Am Sonntag, den 26. April hatte Bundesinnenminister Schäuble im Interview der Woche im Deutschlandunk dazu aufgerufen, die Debatte über mögliche soziale Unruhen zu beenden. "Es gebe zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anlass, eine solche Diskussion zu führen", müsse die Sorgen der Menschen ernst nehmen, dürfe ihnen aber nicht unterstellen, dass sich Unruhen entwickelten, wenn die Arbeitslosigkeit zunehme. [1]
Aber es scheint, dass sich der Duktus dieser Diskussion nicht so einfach wieder entfernen lassen wird. An diesem Tag wird dazu Matthias Platzeck, Ministerpräsident von Brandenburg, in einem Interview mit Elke Durak im Themenumfeld der Frage: Drohen "soziale Unruhen"? im Deutschlandfunk am 28. April 2009 in den Informationen am Morgen [2] zur Rede gestellt :
" Es ist ein ausgeprägtes Ungerechtigkeitsgefühl. Und wir werden uns auch noch Dinge einfallen lassen müssen, dringend einfallen lassen müssen, wie diese nicht nur gefühlte Ungerechtigkeit [...] wo jeder sagt, sowas geht eigentlich nicht, sowas passt nicht in die Gesellschaft, sowas zerstört Gesellschaft auch. [...]
Man muss sich nicht wundern, wenn dann Umfrageergebnisse - ich kann jetzt nur für Ostdeutschland reden, weil ich sie da präsent habe - aussagen, dass über 50% der Ostdeutschen zwischen Rostock und Suhl sagen, sie können mit der Marktwirtschaft, mit der sozialen Marktwirtschft nicht mehr viel anfangen und über 40% auch sagen, ’ne Rückkehr zur sozialistischen Planwirtschaft hielten sie für sinnvoll. Das ist vielleicht nicht Eins zu Eins zu nehmen, so nehm’ ich es auch nicht, aber das ist ein deutlicher Indikator für Stimmung."
Wir haben für ca. 20 Jahre - eigentlich nach dem Fall der Mauer fing diese Entwicklung an - gedacht: Jetzt ist der Sozialismus quasi weg. Der Kapitalismus kann sich jetzt entfalten und wahrscheinlich haben wir gehofft, dass er sich sozial verantwortlich entfaltet. Er hat dies nicht getan. Und das Ganze ging einher mit dem immer wieder geäusserten Wunsch: Staat löse dich doch bitte am liebsten in Luft auf, zieh’ Dich zurück oder lös’ Dich auf.
Und Eins muss uns klar geworden sein, gerade in den letzten zwei Jahren: ’’’Ne wirklich verantwortbare soziale Marktwirtschaft wird nie - ich betone NIE - funktionieren ohne einen aktiven, handlungsfähigen und - ich sage es ganz bewusst - auch selbstbewussten Staat.
Und ich hoffe, dass wir das lernen, dass wir das gemeinsam lernen und danach auch nicht wieder vergessen." [3]