2039 Explained

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 3. Juni 2019 um 17 Uhr 39 Minutenzum Post-Scriptum

 

Die Einladung

Wir laden Sie ein zu 2039 EXPLAINED, der nächsten Ausgabe unserer Technologiekonferenz bei Microsoft Berlin, am 28. Mai 2019 um 13.00 Uhr.

Nicht erst seit der gegenwärtigen Diskussion um Algorithmenethik setzt sich die Politikwissenschaft damit auseinander, wie Recht und Regulierung den sich exponentiell verändernden Technologien gerecht werden können. Eines scheint bereits deutlich zu sein: Innovation benötigt freien Lauf, aber ihre Anwendung erfordert Leitplanken in Form verbindlicher Prinzipien.

Mit spannenden Kurzvorträgen und Diskussionen wagen wir mit 2039 EXPLAINED eine Perspektive auf wichtige technologische Entwicklungen der kommenden zwei Jahrzehnte: von der Durchdringung des Alltags mit Technologien wie Künstlicher Intelligenz oder Holografie (Mixed Reality) bis hin zur Frage der globalen Sicherheit im Cyberspace der Zukunft. Wer definiert die Werte und Normen für die Entwicklung und Anwendung dieser Technologien? Wer kontrolliert die Einhaltung vereinbarter Prinzipien in einem globalen Kontext?

Wir freuen uns darauf, diese wichtigen Fragestellungen mit profilierten Expertinnen und Experten am 28. Mai zu diskutieren. [1]

Die Agenda

13.00 Uhr: Die Formeln der Zukunft - Wie beherrschen wir die Ethik und Regulierung von Algorithmen?
 Tanja Böhm, Leiterin Microsoft Berlin und Director Corporate Affairs
 Dr. Anne Christmann MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied der KI-Enquete-Kommission
 Prof. Dr. Patrick van der Smagt, Director of Fundamental AI Research, Volkswagen
 Philipp Otto, Leiter des Think Tanks iRights.Lab

14.30 Uhr: Mensch 3.0 – der Beginn einer neuen Evolution?
 Dr. Anselm Rodenhausen, Autor
 Prof. Dr. Christoph von der Malsburg, Senior Fellow, Frankfurt Institute for Advanced Studies
 Moderation: Dr. Guido Brinkel, Leiter Regulierungspolitik, Microsoft

15.30 Uhr: Eine neue Cyber-Weltordnung - Wer regiert die Welt im KI-Zeitalter?
 Prof. Dr. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik, Universität der Bundeswehr München
 Dr. Annegret Bendiek, Senior Associate, Stiftung Wissenschaft und Politik
 Dr. Rudolf Gridl, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

16.45 Uhr: Mixed Reality - The third wave of computing
 Eva Wolfangel, Wissenschaftsjournalistin
 Sirko Pelzl, CEO, apoQlar
 Michael Zawrel, Senior Product Manager, Mixed Reality & HoloLens, Microsoft

Moderation: Daniel Finger, Radioeins [2]

Die Konferenz beginnt um 12.30 Uhr mit einem gemeinsamen Lunch. Das Programm startet um 13.00 Uhr und endet gegen 18.00 Uhr.

Live-Blog Notate

Die Formeln der Zukunft - Wie beherrschen wir die Ethik und Regulierung von Algorithmen?
 Tanja Böhm, Leiterin Microsoft Berlin und Director Corporate Affairs
 [3]
Sie gibt eine Einführung in das Thema und stellt einige der von ihrem Hause geförderten Modellprojekte vor, samt Video, zum Thema "Nachhaltigkeit" , "Gesichtserkennung", "seeing AI", bei den Banken, in Krankenhäusern, in der öffentlichen Sicherheit, bei der Suche nach vermissten Personen. Aber, so gibt sie selbst zu bedenken, Farbige werden nach wie vor sehr viel schlechter erkannt als hellhäutige Personen. Und sie fragt: gibt es einen "common ground" zwischen Sokrates und Konfuzius?

Künstliche Intelligenz. Jetzt europäisch gestalten.
 Dr. Anne Christmann MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied der KI-Enquete-Kommission

Transparenz, Diskriminierungsfreiheit, Verantwortung.... diese Themen sollten europaweit und koordiniert vorangebracht werden. KI sollte auch für soziale und nachhaltige gesellschaftliche Herausforderungen zum Einsatz gebracht werden. Nach den jetzt vorgelegten europäischen Leitlinien geht es nun um die Arbeit der deutschen Ethikkommission, deren Ergebnisse im Herbst vorliegen soll. Und dann die Enquete-Kommission, die ihre Empfehlungen erst 2020 vorlegen soll und weitestgehen "hinter verschlossenen Türen" stattfindet. Und bis dahin schon politisch umgesetzt: Das sei "... noch nicht so viel", sagt sie. Und weiter: "Es ist ein Fehler, eine nationale Strategie für Deutschland zu machen." Auch die gemeinsam mit Frankreich gestarteten Projekte sind bislang mit gerade mal 500tausend Euro finanziert. [4]

 Prof. Dr. Patrick van der Smagt, Director of Fundamental AI Research, Volkswagen [5]

"Ich weiss nicht genau, was KI bedeutet." Sein Credo: Der Mensch im Zentrum. Wir können Bilder von Katzen und von Hunden unterscheiden. Aber um Intelligenz nachzubilden, das braucht noch eine gewisse Zeit. "Nach Amazon und Alphabeth hat VW das weltweit drittgrösste Forschungsbudget, aber das war nicht die Antwort auf die Frage, die sie gestellt haben..."

 Philipp Otto, Leiter des Think Tanks iRights.Lab
Es geht nicht nur darum, was technisch passieren wird, sondern auch um die Rechtssysteme und um die gesellschaftlichen Auswirkungen. Diesen Dreiklang sollten wir immer im Blick haben.
"KI" ist ein Modebegriff und es sind doch oft nur leere Worte."
Konkrete Aufgabenstellung (gemeinsam mit der Bertelsmann-Stiftung): "Algo-Rules". Es bedarf der konkreten Übersetzung in Code, ins Recht (Regelungen und Regulierungen), in den Führungsebenen.
— Kompetenz aufbauen
— Verantwortung definieren
— Ziele und erwartete Wirkungen definieren
— Sicherheit gewährleisten
— Kennzeichnung durchführen
— Nachvollziehbarkeit sicherstellen
— Beherrschbarkeit absichern
— Wirkung überprüfen
— Beschwerden ermöglichen

"An der Börse sitzen heute schon Leute, die nicht (mehr) wissen, was die Algorithmen machen."
"Es geht nicht um die Wertigkeit, nicht darum, ob ein Algo gut oder schlecht ist, wir schaffen zunächst einmal die Voraussetzungen dafür."

Mensch 3.0 – der Beginn einer neuen Evolution?
 Prof. Dr. Christoph von der Malsburg, Senior Fellow, Frankfurt Institute for Advanced Studies

Fragen nach der Funktionsweise der Gehirns führen in der Neurowissenschaft nicht wirklich weiter. Auch "Deep Learning" Fortschritte, wird es letztendlich "nie" geben? Die Hemmnisse:
— in Deutschland werden nur Erkenntnisse wahrgenommen, wenn sie aus den USA kommen
— die Haltung, die sagt, dass Ideen nur von den menschlichen Gehirnen kommen
— das Datenformat der Bits ist zu strukturlos in den neuronalen Netzen dagegen ist der Referenzkorpus zu klein.

Beispiel: Das Sehen als ein inverses Problem, das durch das Gehirn gelöst wird. Die Schaltung des Gehirns sind die Lösung. Gefüttert mit einigen wenigen GB an Daten, entwickelt es eine sich selbst organisierende Datenstruktur von vielen Peta-Bytes. Das Thema lautet: Emergenz.

These: gute KI braucht kreative Computer
These: der Fortschritt wird eintreten, wenn die Denkhindernisse beseitigt sein werden.

- Dr. Anselm Rodenhausen, Autor von "Zernetzt"
Das Buchversucht auf die "Was wäre wenn" - Fragen zu antworten.
"Ist das digitale Rennen nicht schon gelaufen?" Definiert von "GAFA" und den "Chinesischen Tec-Konzernen". Aber was passiert, wenn man die sozialen Netzwerk-Daten mit KI verknüpft werden? Die Realität wird 2039 ganz anders aussehen.

Die Technologie verändert nicht nur die Beziehungen der Menschen untereinander, sondern es wird neue Beziehungen zwischen Menschen und Maschinen (in Form einer Gedankensteuerung) geben.

Die Frage ist, ob der Mensch irgendwann ein "ahnungsloser Schöpfer" sein. Wer wird in Zukunft die "volle Kontrolle" haben? Kann diese Aufgabe an einen elektronischen Assistenten abgegeben werden?

- Moderation: Dr. Guido Brinkel, Leiter Regulierungspolitik, Microsoft
greift die Ansagen der beiden Redner auf und fragt nochmals nach und sagt: "Wir versuchen das Thema "KI" zu entwickeln und haben noch noch nicht einmal das Thema "Intelligenz" begriffen. Wir wissen nicht, was es bedeutet, wenn eine Intelligenz die eigene Agenda entwirft.
Der Spruch von der neuen Einheit von Mensch und Technik ist alles anders als neu, sondern er weist zurück bis in die Zeit von "Bauhaus".

These: "Das Deutsche Dilemma" gilt auch für dieses Thema, "absolut". Das "Invest-Problem" ist in Wirklichkeit ein atmosphärisches Problem, das hier in Deutschland nicht gelöst werden kann. "Intelligenz ist die Magd der Leidenschaft."

15.30 Uhr:

Eine neue Cyber-Weltordnung - Wer regiert die Welt im KI-Zeitalter?
 Dr. Annegret Bendiek, Senior Associate, Stiftung Wissenschaft und Politik

Die Analyse erfolgt auf drei Ebenen: Content, Code, Physikalische Struktur (Infrastruktur). Gemeinsam mit Deloitte und deren "delongview" kommt es zu sehr unerwarteten Ergebnissen.

Aber: "Der KI-basierte Algo konnte noch keine chinesischen Quellen analysieren..." sagt sie und grenzt damit die Aussagekraft der Deutungskraft ihrer Analyse erheblich ein. Sie sagt: "Wir bekommen kaum noch Einladungen nach China. Stattdessen lassen sich die Chinesen hierher entsenden, aber sie haben hier keine Bleibeperspektive, sondern müssen zurück in ihr Land."

- Dr. Rudolf Gridl, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
"Um es gleich vorweg zu sagen, was 2039 sein wird, weiss ich auch nicht... wir machen uns Gedanken über KI aber wir nutzen sie noch nicht."

Stattdessen gibt es Antworten auf diese Fragen: Was ist das "Internet Governance Forum 2019" - Was ist ein "Multi-Stakeholder-Modell"? "Wir sind Gastgeber, aber wir geben nicht den Takt, top-down, vor." Das sei auch für einen Regierungsbeamten ein neues Format.

Der Versuch scheint immer wieder auf, über die nationalen Grenzen hinaus von einem europäischen Ansatz zu sprechen. Die Datenschutzverordnung wird als Modell gepriesen für das, was aus Deutschland / Europa heraus geleistet werden kann.

Hinweise auf Japan und die USA sollen nachweisen, dass es doch noch Möglichkeiten der Einwirkung auf die internationalen Märkte gibt. "Wir haben der Welt auch was zu bieten, weil wir wissen, wie man ein Gemeinwesen organisiert." Auch das Thema der Grund- und Menschenrechte kommt aus Europa.

Wird es in Zukunft eine "Genfer Cyber-Konvention" geben? Die "Neuen" wollen nicht mehr die alte OECD-Welt. Dieser Diskurs wird als multilateraler Dialog geführt. Und ohne eine Chance für eine "Familien-Therapie" unter Politikern.

Und deshalb wird es vor dem "MAG" einen "Day Zero" mit allen Digitalministern der Welt, und Entscheidungsträgern, und, und der Eröffnung durch die Bundeskanzlerin. Am letzten Tag wird ein Treffen der Parlamentarier anberaumt werden. Und: "Sie sind auch alle herzlich eingeladen: IGF2019.Berlin.

Das sich anschliessende Podiumsgespräch dreht sich, einmal mehr, um den "Elefanten im Raum", die VR China. Und um die Gefahr der nationalen Regulierungen des Internets. Gibt es "rote Linien" im Cyberspace? Warum ist China für die USA die grössere Bedrohung als Russland?

16.45 Uhr: Mixed Reality - The third wave of computing
 Eva Wolfangel, Wissenschaftsjournalistin

Die Begegnungen im "AltSpace" haben ihr Leben verändert. Im VR-Raum vergisst man völlig, in welcher Realität man die gemeinsame Zeit verbringt [6]. In VR sei es möglich, selbst Sozialphobien zu heilen.
Thomas Metzinger spricht von den "Out-of-body"-experiences und den Regeln, deren es bedarf.
"Wir erleben nicht Realität, sondern auch - durch unser Gehirn - Virtuelle Realität."

Philip Rosedale wird zitiert. Die hiesige Realität wird nur noch ein Museum der "echten Realität" sein.

Zum Abschluss berichte sie von den Begegnungen mit den Menschen, die sie zuvor "nur" in der virtuellen Welt kennengelernt hat. "VR ist eine gute Alternative für viele Menschen..."

- Sirko Pelzl, CEO/CTO, apoQlar
In Hamburg gibt es pro Jahr mehr als 20tausend Wasserkopf-OP’s. Zu Anfang gibt es viele Bilder von vielen OP’s. Bis dahin, dass der Patient seinen eigenen Kopf sehen kann, der später operiert wird. Bei uns geht schon so viel, während zuvor in den Vorträgen zumeist erklärt wurde, was noch nicht geht. Bis hin zur "Holoportation".
Das Ganze wird abgeschlossen mit einer Live-Demo mit den Kollegen in London.

- Michael Zawrel, Senior Product Manager, Mixed Reality & HoloLens, Microsoft

Start-These: Mit MR werden wir eine grundlegende Veränderung der Wahrnehmung unsere Wirklichkeit erleben. Flash-back: die Lochkarten-Maschine als state-of-the-art-computing der 50er Jahre, die Main-Frame-Computer in den 70er Jahren, die Personal-Computer und die grafische Oberfläche samt Maus machen den nächsten Schritt in den 90er Jahren auf. 20 Jahre später kommt das Smartphone als dominierende neue Computing Plattform. Heute: die Computer haben das Sprechen gelernt. VR sei der nächste Hype und jetzt ist er mit MR im "Tal der Ernüchterung" angekommen.

Er zeigt viele Beispiele: Minority Report, Iron Man, Prinzessin Lea, Bilder aus Japan und anderen Welten. Seine These: Wir denken und Träumen in "3D", also weg von den Bildschirmen. Selbst Vorträge wie seiner werden in Zukunft von einem Hologramm geführt werden können. Und dann, "irgendwann ... wird die Matrix kommen."

Schon heute funktonsfähig: der "Dynamics 365 Guide / Remote Assist". " Zur Zeit ist die 2er Version für 3tausend zu haben - und das rechnet sich schon jetzt für die Unternehmen.

Zu guter Letzt

Alle Beiträge dieses Tages wurden aufgezeichnet. Dennoch werden hier als pars pro toto nur diese - wie sagt man so schön im Englischen - snippets eingeblendet:

Der Microsoft-Mann Michael Zawrel sagt:

Der Moderator Daniel Finger sagt:

Und: Dr. Anselm Rodenhausen sagt [7]:

P.S.

Am gleichen Tag fand in der gleichen Stadt unweit von der Berliner Microsoft-Vertretung im bcc, Berlin Congress Center, der 7. Zukunftskongress Staat & Verwaltung statt.

Anmerkungen

[1Alle Präsentationen werden live in eine Audiotranscription übertragen, die- vor einem Jahr noch in der Entwicklung - jetzt schon als eine App für PowerPoint zur Verfügung steht.

[2Bescheibt sich als Soziologe...

[3Als Keynote vorgestellt, wird daraus letztendlich ein solider Einführungsvortag über die aktuellen Ist- und Soll-Zustände.

[4Frage aus dem Publikum: "Ich habe noch nicht begriffen, was Ihrer Meinung nach 2039 sein soll."

[5Eine der kürzesten Darstellungen, die an diesem Tag stattfand. Dabei hat er sich mit dem Thema seit 30 Jahren beschäftigt.

[6Und berichtet von den gleichen Erfahrungen, die es zuvor schon im Second Life zu machen gab.

[7in einem Gespräch, das mit ihm - als pars pro toto - nach dem Ende der Veranstaltung geführt wurde


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