Es gibt viele Momente, in denen es relativ egal sein mag, ob das Smartphone nun einwandfrei funktioniert, oder nicht. Aber es gibt auch Situationen - wie die eines Klinikaufenthalts - in denen die Funktion eines solchen Gerätes vielleicht nicht über Leben und Tod entscheidet, aber in dem ein scheintotes Handy dem Lebenden die Organisation seiner Existenz unter diesen besonderen Umständen nicht gerade erleichtert.
Die Rede ist von einem Nokia Lumia 630 Dual SIM [1] von Microsoft.
Es ist bereits das fünfte Gerät aus dieser Reihe. Das erste war ein Testgerät [2], das zweite wurde für den eigenen Gebrauch erworben [3], das Dritte war ein Geschenk an die Tochter, das Vierte war ein Leihgerät, weil das Zweite - gleich mehrmals - an eine Werkstatt hat zurückgeschickt werden müssen - und das Fünfte ist ein Neugerät, das schliesslich, nach dem dritten Reparaturversuch, als Ersatz bereitgestellt wurde.
Dieses Gerät hängt derzeit über eine USB-Verbindung an dem in der Klinik aktivierten Laptop und gibt dort auf dem Explorer die folgenden Meldung preis:
Das Gerät ist momentan ausgelastet und seine Inhalte werden möglicherweise nicht richtig angezeigt. Falls eine andere Anwendung Daten auf dieses Gerät oder von diesem Gerät kopiert, warten Sie, bis der Vorgang beendet ist, und wiederholen Sie ihn dann.
Kompliment: Die Lokalisierung ins Deutschen lässt - sprachlich - nichts zu Wünschen übrig. Da wurde nicht einfach nur ein Sprachautomat eingesetzt, sondern offensichtlich ein echtes kleines Redaktionsteam, damit sich diese Schnittstelle zu den AnwenderInnen positiv ausweisen.
Allein, das Problem ist damit nicht gelöst, sondern allenfalls in einer höheren Textgüte beschrieben worden: Dass nämlich das Nokia Lumia 630 Dual SIM von Microsoft die Aufgaben nicht erfüllt, die auf seiner Oberfläche unter Zuhilfenahme mit den angebotenen Anwendungsmöglichkeiten angeboten werden.
Die Liste der nicht erfüllten Versprechungen ist inzwischen recht lang - und es wäre in dieser Ausführlichkeit kaum noch spannend zu erfahren, was alles wann und warum nicht funktioniert hat. Entscheidend - und ärgerlich - ist es dann aber wirklich, dass auch nach dem Einsenden des Gerätes dieses aus der Werkstatt mit dem Vermerk zurückkam, dass kein Fehler habe festgestellt werden können.
Und dabei war das Handy nicht mit einer Reihe von weiteren Apps zugeschüttet worden - aktuell, so die Statistik, würden im Schnitt auf jedem dieser Geräte ca. 50 solcher Anwendungen zusätzlich installiert worden sein - im Gegenteil: es wurden sogar eine Reihe von vorinstallierten zusätzlichen Zusatzangeboten zu Themen wie Finanzen, Reisen, Spiele usw. aus der Liste der Anwendungen gelöscht.
Weiter wurde auch darauf geachtet, dass sowohl der interne Speicher als auch die Micro-Sim-Karte in beiden Fällen noch gut die Hälfte ihres Datenstauraumes zur Verfügung hatten: Auf dem "Handy" werden 4,5 Gig genutzt, 2,7 sind noch frei. Auf der Karte werden 1,3 Gig genutzt, 2,3 sind noch frei.
Es wurde darauf geachtet, dass die SD-Karte mit 4 GB nicht zu gross ist - das könnte zu Fehlern führen, hiess es, weil das Gerät dann mit der Datenmenge überlastet sein könnte - und das Betriebssystem wurde mit der Lumia Denim - Version auf den aktuellsten Stand gebracht.
Also, es wurde alles getan, damit das Gerät einwandfrei hätte funktionieren können...
... allein, es tut es nicht.
Wie schon gesagt: Wir beschränken uns hier auf die aktuellen Missstände:
– die Anwendung des MMS-Dienstes geht nicht. Auch dann nicht, nachdem alle Kenndaten von diesem Gerät nochmals "per Hand" beim Provider, der Telekom Deutschland, eingepflegt wurden.
Nach einer Reihe von Tests und andauernden Fehlversuchen kommt schliesslich ein Mitarbeiter vom T-Mobile-Multi-Media-Service auf die Idee, die SIM-Karte nicht in den Slot "1", sondern in den Slot "2" dieses Dual-SIM-Gerätes zu stecken und es sodann auf diesem Wege erneut zu probieren. Und - siehe da - nach einem Neustart und der Wiederherstellung eines betriebsfähigen Zustandes ... funktioniert es: Heureka!
Aber, so die Frage, kann das die Lösung sein? Sicherlich nicht!
– Noch schlimmer geht es bei der Nutzung des nunmehr "here" genannten Navigationsdienstes zu. Dabei ist gerade hier ein besonderer Wettbewerbsvorteil zu erkennen. Eine Karte - in diesem Fall die von Deutschland - wird einmal heruntergeladen, ggf. von Zeit zu Zeit aktualisiert, und kann dann mit eingeschaltetem GPS - aber ohne weitere Inanspruchnahme der SIM-Karten-Dienste - in Funktion und zum Einsatz gebracht werden.
Wird dieser Dienst aber nun im Auto - in diesem Fall auch gut geschützt auf einem Motorrad - zur Anwendung gebracht und das Handy an keine externe Stromversorgung angeschlossen, bricht - über kurz oder lang - dieser Dienst zusammen. Und zwar vollständig. Das Gerät schaltet zunächst die Navi-Funktion ab, geht dann kurz in den "Flugzeug"-Modus über, fährt dann ganz herunter und legt danach sofort einen Neustart hin und fährt selbständig bis zu dem Status hoch, an dem erneut die Kennungen für die SIM-Karte und das Gerät eingegeben werden müssen.
Das machen Sie mal mitten beim Fahren (sic!) - und dann das auch noch mehr als einmal [4].
– Die einzige neu installierte App, der Nokia Mini Recorder [5] lässt sich nicht in der Bezahlversion installieren, da das Bezahlen über das Konto des Providers nicht möglich ist. Und in der Free-Version stürzt jede Aufnahme nach spätestens 10-15 Minuten ab - obgleich auch diese Version mit einer uneingeschschränkten Aufnahme-Laufzeit angepriesen wird.
C’est tout. Das reicht. Es reicht. [6]
Das Gerät ist für die Funktionen und Dienst, die es anbietet, offensichtlich nicht ausreichend getestet - oder dafür gar nicht konzipiert - worden.
In einer aktuellen T-Mobile-Anzeige aus dem Hause Telekom wird dieses Gerät (mit einem SIM-Slot) unter der Überschrift "große Leistung, kleiner Preis" mit diesen Argumenten angeboten [7]:
Das erste Nokia Lumia mit Windows Phone 8.1
Extra großes 11,43 cm Display mit Clear Black Technologie
Kraftvoller 1,2 GHz Quadcore Prozessor
Und in einer aktuellen Online-Werbung aus dem Hause Microsoft heisst es: "Mein 930 ist alles, was ich brauche"
Das kling alles sehr gut. Noch besser allerdings wäre es, wenn das hier abgegebene Leistungsversprechen auch in der Praxis der eigenen Anwendung erfüllt werden würde.
Dazu wurden hilfsweise die folgenden Möglichkeiten erprobt, um durch das Verringern der Anforderungen doch noch zu einem positiven Erlebnis zu kommen, wie zum Beispiel diese:
— der Verzicht auf eine Synchronisierung mit dem Exchange-Server
— der Verzicht auf sämtliche Spiele und andere Kapazitätsfresser dieser Art
— die Schliessung des Microsoft-Kontos, des Nokia und des "here"-Kontos
— oder zumindest die Beschränkung der "here"-Navigation auf eine 2D-Darstellung.
Dann mag auch gelten, was in anderen Online-Publikationen wie "AllesBeste" vom Diplom-Journalisten Boris Hofferbert behauptet wird:
Da Windows Phone auch auf vergleichsweise schwacher Hardware eine gute Figur macht, müssen auch beim Einsteiger-Smartphone im Alltag keine großen Leistungseinbußen hingenommen werden. [...] Auch im LTE-Netz funkt das Lumia 630 nicht, dafür ist es als Version mit Dual-SIM-Slot erhältlich. Nichtsdestotrotz liefert das Nokia Lumia 630 eine beeindruckende Gesamtleistung, die in diesem Preissegment viele vergleichbar teure Android-Smartphones alt aussehen lässt.
Fazit: Das Gerät ist und bleibt - zumindest für den professionellen Einsatz - untauglich.
PS.
Erstaunlich, wie viele und welch unterschiedliche Reaktionen auf diesen Text eingegangen sind; zumeist positive: Selbst von jenen, die berufsmässig mit dem Vertrieb guter Nachrichten über dieses Produkt befasst sind :-) [8]
Zitiert werden soll ein Hinweis auf einen Bericht in teletarif.de: "Ausprobiert: Windows 10 auf einem Lumia 630" vom 13. Februar 2015, in dem u.a. zu lesen ist:
Windows 10 für Smartphones ist noch nicht stabil
Microsoft gibt selbst zu, dass die Windows-10-Preview noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium steckt. Wenig überraschend zeigten sich in unserem Test auch Probleme. Mehrmals stürzte das System komplett ab, sodass es nur half, den Akku zu entfernen. In den Menüs ruckelt es manchmal beim Scrollen und der Lockscreen verlangt nicht sofort die PIN, sondern erst einige Sekunden nach dem Anschalten des Displays - in der Zwischenzeit ist die zuletzt genutzte App ungeschützt. Insofern ist Microsofts Warnung berechtigt: Auf einem Smartphone, das im Alltag zuverlässig arbeiten muss, sollte die Preview nicht installiert werden.
Es wird notwendig sein, dass Gerät durch seinen Nachfolger auszutauschen.
Eine Besprechung der Lumia 640 und der Lumia 640 XL findet sich in der Ausgabe vom 16. April 2015 von "All About Windows Phone" AAWP