Es hat 48 Stunden Bedenkzeit bedurft, bevor die Entscheidung fiel, sich doch noch einmal auf das im Siedler Verlag erschienene neue Buch von Helmut Schmidt: „Außer Dienst – Eine Bilanz“ zu beziehen.
In der Bild-Zeitung wird daraus in Vorabdrucken zitiert worden.
Und in der der vierten Staffel vom 16. September 2008 war unter anderem zu lesen: [1]
"Ich war dreißig Jahre alt, als ich zum ersten Mal im nunmehr erlernten ökonomischen Beruf Geld verdienen konnte. Vier Jahre später wurde ich zum ersten Mal in den Bundestag gewählt.
Der Soziologe Max Weber war der erste, der in Deutschland sorgfältig über „Politik als Beruf“ nachgedacht hat. Sein Vortrag aus dem Jahre 1919 ist immer noch lesenswert. Wenngleich es damals noch kaum Berufspolitiker gegeben hat, bleiben Webers Analysen weitgehend zutreffend; einige der Anforderungen, die er an den Berufspolitiker richtet, sind ebenso grundlegend wie aktuell.
Dazu gehört Webers Charakterisierung des Berufspolitikers durch drei Qualitäten: Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß; dazu gehört insbesondere seine Unterscheidung allen ethisch orientierten Handelns in zwei grundverschiedene, gegensätzliche Maxime: „gesinnungsethisch“ und „verantwortungsethisch“.
Vom Berufspolitiker muss vor allem verlangt werden, dass er die Folgen seiner Entscheidungen und Handlungen verantworten kann. Er muss nicht nur die von ihm beabsichtigten Folgewirkungen verantworten, sondern auch die unbeabsichtigten Folgen und die Nebenwirkungen.
Das Bewusstsein seiner Verantwortung zwingt ihn in jedem konkreten Fall zu einer vernunftgeleiteten Analyse und zur Abwägung sämtlicher Faktoren, der erstrebten Vorteile ebenso wie der in Kauf genommenen Nachteile.
Mit dem Wort „Augenmaß“ umschrieb Weber die Fähigkeit, „die Realitäten mit innerer Sammlung und Ruhe auf sich wirken zu lassen“, also die tatsächlich gebotene Anstrengung der eigenen Vernunft und der eigenen Urteilskraft.
Die Vernunft kann sich irren. Gleichwohl bleibt das eigene Gewissen die oberste Instanz, vor der ein Politiker sich zu verantworten hat."
Es ist, mit Verlaub, den Ministerialen seiner Regierung zu verdanken, dass in den Jahren, in denen "Schmidt Schnauze" die Verantwortung für die Geschicke dieser Republik massgeblich mit getragen hatte, die eigene berufliche Karriere nachhaltig beeindträchtigt und zumindest deutlich behindert wurde: Das Studium an der Universität in Bremen galt als "anrüchig". Ein Examen an der "roten Kaderschmiede" als wertlos. Und ein Auszeichnungsexamen wurde allzu schnell als eine Anzeichen für "politische Kollaboration" gedeutet.
Der Versuch, gegen solche allfälligen Missdeutungen und Missachtungen der eigenen Person und Leistung anzugehen, war wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Wir, die wir an dieser Universität angeblich zu viel Wind gemacht hätten, mussten nicht lange warten, um einen "Sturm der Entrüstung" zu ernten - und sonst nichts.