Auch der heutige Tag war "zweigeteilt". Denn neben der Campus Party trafen sich auf dem "richtigen" Messegelände die altbewährten IFA-Recken und -Reporter, um ihre gemeinsame Pressekonferenz zu zelebrieren.
Dazu mehr im zweiten Teil dieses Textes.
Zunächst aber auch hier eine Presse-Zitat des Tages von Ole Reißmann aus der Netzwelt-Redaktion von Spiegel-Online, das sich unter der Überschrift:
" Internetfestival in Berlin
Geeks feiern brave Campus Party"
auf die Ereignisse in Tempelhof bezieht und gerade schon augenfällig mit den eigenen und selbst geschilderten Eindrücken deckt:
Unter der Zwischenüberschrift "Nebeneinander statt miteinander" schreibt er:
Das Programm ist dicht gepackt, die Technik läuft - es fehlen die üblichen Verdächtigen der deutschen Szene, die Lobos, Knüwers und Fefes. Das mag verschmerzbar sein - weniger verzeihlich: Auch die Partystimmung fehlt. Getränke und Essen sind teuer, Orte für spontane Treffen kaum vorhanden. Es ist mehr ein Nebeneinander, kein Miteinander.
[THERE’S MORE TO COME... ABOUT DON ON- AND OFF-STAGE ... AND OTHER STUFF.
Es wird vor allem darum gehen, wie
— all die Beteiligten in der Lage sind, sich auf die neuen noch fliessenden Verhältnisse einzustellen, die sie das "Tanzen" gelehrt haben,
— die Betroffenen wiederum sich daran machen, die von ihnen mit gestalteten Verhältnisse - I code so I am - ihrerseits zum "Tanzen" zu bringen
— wie all die VIP’s auf der Hauptbühne übereinstimmend ansagen, nicht zu wissen, was die Zukunft bringen wird... ] [1]
Hinzuzufügen ist nun allerdings nicht nur das Fehlen der üblichen Verdächtigen, sondern auch die davon scheinbar unbeeidruckte Existenz von bereits erwähnten Parallelveranstaltungen wie TEDx oder der IFA.
Unglaublich, aber wahr: Bei dem TEDx-Team gab es keine Möglichkeit, als Presse einen Zugang zu dieser Veranstaltung zu erhalten. Und beim IFA-Team war von der Existenz einer Parallelwelt wie der in Tempelhof so gut wie nichts bekannt.
Auch wenn es nicht möglich war, der IFA-Pressekonferenz in der Halle 6 des Messegeländes während des gesamten Verlauf beizuwohnen, gab es gleich um Einstieg Zoff genug, der es Wert ist, hier nochmals dokumentiert zu werden.
Es geht um Zahlen, um Wachstumszahlen. Es geht um die Frage, wie der Markt für Unterhaltungselektronik in den nächsten Jahren wachsen wird. Ein Punkt, zu dem die beiden Verbände BITKOM und gfu deutlich voneinander abweichende Zahlen vorgelegt haben.
Der BITKOM gibt am 22. Augst 2012 vergleichsweise moderate Zahlen bekannt:
Markt für Unterhaltungselektronik wächst um 2,3 Prozent
Der deutsche Markt für Unterhaltungselektronik wächst in diesem Jahr voraussichtlich um 2,3 Prozent auf fast 13 Milliarden Euro. Insbesondere der Absatzboom bei Flachbildfernsehern trägt zu diesem Plus bei. Zum ersten Mal werden in Deutschland innerhalb eines Jahres über 10 Millionen Fernsehgeräte verkauft. Das ergab eine aktuelle Studie der GfK Konsumforschung für den Hightech-Verband BITKOM. Der BITKOM stellte die neuen Zahlen eine Woche vor dem Start der Internationalen Funkausstellung (IFA) vor. „Die Nachfrage nach Unterhaltungselektronik ist trotz der sich abkühlenden Gesamtkonjunktur ungebrochen“, sagte Ralph Haupter vom BITKOM-Präsidium. „Innovative Produkte wie Smart TV, 3D-Fernsehen und hochwertige Digitalkameras treiben den Markt.“
Innerhalb der Unterhaltungselektronik stehen Flachbild-Fernseher für fast die Hälfte (49 Prozent) der Umsätze. Die Verkaufszahlen steigen voraussichtlich um 7,7 Prozent auf 10,2 Millionen TV-Geräte, der Umsatz um 6,1 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Der Durchschnittspreis für Fernseher bleibt dank des Trends zu neuen Funktionen wie 3D oder Internetfähigkeit weitgehend stabil. Die Verbraucher geben im Schnitt 613 Euro für ein Fernsehgerät aus, im Vorjahr waren es 623 Euro. Vor allem internetfähige Fernseher boomen. Wurden im vergangenen Jahr noch 3,4 Millionen so genannte Smart-TV-Geräte verkauft, werden es dieses Jahr voraussichtlich 4,9 Millionen sein. „Erst vor wenigen Jahren haben digitale Flachbildfernseher die analogen Röhrenfernseher verdrängt, nun verdrängen die internetfähigen die nicht-vernetzbaren Geräte“, sagte Haupter. Im kommenden Jahr werden zum ersten Mal mehr Smart-TV-Geräte verkauft als Fernseher ohne Internet-Anschluss. Ein Vorteil der internetfähigen Geräte: Bislang waren die Funktionen von Fernsehern, Receivern und Co. beim Kauf festgelegt, heute können neue Funktionen dank Apps und Updates vom Verbraucher unkompliziert nachgerüstet werden.
Einen Nachfrageboom gibt es auch bei Blu-ray-Playern, dem Nachfolger der DVD. Der Absatz wächst um 41 Prozent auf rund 2 Millionen verkaufte Geräte. Gründe sind vor allem die sinkenden Durchschnittspreise, der Erfolg der hochauflösenden Fernseher und das große Filmangebot auf Blu-ray-Disks. Im Jahresvergleich sinkt der Durchschnittspreis für Blu-ray-Spieler um fast ein Sechstel von 163 auf 137 Euro.
Bei Digitalkameras ist die Preisentwicklung umgekehrt. Die deutschen Verbraucher geben in diesem Jahr durchschnittlich 224 Euro für ein Gerät aus, nach 206 Euro im Vorjahr. Das Marktvolumen wächst um 2,8 Prozent auf 1,75 Milliarden Euro. „Der Trend im Foto-Markt geht eindeutig zu hochwertigen Geräten. Handy-Kameras werden immer leistungsfähiger. Wer sich heute zusätzlich eine Digitalkamera kauft, legt meist Wert auf besonders hohe Qualität und eine gute Ausstattung“, sagte Haupter. Im Trend liegen insbesondere Systemkameras. Sie sind klein und handlich wie eine digitale Kompaktkamera, dank ihrer Wechselobjektive aber qualitativ vergleichbar mit sehr viel größeren Spiegelreflexkameras.
Eine Sonderkonjunktur gibt es seit vergangenem Jahr bei den Set-Top-Boxen. Das analoge Satellitenfernsehen wurde zum 1. Mai 2012 abgeschaltet. Viele Verbraucher mussten sich neue Empfänger kaufen. 2011 und 2012 wurden und werden jeweils 7 Millionen Set-Top-Boxen abgesetzt, 2010 waren es noch 6,2 Millionen.
Nach der Digitalisierung findet derzeit mit der Vernetzung ein erneuter Umbruch in der Branche statt. „Das Internet hält Einzug in die Unterhaltungselektronik und bringt einen neuen Innovationsschub“, sagte Haupter. So werden Musik oder Filme aus dem Internet direkt auf Fernseher oder Stereoanlage gezogen. Oder es können Zusatzfunktionen von Geräten aus dem Internet nachgeladen werden. Die früheren Trennlinien zwischen der IT- und Telekommunikationsbranche einerseits und der Unterhaltungselektronik andererseits verschwinden. Haupter: „Digitale Alleskönner wie Smartphones und Tablet Computer stellen den Markt für Consumer Electronics vor grundsätzliche Herausforderungen. Private und berufliche Nutzung der Geräte lassen sich immer weniger unterscheiden – und damit beginnt eine ganz neue Phase der Konvergenz.“
Der ZVEI geht stattdessen von zum Teil deutlich optimistischeren Werten aus.
Dazu hiesst es unter dem Titel:
IFA 2012: Wachstum mit Produktneuheiten
unter der Überschrift:
"Deutscher Markt mit anhaltendem Wachstum"
Die Märkte für Consumer Electronics und Hausgeräte wachsen kontinuierlich. „Innovative Produkte, Systeme und Lösungen, die auf der IFA im Mittelpunkt stehen, sind dabei die Garanten für Wachstum. Innovationen führen zu Veränderungen, die die Märkte treiben. Hier trifft die IFA exakt die Anforderungen der Märkte. Als Veranstalter blicken Messe Berlin und gfu zuversichtlich auf eine herausragende IFA 2012“, erklärt Hans-Joachim Kamp, gfu Aufsichtsrat und ZVEI-Vizepräsident. „Mit einem Plus von mehr als vier Prozent bei Consumer Electronics und einem Plus von drei Prozent bei Hausgeräten prognostizieren wir für das Gesamtjahr 2012 einen positiven Geschäftsverlauf in Deutschland. Dies ist in Anbetracht des gesamtwirtschaftlichen Umfelds, das von der Schuldenkrise geprägt ist, ein herausragendes Ergebnis. Die IFA wird den Märkten weitere signifikante Impulse geben.“
Dass diese Zahlen die eigene Branche in einem noch sehr viel besserem Licht dastehen lassen würden, so Kamp, sei nicht nur der Nähe zur eigenen Klientel geschuldet und der hohen Qualität der abgefragten Haushalte und Händler: Hinzu komme, dass man ermittelt habe, dass das Publikum im Falle einer Krise sogar eher bereit wäre, auf eine neues Auto zu verzichten als auf neue Geräte im Haushalt. Eine Aussage, die sich angeblich auf den Bereich der Konsumerelektronik ebenso bezöge wie den der sogenannten "Weissen Ware".
Das eigentlich spannende - aber auch erschreckende - an diesen beiden Ereignissen in Tempelhof als auch auf dem Messegelände ist auch hier, dass das "Nebeneinander" - trotz aller gegenteiligen Erklärungen und Marketingversprechen - deutlich dominiert.
Die IFA ist zu gross und zu früh ausgebucht, als dass sie sich wirklich glaubt darum kümmern zu müssen, was jenseits von diesem Anziehungspunkt denn so geschähe.
Dass man das "Nebeneinander" von der "weissen" und der ehemals "braunen" Elektrogeräte im Hauhalt aufgehoben und im Rahmen einer Veranstaltung zusammengelegt hat darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die dort so viel gepriesene Zukunft inzwischen in ganz anderen Welten inszeniert und gelebt wird:
— Inszeniert: Am Beispiel der Pyronale, die in diesem Jahr als Weltmeisterschaft der Weltmeister der letzten sechs Jahre auch nicht mehr am IFA-Wochenende stattfindet, sondern eine Woche danach - zu einem Zeitpunkt also, an dem die professionelle Broadcast-Welt schon längst auf die IBC nach Amsterdam weitergezogen sein wird.
— Gelebt: Was auf dem Gelände in Tempelhof passiert, das ist der Versuch, diese neue Welt zwischen Netz und Netbook nicht nur zu gestalten, sondern darüber hinaus auch erlebbar und vermittelbar zu machen. Ausser, dass sich dort die Konsumenten von einst in sogenannte "Prosumer" verwandelt haben.
Das ist ein Paradimenwechsel, der nicht erst bevorsteht - wie der oben abgebildete Don Tapscott richtig anmerkt: bei den Banken und der Pharmaindustrie stehe er noch bevor - sondern der in dieser Szene schon stattgefunden hat.
Nur in einem haben IFA und CampusParty nach wie vor ein gemeinsames beklagenswertes Versäumnis zu vermelden: Das schlechte und dafür auch noch viel zu teuere Essen (und Trinken).
Nicht nur die Liebe geht (auch) durch den Magen...
Denn auch was die Frage der Lebens-Mittel-Versorgung betrifft, liebe Veranstalter - bedarf es nach wie vor eines dringenden, längst überfälligen Paradigmenwechsels.