Prima Klima?!

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 14. Dezember 2015 um 18 Uhr 58 Minutenzum Post-Scriptum

 

0.

Der für diesen Tag vorgesehene und entworfene Text zum Thema Eröffnung der UNO-Umweltschutzkonferenz in Le Bourget bei Paris wird so nicht veröffentlicht werden. Es gibt zu viele persönliche Anlässe, Erinnerungen zu diesem Thema, als dass es auch nur im Ansatz möglich wäre, darüber einen nach journalistischen Standards qualifizierten Bericht zu verfassen.

1.

Das fängt schon an mit der Eröffnungsrede des französischen Staatspräsidenten. In den vergangenen zwei Wochen hat er das französische Volk zur Einigkeit aufgefordert, um den erfahrenen Verletzungen vom 13. November zu widerstehen.
Das aus der Sicht - nicht nur dieses Autors [1] - Bedenkliche daran: Dass er mit der Inszenierung seiner nationalen VolksFlaggenParade vom vergangenen Freitag dabei ist, den republikanischen Geist in einen patriotischen zu wandeln - und vielleicht dadurch sogar zu diskreditieren? [2]

2.

An diesem Abend als Gast des Auswärtigen Amtes in Kooperation mit dem Goethe-Institutes eingeladen, eine Gruppe griechischer JournalistInnen anlässlich eines gemeinsamen Abendessens zu begrüssen, was sehr schnell zu einem offenen Gespräch, ja, zu einem intensiven Dialog führte.
Und dabei fällt an der eigenen Diktion auf: Der deutliche Hinweis auf das "Sommermärchen" anno 2006, bei dem anlässlich der Fussballweltmeisterschaft in Deutschland erstmals die deutsche Flagge wieder als grosszügig dekorierender Strassen- Auto- und Kleidungs-Schmuck zum Einsatz kam.

3.

In den Nachrichten dieses Tages war zuvor zu vernehmen, dass mehr als 140 Staatschefs in dieses militärisch abgesperrte Tagungszentrum bewegt werden mussten. Die Spitze eines Eisbergs von mehr als zehntausend Menschen. Und damit wohl die grösste Konferenz, die jemals in und um Paris herum organisiert wurde.
Damit selbst die Absperrung der wichtigsten Strassen und Tangenten von und nach Paris nicht zu einem Zerwürfnis mit der Bevölkerung führe, war heute sogar die Nutzung aller Züge und Strecken der Pariser Untergrundbahn, der Metro, kostenlos.

4.

Der Staatspräsident will, dass "sein" Volk möglichst vereint hinter ihm stehe. Seit dem 13. November ist seine Popularitätskurve um mehr als 10 Punkte gestiegen. Und das ist gut so, für ihn, denn ich wenigen Wochen sind wieder Wahlen in Frankreich. Wenn es gelänge, bis dahin auch noch die Klimagipfel-Konferenz zum Erfolg geführt zu haben, wer oder was könnte ihm dann noch an seinem Kittel flicken?
Also bedient er sich erneut dieser wirksamen Methode und Metapher und spricht heute vor der versammelten Politik-Elite davon, dass es jetzt darum gehe, einen "accord universel" zu erreichen.

5.

Es sei hier daran erinnert, dass die erste "UNO-Weltkonferenz für die menschliche Umwelt", wie sie damals hiess, im Juni des Jahre 1972 in Stockholm durchgeführt wurde. Woran heute noch der 5. Juni als der "internationale Umwelttag" erinnert: der Tag, an dem diese Konferenz damals begann. [3].

6,

Und es sei aus eigenem Erleben und aktivem Mittun daran erinnert, dass es schon aus Anlass dieser Konferenz eine Reihe von Gegen-Aktionen, -Veranstaltungen und -Positionen gab, von den "Olympic Games of Pollution", einem riesigen Strassen-Theater-Umzug, bis hin zu einer alternativen Stadtrundfahrt zu den Müllkippen der Stadt, zu denen die Journalisten in einem shit-powered bus gefahren wurden, ein Autobus, der mit aus Pferdemist gewonnenem Gas angetrieben wurde.
Veranstalter und verantwortlich dafür war das LaSiToC, das Look at, Search into, Try out Committee, dem unter anderen Persönlichkeiten wie Jan Fjellander (Schweden), Peter Haper (UK), Robert Jungk (D) und der damals noch blutjunge Autor (D) angehörten. [4] [5]

7.

Dieser Rückblick hat nichts mit Nostalgie zu tun, wohl aber mit der Frage, ob das Zeit-Alter eines Menschenlebens lang genug ist, um als Journalist, wie es Bob Jungk war, oder als Changineer, zu dem der hier schreibende Publizist Siegert geworden ist, die Früchte all dieser Bemühungen aus den frühen Jahres des Eigenengagements noch mit erleben zu können. Insofern ist die Frage nach dem Erfolg dieser Konferenz in Paris auch sehr eng gebunden an die eigene Lebensgeschichte - und eben darum ist eine Berichterstattung als früher Urheber dieser Entwicklung aus einer neutralen, wirklich unabhängigen Perspektive nicht (mehr) möglich.

8.

Immerhin: Vater wie Tochter waren ungefähr gleich alt, als sie unmittelbar mit den Auswirkungen des Terrors konfrontiert wurden. Am 3. Oktober 1980, beim Attentat de la rue Copernic und am 13. November 2015. Diese beiden Ereignisse werden in der Erinnerung dieser beiden Personen haften bleiben. Und es stellt sich sehr konkret die Fragen nach Wert und Wirkung eines zielgerichteten Handelns und Denkens, Analysierens und Beschreibens.
Die Suche nach Antworten kostet Zeit und Kraft, und sie zu formulieren ist nicht immer in Texten wie den hier auf dieser Seite angebotenen möglich.

9.

Im einhundertsten Jahr nach der Erstürmung der Bastille waren nach langjährigen Vorbereitungen schon einmal die Grössen dieser Welt in Paris zusammengekommen, auf dem Champ de Mars, aus Anlass der Eröffnung der Pariser Weltausstellung, der Exposition Universelle im Jahr 1889 [6]. Dort, wo sich seitdem das Wahrzeichen dieser Ausstellung - und heute der Stadt - befindet, dort wurden die Grundlagen für die Industrialisierung gelegt, gefeiert, ja, gesegnet, deren Folgen heute in Le Bourget zur Diskussion und zur Disposition stehen.

10.

Der Eiffel-Turm, eben noch in schweigendem Schwarz auf sich selbst als stählerner Koloss zurückgeworfen, wurde aus Anlass dieses Ereignisses wieder mit seinen Lichtspielen in Betrieb genommen, mehr noch: instrumentalisiert. Mit der Aufschrift: "100% CLEAN".
Im ausgehenden 19. Jahrhundert war DAS Französische immer noch DIE Weltsprache. Und heute wird an diesem Platz auf den Sockel dieses Symbols ein Schlagwort in englischer Sprache projiziert: Das erste Mal seit Menschengedenken, dass dieses Monstrum des nationalen Selbstverständnisses... englisch spricht...

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Es gelten die Regeln des Urheberrechts <div
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... aber wenn es der Völkerverständigung dient, um das 2° Ziel zu erreichen?!

WS.

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