Wie geschickt: eine "Volks"-Bewegung mit dem deutschen "Buzzword" "Pro" zu einem auch verbal prädestinierten Partner einer positiven Grundassoziations- und Konnotations-Kette zu machen.
Eine "Pro"test-Bewegung, die dafür ist, dagegen sein zu wollen: "Überall in Deutschland wachsen Moscheen wie Pilze aus dem Boden, der Muezzinruf und Kopftücher überfluten unsere Straßen ... "
Dazu der OB von Köln, Fritz Schramma, CDU in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk:
Jeder, der sich an so einer Aktion wie dem "Anti-Islamisierungskongrss" beteiligen würde, riskiere sogleich am Tag danach einen Parteiausschluss. Die Stadt sei weltoffen und tolerant, aber an einem bestimmten Punkt höre die Toleranz auf. [1]
"Wir werden uns lautstark und deutlich dagegen wehren gegen jene, die versuchen, mit Stammtischparolen den Menschen Angst zu machen. Ich bin als OB nicht ausschlisslich der Partei verpflichtetet, sondern dem Gesamtwohl der Stadt. Und ich mache das aus Überzeugung und aus dem Herzen heraus, als gebürtiger Kölner. Und nicht aus Kalkül. Die Menschen, die heute hier leben, wollen hier auch bleiben. Und die werden auch sicherlich versuchen, eine neue Form des Islam zu finden und zu leben."
Super geschickt ist auch, wie die Pro-Bewegung sich all der "klassischen" längst über Bord geworfen geglaubten Klischees und Resentiments bedient: vom Gespenst, das in Europa umgeht bis hin zum Faschismusvorwurf gegen die Linke, vom "Judas verrecke"-Zitat bis hin zur Verunglimpung der Atomkraft-Gegner. Sowie hier - samt Untertitel - abgebildet auf der Online-Seite der "Bürgerbewegung pro Nordrhein-Westfalen" mit Datum vom 10. September 2008.
Damit ist alles gesagt - und was wird getan?
Es ist kaum möglich, von hier in Berlin aus wirklich einen Einblick zu erhalten - und in den Köllner Klüngel schon gar nicht. Ausserdem gibt es nun wahrlich vor der eigenen Haustür mehr als genug, das der kritischen Beobachtung und gelegentlich auch des entschiedenen Eingreifens bedarf.
Eine Stunde nach dem Themenschwerpunkt gibt es im gleichen Sender im Kalenderblatt einen Beitrag von Dietmar Polaczek, in dem an die Uraufführung von Mahlers siebenter Sinfonie in der Konzerthalle zu Prag von vor genau 100 Jahren erinnert wird.
Im Verlauf dieses Beitrags wird auf den Mahler-Dirigenten Michael Gielen verwiesen, der auf die Lebensgeschichte Mahlers eingeht und sagt:
"Die Psychoanalyse kennt ja den Begriff der Identifikation mit dem Feind, und er [Mahler] tut des Guten wirklich zu viel. Die Siebente versucht eben mit Gewalt, über dieses Todessyndrom, über diese Obsession mit dem eigenen Tod hinwegzukommen."
Und am Schluss heisst es:
" Das Finale der Siebten hat die Züge einer Collage, mit übereinandergeschichteten heterogenen Elementen und deutlichen Zitaten aus den ’Meistersingern’.
Als Hitler Österreich annektierte, wurde die Mahlerstraße neben der Staatsoper in Meistersinger-Straße umbenannt".
Was als lernen wir aus der/dieser Geschichte?
Den Anfängen zu wehren. Und: Aus dem "The Me Nobody Knows" ein "Pro Me" zu machen.
Am gleichen Tag...
... spricht sich der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner [2], gegen den Verfall der journalistischen Qualitäten im Internet aus, wo ja nun jeder seine Meinung in Wort, Schrift und Bild weltweit zum Ausdruck bringen könne - so die letzte der Nachrichten-Meldungen des Deutschlandfunks, deren Quelle bislang nicht aufgefunden werden konnte, auch nicht auf der wirklich gut ausgestalteten Medienseite des Erzbistums Köln.
... wird am Abend dieses Tages von der DPRG, der Deutschen Public Relations Gesellschaft e.V. und dem F.A.Z.-Institut an Kardinal Lehmann für seine "herausragende persönliche internationale Kommunikationsleistung" zum "Kommunikator des Jahres 2008" der Deutsche PR-Preis 2008 verliehen