zu teilen, Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsam für unsere Rechte einzustehen. Wir wollen Strategien entwickeln, wie wir uns gegen die Marginalisierung wehren und aktiv für eine inklusivere Gesellschaft eintreten können.

Dieses Meetup ist eine Gelegenheit, Solidarität zu zeigen, Unterstützung zu finden und gemeinsame Schritte zu planen. Es ist Zeit, unsere Stimmen zu vereinen und für eine Welt zu kämpfen, in der Inklusion keine Utopie, sondern gelebte Realität ist

.

[4

In den kommenden 20 Jahre wird sich die Zahl der Menschen mit Demenz verdoppeln. Wie und mit welchen Konzepten von Pflege reagiert die Gesellschaft auf diese Entwicklung? Wie unterscheiden sich die Ansätze in den unterschiedlichen Ländern? Darüber spricht Aktivist und Forscher Teun Tobes.

Gerade 21 Jahre alt zieht Teun Tobes in ein Pflegeheim für Menschen mit Demenz, um ihr Leben dort und ihre Wünsche für die Pflege zu verstehen. Danach macht er sich zu einer Weltreise auf, um zu erforschen, wie unterschiedliche Länder die Pflege von Menschen mit Demenz gestalten, was sie unter Pflege verstehen, was wir voneinander lernen können und vor allem, wie wir die Pflege mit Blick auf die Zukunft menschlicher gestalten können.

[5

In meinem Vortrag erkunde ich die Frage, wie frei Menschen mit Behinderung wirklich sind, aus meiner persönlichen Perspektive. Ich habe seit meiner Geburt eine Schwerbehinderung und bin oft operiert worden, um meine Geh-Fähigkeit zu erhalten. Ich analysiere die verschiedenen Barrieren, die ihre Freiheit beeinträchtigen, angefangen bei physischen Hindernissen bis hin zu sozialen Vorurteilen. Trotz dieser Herausforderungen teile ich auch positive Entwicklungen und Best-Practice-Beispiele, die Hoffnung auf eine inklusivere Zukunft geben. Ich reflektiere individuelle Erfahrungen und betone die Bedeutung von Selbstbestimmung für die Freiheit jedes Einzelnen. Abschließend skizziere ich Handlungsempfehlungen für eine gemeinsame Anstrengung von Regierungen, Unternehmen und der Gesellschaft, um die Freiheit für Menschen mit Behinderung zu stärken. Mein Vortrag bietet eine inspirierende und persönliche Perspektive auf die Bedeutung von Freiheit als grundlegendes Menschenrecht für alle

[6

In dem Gespräch wird ein weiter Bogen gespannt: Von der Zukunft der Pflege, unter anderem auch im Hinblick auf die „Boomergeneration“, als auch die Auswirkung der Digitalisierung auf die Pflege. Neben einem Rückblick auf die Pandmie wird diskutiert, ob wir bei einer nächsten Pandemie besser aufgestellt sein würden - und es wird einen kurzen Schwenk zur Cannbislegalisierung geben

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[7

Wir - das sind die neuen Herausgeber Christian Jakubetz und Markus Kaiser sowie Autoren wie unter anderem Dirk von Gehlen (SZ Institut), Prof. Dr. Till Krause (Hochschule Landshut und SZ Magazin), Eva Werner (ARD), Vera Cornette (Public Value Technologies; IT-Tochter von BR und SWR), Mario Geisenhanslüke (stv. Chefredakteur VRM) und Holger Schellkopf (Virtual Identity).

Ziel des neuen Universalcodes ist, einen Überblick darüber zu geben, was heute wichtig ist, wenn man Content im Journalismus bzw. in der Unternehmenskommunikation produzieren will, da wir ähnlich der Erstauflage durch KI erneut vor einer undurchsichtigen Lage stehen.

[8

Gerade jüngere Zielgruppen vertrauen immer häufiger Creator*innen. Entscheidend ist also, wer etwas sagt und nicht, was jemand sagt. Sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk also mehr in Communitys als in Audiences denken? Verliert er den „Kampf“ um Aufmerksamkeit, wenn er diesen Weg nicht geht?

Der Hessische Rundfunk beschäftigt sich deshalb intensiv mit dem Konzept, journalistische Creator wie Formate zu entwickeln. Startpunkt wären nicht die Inhalte, sondern Personen – also Journalist*innen, die für ein bestimmtes Thema stehen. Erst im zweiten Schritt klärt sich, welche Formate und Ausspielwege, aber auch, welche Kombinationen sich daraus ergeben.

[9

Stellen wir uns vor, Journalismus könnte mehr sein als die Berichterstattung über Gegenwart und Vergangenheit. Was, wenn Journalismus uns helfen könnte, aktiv an der Gestaltung unserer Zukunft teilzunehmen?

"Futures Journalism: Narrative aus Zukünften gestalten" ist ein Workshop, der dazu einlädt, die transformative Kraft des Journalismus zu erkunden, um inspirierende Zukunftsvisionen zu gestalten. Unter der Anleitung der Zukunftsforschenden Simone Engelhardt und Johannes Wirz kreieren die Teilnehmer:innen mithilfe von Methoden aus der Zukunftsforschung vielfältige Zukunftsbilder aus Themen der #rp24.

Der Workshop bietet eine einzigartige Gelegenheit, über die Grenzen der traditionellen Berichterstattung hinauszugehen und Journalismus als Werkzeug zur Gestaltung einer hoffnungsvollen Zukunft zu nutzen. Sie schafft einen Raum, in dem journalistische Kreativität und visionäres Denken zusammenkommen, um neue Wege der Berichterstattung zu erforschen und zu erproben.

[10

Mit "X-Base" wollte sich das ZDF 1994 das jugendliche Publikum zurückholen. Der "Computer Future Club" verband Computerspiele, Interaktives Fernsehen und Jugendkultur miteinander und bot alles, was der Cyberspace damals hergab, inklusive eines virtuellen Moderators namens Eddie Hiscore. Ein halbes Jahr später wurde "X-Base" wegen miserabler Quoten wieder eingestellt und galt seitdem als peinlicher Flop des Mainzer Senders. Ich habe mit den Originalbeteiligten von damals gesprochen und die wahre Geschichte von X-Base wieder zusammengesetzt. Was war der Ursprung des Formats, das immerhin die Moderator:innen-Karrieren von Niels Ruf, Juri Tetzlaff und Katharina Schwarz launchte, und warum musste es so tragisch scheitern? Immerhin ist "Anderen beim Zocken zuschauen" heute eine Milliarden-Industrie. Der Vortrag bietet einen nostalgischen Blick hinter die Kulissen eines fast vergessenen TV-Formats, das vielleicht seiner Zeit voraus war.


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