Recht versus Rache

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 29. November 2015 um 19 Uhr 29 Minuten

 

Dieser Tweet gab den letzten Anstoss, auf dieser Seite nicht origineller oder qualitativ hochwertige zu sein als die Vorlage, auf die hier verwiesen wird.

RT @sip_media: Unbedingt nachhören. Es lohnt sich! https://t.co/1zzynEvyqa about 6 hours ago

gemeint ist damit die an diesem Tag ab 13:05 live ausgestrahlte BREITBAND-Sendung auf Deutschlandradio Kultur: die unter diesem Titel angezeigt wurde:

Zwischen Sicherheit und Freiheit
Wie soll der Terror bekämpft werden?
 [1]

Es gäbe viel Positives zu dieser Sendung zu sagen: von der engagierten und dennoch ausreichend "neutralen" Moderation über die Auswahl der drei Protagonisten bis hin zur beigefügten Literaraturliste (Siehe das Ende der 1. Anmerkung, in der Info-Text der Sender - Webseite übernommen wurde.)

Angesichts der Bedeutung des Themas und der immer weiter umsichgreifenden Tendenz, angesichts der nicht endenwollenden Malaise sich die Ohren zustopfen zu wollen, ist so eine Sendestunden eine echte Alternative zu all den tagesaktuellen Meldungen. Hier wird endlich - laut und deutlich - nachgedacht! Öffentlich. Und ebenso nachdenklich wie nachdrücklich.

Aber an dieser Stelle spricht die Sendung für sich selbst, und wird hier nochmals zum Nachhören empfohlen...
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/11/28/drk_20151128_1305_d265d0fd.mp3
... und - sollte es dafür eine Kategorie geben - für den nächsten Grimme-Preis vorgeschlagen.

Die Begründung:

Jenseits aller Betroffenheitsrhetorik gelingt es im Verlauf einer knappen Stunde Wege aufzuzeigen, die uns helfen können, konkret mit der Frage der Bedrohung durch die aktuellen Drohungen "des Terrors" umgehen zu können: durch Nach-Denken.
All das, was so viele TV-"Quartette" dieser Art so gerne versucht hätten, Aufklärung zu vermitteln auf der Basis einer profilierten persönlichen Haltung und Erfahrung: Hier gelingt diese Quadratur des Kreises.
Die GesprächspartnerInnen drehen sich - dank der hervorragenden Moderation - eben nicht im Kreis, sondern es gelingt, aus dem Teufelskreis der ständigen Verteufelung des Bösen auszubrechen - ohne seine negativen Aus-Wirkungen zu negieren.
Am Ende dieser knappen Stunde - die so schnell vorbei ist, dass es noch Zeit genug gäbe, sich diesen Beitrag nochmals anzuhören - stehen wir immer noch am Anfang einer Diskussion - mit uns selbst: Wie steht es mit dem eigenen Streben nach Sicherheit in unserem Leben, in dem nur Eines sicher ist: der Tod.

Anmerkungen

[1"Nur kurz nach den Anschlägen in Paris setzte das Bundeskriminalamt einen geheimen Plan in Kraft. Detailliert wird darin vorgeschrieben, wie die deutschen Sicherheitsbehörden auf einen großen Terroranschlag im Ausland reagieren sollen: Auf Bahnhöfen und Flughäfen werden schwer bewaffnete Beamten aufgestellt, vor allem aber werden alle als gefährlich eingeschätzten Islamisten gründlicher überwacht.

Die genauen Punkte des Plans sind geheim, insgesamt aber weiten sie die Befugnisse der Geheimdienste aus. Von einer „schwierigen Balance zwischen Sicherheit und Freiheit“ schreibt die SZ in diesem Zusammenhang. Das Thema Sicherheit wird nach den Anschlägen in Paris heiß diskutiert: In Deutschland werden Rufe nach stärkerer Überwachung laut, nach verschärften Grenzkontrollen und einer Beschränkung der Zuwanderung. Frankreich hat die Notstandsgesetze auf drei Monate verlängert und seine Sicherheitsgesetzgebung verschärft. In Belgiens Hauptstadt Brüssel wurde die höchste Alarmstufe ausgerufen; Konzerte, Fußballspiele und Märkte abgesagt.

Doch wie viel mehr Sicherheit brauchen wir? Wie viel Freiheit geben wir dafür auf? Stimmen, die angesichts der Anschläge zu Besonnenheit raten, haben es jetzt schwer: Umfragen zufolge halten mehr als 90 Prozent aller Deutschen verschärfte Sicherheitsmaßnahmen im Land für angebracht. Nur fünf Prozent befürchten, dass ihre Grundrechte zu stark beschnitten werden könnten.

Frankreich und Großbritannien haben schon vor den Anschlägen die Kompetenzen ihrer Geheimdienste ausgeweitet. In Frankreich gibt es seit mehr als zehn Jahren die Vorratsdatenspeicherung. Die Anschläge wurden trotzdem nicht verhindert. Wie effektiv ist mehr Überwachung, wie effektiv sind die Geheimdienste? Wie viele Bürgerrechte sollen wir aufgeben im Namen von mehr Sicherheit? Welche Maßnahmen wären zum Schutz der Bevölkerung tatsächlich sinnvoll oder angebracht? Und wird Europa in dieser Lage weiter auseinanderdriften, werden die einzelnen Nationen sich weiter abschotten?

Zu Gast im Studio:

Wolfgang Nešković war Richter am Bundesgerichtshof, Mitglied bei der SPD und den Grünen. Für die Linke saß er im Bundestag. Nešković untersuchte im Parlamentarischen Kontrollgremium die Aktivitäten des Geheimdienstes und setzte sich im BND-Untersuchungsausschuss mit den Verwicklungen Deutschlands mit dem US-Geheimdiensten auseinander.

Ulrike Guérot ist Politikwissenschaftlerin und Gründerin sowie Direktorin des European Democracy Lab an der European School of Governance, wo sie sich mit der Zukunft der europäischen Demokratie beschäftigt.

Peter Welchering arbeitet als Wissenschafts- und Technikjournalist zu den Themen Überwachung und Datensicherheit.

Literaturtipp:
Pankaj Mishra: ISIS. Die Attraktion des Ressentiments und der bevorstehende Flächenbrand. In: Lettre International
Ulrike Guérot: Für ISIS sind wir die Hasenfüße
Judith Butler: Rede anlässlich der Verleihung des Adorno-Preises

Moderation: Philip Banse
Redaktion: Meike Laaff und Jana Wuttke
Web: Nora Gohlke


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