O.
Reisen an andere Orte und zu anderen Menschen – das ist Lernzeit.
Diese ebenso banale wie viel zitierte Kenntnis machte sich in den ersten Tage auf dem Weg nach und in Frankreich bereits auf ganz pragmatische wie praktische Weise bemerkbar.
Wie vielen Dinge galt es neu zu entdecken und für sich zu nutzen – oder als Nutzen Anderen zur Verfügung zu stellen:
— Über die Verwendung eines – eigentlich so einfachen – Hilfsmittels wie eines Navigationssystems ist bereits an anderer Stelle ausführlich genug berichtet worden [1]
— Auch über den Gebrauch von neuen Telefonkarten im Ausland liessen sich an dieser Stelle ausführliche Berichte vorstellen.
— Oder wie wäre es mit einem Hinweis auf den angeblich englischsprachigen Hotline-Dienst der Telekom, der sich dadurch auszeichnet, dass wesentliche Teile der Ansagen nach wie vor in deutscher Sprache eingespielt werden und die im englischen Teil genannten Zugangsnummern ohne die Vorwahl "+49" genannt werden, sondern stattdessen mit einer "0" als erster Zahl angesagt werden?
Lassen wir all das in diesen Urlaubstagen: Interessanter ist es hier zu erfahren,
– wie im Dialog mit Dritten aufgrund des eigenen Auftretens, der eigenen Profession, Projektionen an einen herangetragen werden, die es dann auch zu erfüllen gilt
– und wie schwierig es offenbar ist, die angeblich so "kinderleichten" Software-Dienste off- wie online so einfach in Anspruch zu nehmen, ohne dass daraus nicht eine neue Überanspruchung erwächst.
I.
Bei der diesjährigen Einschreibung in den Verein der Ultraleicht-Flieger wurde als Beruf nicht „Consultant Media“ eingetragen sondern als Beruf „Journalist“. Die in „DaybyDay“ dargestellten Berichte – und vor allem die Bilder – hatten ihre Aufmerksamkeit bereits jenseits der Grenze erhalten. Und als es darum ging, neue Aufgaben in der Crew zu verteilen, hiess es alsbald: „Der Mann ist doch Journalist, der muss das doch können.“
Die Aufgabe, die es zu bewältigen gab, bestand darin, einen „Flyer“ zu entwerfen, mit dem Gäste im Umland angeworben werden sollen, um mit einem Ultraleichtflugzeug die Gegend zu erkunden – die Sehenswürdigkeiten der Umgebung, die Orte, an dem sie untergebracht sind, dort, wo sie leben.
Der Herausforderung bestand darin, dass sich herausstellte, dass die Vorlage in einem Word-Dokument erstellt waren und die dafür ausgesuchten Bilder in den unterschiedlichsten Formaten auf irgendwelchen Camera-Chips, die meisten aber via Picasa über irgendwelche externen Server abgerufen werden mussten.
Dabei war fast erschreckend zu sehen, wie diese Dienste (Picasa) und Möglichkeiten (Word) genutzt werden, ohne eigentlich verstanden zu haben, was im Moment der Nutzung damit geschieht.
— Beispiel: dass ein Bild nicht mehr auf der Festplatte zu finden ist, sondern irgendwo im Netz machte für die Nutzer fast keinen Unterschied mehr, die Tatsache, dass die im Netz nur virtuell verfügbaren Bilder erst in die Umgebung des eigenen Rechners geholt und dann dort weiterverarbeitet werden mussten, durchaus.
— Beispiel: dass die Bildbearbeitung im Netz oder aber auf der Festplatte unterschiedliche Auswirkungen auf das Verhalten der Bilder als auch des Computers als auch der dahinterliegenden Programme haben würde, war den Anwendern nicht wirklich klar.
— Beispiel: dass Word nicht gerade das geeignetste Programm für die Erstellung einer Broschüre respektive eines Plakates ist, hatte sich offensichtlich auch noch nicht herumgesprochen. Obwohl auf den mit dem Betriebssystem Windows 7 ausgestatteten Rechnern auch die aktuellste Office-Suite installiert war, waren die entsprechenden dafür geeigneten Programme weder bekannt und in vielen Fällen noch kein einziges Mal genutzt worden.
Beispiel: nun ist bekannt, dass sich selbst in den aktuellen Word-Programmen eine Menge Grafik integrieren lässt. Was aber, wenn diese Integration im Wesentlichen auf ein vom – trail & error Prinzip gesteuertes – Copy & paste – Verhalten reduziert ist, mit all seinen Begrenzungen, die solches „easy going“ mit sich bringt.
II.
Für jemanden, der seit Jahren mit diesen Programmen gearbeitet hat – und der selbst bei der Erfüllung dieser Aufgabe dennoch hat erneut in der nun französischsprachigen Hilfe hat nachlesen müssen – wird klar, wie viel Kenntnis, Vorwissen und Erfahrung notwendig sind, um diese Programme wirklich zu zum Einsatz bringen zu können, dass sie ihren konkreten Nutzen und Vorteil unmittelbar zur Geltung bringen.
Was haben wir stattdessen an Zeit verbraucht, um in den auf Picasa angelegten Datenbanken die richtigen Bilder zu finden! Da diese nicht annotiert und oft auch in keinen aussagekräftigen Ordnern angelegt waren, mussten letztendlich alle Datensätze durchsucht werden, um auf das Gewünschte Zugriff zu erhalten.
Und was hat es an Zeit verbraucht, bevor den Nutzern klar wurde, dass die nun so ausgesuchten Bilder nicht einfach mir-nichts-dir-nichts in Word übernommen und dort weitverarbeitet werden konnten.
Und als dieser Transfer aus der Online- in die Offline-Welt schliesslich gelungen war: wie viel Zeit hatte es bedurft um erklären und verstehen zu können, dass die Bilder je nach Einstellung auf der ihnen zugewiesenen Text-Seite ganz unterschiedlich verhalten würden, ja, dass man ihnen unter Umständen sogar bestimmte Ebenen zuweisen muss, um sie miteinander harmonieren zu lassen.
III.
All dies wird wahrlich nicht erzählt ums ich über irgendjemanden lustig zu machen oder zu disqualifizieren. Es geht vielmehr bei der Auswertung all dieser Beobachtungen um Fragen wie diese:
– welchen Preis zahlt man dafür, dass alles als „ganz einfach“ und „narrensicher“ dem Konsumenten angepriesen wird?
– wo ist es ein Vorteil, dass sich der Nutzer möglichst wenig darum kümmern muss, warum ein bestimmtes Programm, eine bestimmte Anwendung funktioniert – und wann wird aus diesem „Vorteil“ ein Nachteil?
– welche Risiken nimmt der Nutzer auf sich, sich auf Programme und Dienste einzulassen, deren Nutzung nicht von seiner Seite, sondern von deren Seite aus gesteuert und bestimmt werden?
– wie schnell und wie nachhaltig können unzureichende Kenntnisse dazu führen, dass das beabsichtigte Ziel nicht erreicht oder der das erzielte Ergebnis durch eine Unachtsamkeit oder durch Unkenntnis wieder vernichtet wird?
IV.
Kurz und gut: im Rahmen des hier vom Club gestellten Auftrages wurde die Aufgabe nach einigen zusätzlich investierten Nachtstunden erfüllt und die Flyer wurden in den Geschäften der Umgebung und im Centre de Tourisme verteilt und ausgehängt.
Auf die Frage, ob man nicht auch die URL des Clubs auf dem Flyer mit hätte angeben sollen, kam die Antwort: „das guckt hier doch keiner“.