INTRO
Morgen, am 25.06.2019 beginnt in Berlin im Kleinen Sendesaal des rbb das Symposium von IRT und ARD.ZDF-medienakademie zur Frage:
Next Reality?
Immersive Medien mit Virtual Reality, Augmented Reality, Mixed Reality und 360°
Wie dem Programm zu entnehmen ist, wird zum Abschluss dieser Veranstaltung ab 15.00 Uhr der eigene Vortrag: "Die Wirklichkeit als Matrix - die Matrix als Wirklichkeit" vorgestellt werden.
Im Rahmen der sehr frühzeitig begonnen Vorbereitungen sind eine Reihe von Themen und Fragen aufgetaucht, die im Verlauf der Präsentation gar nicht oder eher nur en passant auftauchen werden, die aber dennoch bei der Vorbereitung eine grosse Rolle gespielt haben.
Einige davon werden hier skizziert werden:
DIE ERÖFFNUNG
... schliesst an eine vorangegangene Bühnenpräsenz in diesem Saal, ein Podiumsgespräch, an dem auch die (ehemalige) Intendantin Dagmar Reim beteiligt war. Es ging damals schon um das Thema der Digitalisierung und seine Auswirkungen auf ein Haus wie den rbb. Frau Reim sah die Entwicklung eher skeptisch, der Autor eher positiv. Frau Reim monierte vor allem die "Seelenlosigkeit", die mit dem Einzug der Mathematik und der EDV - von Algorithmen redete damals noch keiner - einher gehen würde.
Die Positionen waren nur wenig kompatibel, bis jedem auf dem Panel nochmals ein Schlusswort zugebilligt wurde. Das eigene hatte den Charakter einer Frage: ob sie, Frau Reim, auch eine Liebhaberin der Werke J.S.Bachs sei? Sie beantwortet diese Frage gerne und positiv, worauf die Nachfrage lautetet: "Können wir uns darauf einigen", dass es Bach mit seiner "Kunst der Fuge" geschafft habe, sein mathematisch genau auszirkuliertes Schaffen zu einem musikalischen Höhepunkt gebracht zu haben?
In das "Ja-"Wort auf diese Frage konnten beide Seiten einstimmen.
Mit dieser Geschichte könnte der Vortrag eröffnet werden. Und mit jener Komposition Bachs, die wohl dem Publikum am ehesten bekannt sein wird: Die Tokkata und Fuge in D-Moll, Bachwerke Verzeichnis (BWV) 565.
Welche aber nehmen?
— Die von der Mutter, Käte von Tricht, auf der Sauer-Orgel in Bremen eingespielte Fassung?
— Oder jene von Olivier Latry, an der Cavaillé-Coll Orgel [1], die noch kurz vor dem Brand in der Notre-Dame de Paris aufgezeichnet worden war?
— Oder dieses hier aus dem Berliner Dom? [2]
— Oder, der Optik wegen, diese Synthie-Einspielung [3]
— Oder aber, die auf YouTube am häufigsten aufgesuchte SYNFONITY-Interpretation [4]?
Allein die Beschäftigung mit dieser Frage führt zu einem Aufwand von mehreren Stunden. Und das alles für noch nicht einmal drei Minuten zu Beginn eines Vortrages.
Aber es ist es wert, war doch dem Veranstalter das Versprechen gegeben worden, am Schluss dieser ganzen Vortragsreihe das Publikum mit einem "Rausschmeisser" zu erfreuen. Und genau das ist dieses Werk nun wirklich.
DIE GESCHICHTE
Einen Vortrag wie eine Episoden-Geschichte erzählen. Die 45 Minuten gestalten wie ein Snippet-Binch-Watching/Listening. Unterlegt das Ganze mit dem Titelsong von Game of Thrones.
Ein Traum, der ein Traum bleiben wird, und doch jederzeit nicht nur im Studio sondern auch in einem solchen Sendesaal Wirklichkeit werden könnte. Wie ein Ausschnitt aus diesem ultimativen Fender-Video zeigt:
GRAM und GROLL
Bei der Durchsicht der Redner(Innen?)-Liste fällt nicht nur ein mangelndes Gleichgewicht beider Geschlechter auf, sondern auch, dass fast alle Vortragenden in der Position, mit/in der sie vorgestellt werden, von einem regelmässigen Einkommen ausgehen können. Und für die Teilnahme Teil ihrer dienstlichen Tätigkeit(en) ist. Wenn aber diese Art des regelmässig Beschäftigt-Seins auch nur im Ansatz das Bewusstsein dieser Menschen mit prägt, hat das Auswirkungen auf die Art und Weise, diese Themen zu sehen und vorantreiben zu wollen?
Inmitten der Vorarbeiten ist zu erfahren, dass der Sender, in dessem Haus wir zu Gast sind, dabei ist, die Mittel für das gerade neu etablierte Format "rbb-Kultur" schon in Kürze um 20 Prozent zu streichen.
Dieses Auseinanderbrechen der Versuche, sich den neuen technischen Möglichkeiten zu stellen einerseits und das drohende Veröden der gerade mit den (festen) Freien entwickelten Strukturen andererseits, kann das als Thema wirklich ausgeklammert werden?
DIE GESCHICHTE ... DER VERÄNDERUNGEN
Bei der Vorbereitung dieses Vortrages spielt also deutlich mit herein, dass einerseits in keiner Weise geklärt ist, wie es mit der zukünftigen Finanzierung von Vorhaben wie den hier vorgestellten aussehen wird. Und wie die Verpflichtungen aus der Gründungsgeschichte - zumindest der ARD - es nur scheinbar überflüssig erscheinen lassen, über den Auftrag von ARD und ZDF für die Zukunft nicht nur neu nachzudenken, sondern darum - und dafür - zu streiten.
Hier sei ganz klar Position bezogen: Ja, neben den Pfeilern "Information" und "Bildung" muss das Thema "Unterhaltung" nicht unter den Tisch gekehrt werden. Aber, sorry liebe KollegInnen, ist es wirklich gerade jetzt notwendig, noch eine neue Krimiserie mit solcherart Berliner Boat People für das Vorabendprogramm anzukündigen???
THEMEN & THESEN
Am bitter-süssen Ende einer solchen Veranstaltung zu reden beinhaltet die Gefahr, dass zuvor alles schon gesagt wurde - nur eben noch nicht von jedem.
Also wird "zu Guter Letzt" nicht nochmals der "Rundfunk"-Schwerpunkt bedient werden, sondern eher das, was dieser technischen Entwicklung vorausgegangenen ist - und was ihr nachfolgen könnte.
Im Schnittpunkt dieser Rück- und Ausblicke auf die Geschichte und in die Zukunft dessen, was denn "Next Reality" konkreten bedeuten mag, steht als Anker- (aber nicht als Mittel-) Punkt dieser Ausschnitt aus dem kurz vor der Jahrtausendwende in den Kinos gestarteten Film "The Matrix":
DIE ANTWORT ≠ "42"
In 45 Minuten Redezeit kann viel gesagt und sogar versucht werden, auf das Fragezeichen mit Bezug auf den Begriff der NextReality eine Antwort zu entwerfen, die nicht "42" lauten wird.
Die grosse Herausforderung liegt in der Frage, wie wir heute damit umgehen, wenn wir im Verlauf der aktuellen Technologie-Anwendungen diese beiden Farben nicht länger als Alternativen zur Diskussion stellen, sondern auf einer neuen (dialektischen?!) Ebene zusammenführen.
Sehr konkret, wie dieses 3-D-Brillen-Bild zum Ausdruck bringt, und zugleich auch recht abstrakt: Es geht um die Kunst, die das schier Unmögliche möglich werden lässt und um die Philosophie, die das bislang schier Undenkbare zumindest in einem virtuellen Framework "Wirklichkeit" werden lässt.
Mehr sei hier an dieser Stelle noch nicht verraten ;-)
WS.