Nachfolgend ein Rückblick auf das Programm des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen IIS, das am 4. Dezember 2008 gemeinsam mit dem HDF und der FFA ausgerichtet wurde.
I.
Programm
10.30 Uhr Grußwort HDF
10.40 Uhr Technische Spezifikationen
für Digitales Kino und 3D [1]
Dr. Siegfried Foessel
11.15 Uhr Umsetzung am Beispiel des Fraunhofer Kinos [2]
Arne Nowak
12.00 Uhr Diskussion und anschließend Besichtigung
[...]
Praxis-Workshop
13.15 Uhr Wie kommt das DCP (das digitale Filmpaket)
auf die Leinwand? [3]
Carsten Feldheim
13.35 Uhr Was liefern die Studios?
Michael Beckmann, 20th Century Fox [4]
14.00 Uhr Wie erzeugen Sie selbst ein DCP?
Heiko Sparenberg
[5]
Analysetool für DCPs
Alexander Schmitt
14.15 Uhr Screening
(DCP Content, 3D Content,
IOSONO-Wellenfeldsynthese Demo) [6]
[...]
II.
Unglaublich, aber wahr: Fast alles was das Herz des digitalen Kino-Konzept-Designers begehrt, kann in diesem Live-Labor in Erlangen Tennenlohe hergestellt, untersucht, auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt werden. Auf der einen Seite das Studio auf der anderen Seite das Kino. An der Stirnwand der einen Seite die Kameras an der der anderen Seite der Projektor. Die Kollegen – Frauen waren als Gäste dieser Begegnung heute nicht zu sehen – sehen mit „positivem Neid“, wie es einer der Anwesenden im 4-Augen-Gespräch formulierte – was hier alles aufgebaut werden konnte. Auf die in der öffentlichen Diskussion gestellte Frage nach den Budgets, die für ein solches Projekt haben aufgebracht werden müssen, lautete die Antwort des Gastgebers: „Ich habe keinerlei Überblick über die Gesamtkosten, die in diesem System hier verbaut sind.“
III.
All dies findet sich in einem grosszügig ausgebauten Neubau – inmitten einer ebenso gepflegten wie entfernten „Pampa“. Wer in Erlangen ankommt und im kleinen Wartehäuschen auf den 295er Bus warten muss, kann sich kaum eine Vorstellung machen, was ihn wo erwarten wird. Schon nach wenigen Stationen hat man den „Stadtkern“ verlassen und wird durch allerlei vorstädtische Idylle kutschiert. Schliesslich geht es sogar auf eine in beiden Seiten vierspurige schnurgerade Strasse über Land, bis man durch ein Neubauviertel voller Ein- bis zweistöckigen Häusern gefahren, durch viele kurvenreiche Strassen und Wege geschleust und schliesslich justament vor dem Eingang des Institutes - "Am Wolfsmantel" - abgesetzt wird.
Am Tresen wartet das Namensschild und in Begleitung einer herbeigerufenen jungen Dame wird man auf ebener Erde durch das weit verzweigte Areal geführt und kommt – dank der Chipkarten die die Glastüren öffnen helfen – auf einen Lichthof, von dem aus eine schwere eiserne Doppeltür direkt in das Kino führt.
„Dank eines um fast eine Stunde verspäteten Zuges konnten die ersten der hier im Programm genannten Vorträge nicht selber mitverfolgt werden – werden aber dennoch, wie all die anderen auch – hier als PDF-Files wiedergegeben. [7]
IV.
Der vielleicht entscheidende Eindruck an diesem Tag war, dass das Kino weiter leben wird. Dank und durch seine Digitalisierung. Was sich aus der Sicht der Studios wirklich verändert, ist der Wegfall der zunehmenden Qualitätsmängel der sich immer mehr im Betrieb verschleissenden Kopien. Andererseits wird klar, dass er derzeit darum geht, zunächst einmal „auf Teufel komm raus“ den nunmehr ehemals Film genannten digitalen Content in die Kinos zu bringen. Sich dabei zunächst auf Produktionen zu verlassen, die als eine „sichere Bank“ gelten, und diesen als 3-D-Produktion im Bewegtbild und IOSONO-Beschallung in der Akkustik neue Wertigkeiten hinzuzufügen.
V.
Die Antwort auf die Frage, was die Studios in Zukunft unter Inanspruchnahme dieser neuen Mittel und Möglichkeiten liefern werden lautet, schlicht und einfach: „Filme, Film, Filme“. All die vielen anderen Dinge, die sich im Umfeld dieses Prozesses der Digitalisierung abzuzeichnen begännen wie interaktive Dienste, Spiele und die Nutzung des Internets seien zunächst keinen Geschäftsfelder für den „klassischen“ Vertrieb. Hier würde – bei und trotz der vielen Veränderungen – zunächst vieles beim Alten bleiben. Es gäbe dazu bei den Studios nichts, was für den Kinobetreiber bei der Entscheidungsfindung wirklich von Bedeutung sei. Zumindest in der Zeit des Umstiegs von Analog nach Digital – also die nächsten 5 Jahre.
Das gilt offensichtlich auch für all diese neuen Modelle der Anlieferung des digitalen Material in Form sogenannter DCP (Digital Cinema Packages): von der Flashcard über die Breitband- bis zur Satellitenanbindung. Das mag alles irgendwann einmal kommen, sei aber derzeit noch Zukunftsmusik. Das läge nicht an dem Mangel an Innovationsbereitschaft, sondern dass es hier um weltweite Distributionskonzepte gehe die immer in der Lagen sein sollten, auch noch das schwächste Glied in einem wichtigen Markt mit bedienen zu können.
Also bleibt es zunächst bei den Festplattenköfferchen mit all jenen Kabeln und Normen, die von der Industrie als Standards vorgegeben sind. Und den USB-Sticks, auf denen die KDMs – die elektronischen Schlüssel zugeliefert werden, mit denen das digitale Material freigeschaltet werden kann. Nein, es sei an dieser Stelle nicht die Absicht der Studios, hier eigenen Normen setzen und durchsetzen zu wollen. Ja, es könnte sein, dass sich in den USA sogar die Implementierung von Modems durchsetzen würden, mit denen die KDMs direkt in den Server vor Ort eingespielt werden würden. Ein Verfahren, das man voraussichtlich in Europa nicht werde durchsetzen können. Selbst die Frage, ob in Zukunft diese KDMS von zentraler Stelle verwaltet oder über die jeweiligen Verleiher zur Verfügung gestellt werden würden – und dies eine „Bringschuld“ der Majors sei oder eine zusätzliche Verpflichtung für den Kinobetreiber – ist noch alles andere aus ausdiskutiert.
VI.
Aber: Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass noch vor dem ersten grossen Schub der 3-D-Produktionen im Jahr 2009 – bei Fox wird es ICE AGE am 2. Juli und AVATAR am 17. Dezember sein – die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Verleihern und den Kinobetreibern neu geregelt sein werden. Und das auch und gerade dann, wenn das Thema der sogenannten „DCI-Konformität“ noch nicht wirklich bis ins Letzte geregelt sein wird [8]
Wichtig wird in diesem Zusammenhang werden, dass bei diesen Neuregelungen der Zugriff und der Einsatz von sogenanntem „alternativ content“ weder ausgegrenzt noch behindert werden wird. Es ist klar, dass es den Majors nicht gefallen kann, wenn einmal eingestellte und kalibrierte Systeme von so manchem mehr und mehr zurückgedrängten Selbstverwirklichungstrieb in der Vorführerkabine nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber es muss auf der anderen Seite dafür Sorge getragen werde, dass selbst bei einen finanziellen Beteiligung der Majors und ihrer Vertriebe an der neuen Kinotechnik diese nicht auf die Vorführung von derem Material beschränkt wird.
Auch wenn das vielleicht in Hollywood derzeit noch anders gesehen wird – und so gedacht werden muss – so kann der aus anderen Bereichen der Mediennutzung und –verwertung inzwischen bekannte „Long Tail“ auch in den „D-Light-Houses“ der Zukunft zum Tragen kommen. Umso spannender und interessanter war es zu erfahren, dass in Erlangen nicht nur an Systemen gebaut wird, die „DCP“s zu analysieren [9] und über die ganze Verwertungsstrecke hinweg auf ihre Qualität und technische Güte nachzuverfolgen – und das ab 2009 auch schon mit einem externen kommerziellen Partner – sondern, dass für die Einbringung des „alternative content“ mit dem „Easy DCP Verfahren“ zuverlässige und schon jetzt operative Angebote entwickelt werden.
VII.
Zum guten Schluss gab es dann sogar einige Filme zu sehen. Und einen guten Ton zu hören. Besonders hervorgehoben werden soll hier eine Produktion aus der HFF „Konrad Wolf“ aus Potsdam Babelsberg: „Unser Mann in Nirwana“, "Our Man in Nirvana" von Jan Koester Heinz aus dem Jahr 2005. Edelmann lässt grüssen und doch ist diese Produktion alles andere als eine „billige Anleihe“ an Yellow Submarine. Selbst Elemente des Indonesischen Schattentheaters können hier fröhlich neue Urstände feiern. Der Respekt vor der Tradition bedeutet nicht, dass Humor und cinematographische Schaffensfreude, dramaturgisches Geschick und digitale Technologien nicht doch eine neue Form von Symbiose einzugehen vermögen, die zu Gefallen vermag.
VIII.
Im Gegensatz zur Anreise hatte der Zug nicht ein Stunde, sondern zurück nach Berlin "nur" zwanzig Minuten Verspätung. Also Zeit genug um noch während der Reise diese hier jetzt eingestellten Zeilen, Bilder und Dokumente zu verfertigen.
Und wie es der Zufall so will: Nach gut zehn Stunden Reisezeit an den "Wolfsmantel" und zurück wird der Berichterstatter auf dem Hauptbahnhof mit einem ersten Blick auf das folgende Plakat willkommen geheissen:
IX.
Nächtlicher Nachtrag:
In diese Nacht spiel(t)en in der US-amerikanischen National Football League (NFL) die Oakland Raiders gegen die San Diego Chargers.
Dieses Spiel konnte nicht nur vor Ort verfolgt oder in der Zusammenfassung auch im Internet [10] nachverfolgt, sondern auch von einer kleinen Anzahl ausgesuchter Gäster live als 3-D-Übertragung mit verfolgt werden.
Dazu Markus Steiner von pressetext deutschland:
Mit diesem ersten Test wollen wir zeigen, dass der Einsatz von 3D-Technologie zur Live-Übertragung von Sportereignissen heute bei weitem keine Zukunftsmusik mehr ist. Es ist nicht so, dass wir darauf hoffen, dass diese Technik bald ausgereift ist, sie ist heute schon verfügbar", stellt 3ality-Digital-Geschäftsführer Modell fest. Insgesamt werden bei dem Aufnahmeverfahren acht spezielle 3D-Kamerateams eingesetzt, die neben ihren traditionellen 2D-Pendants die Regieleitung mit zusätzlichem Bildmaterial versorgen. Während die große Mehrheit der US-amerikanischen Football-Fans noch mit einer zweidimensionalen Videoübertragung Vorlieb nehmen muss, werden die von den 3D-Kameras eingefangenen Bilder direkt in verschiedene Kinosäle in Los Angeles, New York und Boston übertragen [11]. "Für uns ist das ein sehr interessantes Experiment, das zeigen soll, wie man sich ein Football-Spiel in 3D vorzustellen hat", merkt Howard Katz, Senior Vice President im Bereich Broadcasting und Media bei der NFL, an. Alles, was darüber hinausgehe, sei reine Spekualtion.
Im Verlauf dieses Textes wird auch der Direktor des Instituts für Sportwissenschaft der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, IFS, Helmut Digel, zitiert, wonach "In der Geschichte der neuen Medien [...] der Sport bereits des Öfteren als Experimentierfeld" hat herhalten müssen. Und das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Deutschland. Das Thema: Fussball - nicht Football - im Kino hatte ja schon zur Zeit der Weltmeisterschaft hohe Konjunktur.