... ehrlich gesagt, es fällt schwer zu verstehen, was einen da wirklich erwarten wird:
In ihrer neuen Arbeit durchleuchtet sie [die LOSE COMBO ] hierfür den variantenreichen Mythos der Entführung Europas durch Zeus mit Hilfe Buckminster Fullers polyperspektivischer Weltkarten-Projektion und verschränkt beides zugleich mit dem polyphonen Formenreichtum der Kunst der Fuge Johann Sebastian Bachs.
Aber die Idee, einen Abend lang Bach in neuer Gestalt hören und wieder erleben zu können, und das an einem Ort in der Nähe der Chausseestrasse, die viele Jahre lang (fast) zu einer zweiten Heimat geworden war, diese Idee hat ihren eigenen Reiz, auf den man sich vielleicht einfach mal einlassen sollte [1].
Als Alternative hätte sich der Festakt zur Wiedereröffnung der Staatsoper unter den Linden angeboten, mit Szenen aus Goethes Faust, der Musik von Robert Schumann - und einem Volksauflauf auf dem Bebelplatz [2]:
Welch eine Alternative, welch alternativen Welten. Sie in einem nachfolgenden Text zu beschreiben wäre sinnlos. Genauso, wie es diese Aufführung, einem "Hybride aus Performance, Konzert, Klang-, Video- und Lichtinstallationen" auch ist. Sie will nicht, dass das Publikum irgendwo ankommt, sondern selber weiter durch die Installation umherwandert, sich auf einen der im Raum verteilten Stühle setzt oder auf einer der auf dem Boden ausgebreiteten Liegekissen daniederlegt. Sie will keine Geschichte erzählen sondern assoziative Anregungen wachrufen, aus dem Vorgetragenen eigene Geschichten zu entdecken. Über sich selbst - und vielleicht auch über Europa.
Dieser Abend ist die absolute Alternative zu einem European Song Contest: "die Erzählperspektiven verschieben sich permanent und das Publikum kann in der frei begehbaren Rauminstallation wie auf einer Karte, die weder oben noch unten kennt, navigieren."
Dieses Angebot zur Navigation durch dieses Kunst-geh-werk ist attraktiv, wenn es gelingt, sich dabei von einem eigenen Kompass leiten zu lassen, den es - bestenfalls - an diesem Abend für sich neu zu entdecken gilt.