Hier im Überblick eine Reihe von nationalen und internationalen Pressereaktionen zu den Wahlergebnissen in der Stadt New York [1] und im Staat New Jersey, so wie sie heute im Verlauf des Tages für das Programm des Deutschlandfunks ausgesucht und verlesen wurden:
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:
"Nach Rudy Giuliani und Michael Bloomberg wird New York demnächst wieder von einem demokratischen Bürgermeister regiert - erstmals seit zwanzig Jahren. Offenkundig war die Sehnsucht nach einem Wechsel so groß, dass drei Viertel der Wähler den Demokraten Bill de Blasio ins Rathaus getragen haben. Es ist ein spektakuläres Ergebnis, auf das sich de Blasio berufen wird, wenn er einen ’progressiven Weg’ einzuschlagen und die Ungleichheit in der Stadt zu bekämpfen versuchen wird. Die Republikaner stehen vor schweren Richtungskämpfen. Und New Yorks politisches Herz schlägt künftig ziemlich links"
GULF NEWS, Dubai:
"De Blasio steht im krassen Gegensatz zu seinem Vorgänger Bloomberg" [...] "Er präsentiert sich als einfacher Mann von der Straße. Das zeigt allein schon seine Siegerparty. Die fand in einem Bürgerzentrum statt und nicht - wie sonst üblich - in einem großen Ballsaal eines Luxushotels. New York erlebt einen echten Wechsel - einen Wechsel der Politik und des Führungstils"
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG, Halle:
"De Blasios Wahl reiht sich ein in Erfolge linker und moderater Kandidaten gegen Tea-Party-Konkurrenten anderswo. Das könnte auch eine Ermutigung für Präsident Obama sein, seine Agenda für mehr Gerechtigkeit voranzutreiben und nicht zurückzustecken."
TAGESZEITUNG, Berlin:
"Natürlich ist der überwältigende Wahlsieg des liberalen Demokraten Bill de Blasio in New York die Nachricht des Tages in den USA. Die Ära Bloomberg ist zu Ende, und de Blasio und seine Familie - seine afroamerikanische Ehefrau und ihre gemeinsamen Kinder - geben ein wunderbares Titelbild ab und scheinen das heutige New York so viel besser zu repräsentieren als der alte Wirtschaftsnachrichtenmogul Michael Bloomberg"
WELT, Berlin:
"20 Jahre mussten die Demokraten warten, bis sie den prestigeträchtigen Bürgermeister-Sitz in New York wieder besetzen durften. Und dann gelang das gleich einem ausgemachten Parteilinken. In New Jersey, zumeist sicheres Terrain für die Demokraten, wurde mit Chris Christie ein Republikaner gewählt. Im Swingstate Virginia wiederum lautet eine vermeintliche Grundregel, dass dort die Partei den Gouverneur stellen darf, die nicht im Weißen Haus regiert. Aber mit Terry McAuliffe übernimmt dort ein Demokrat das Gouverneursamt. Und im bankrotten Detroit wurde mit Mike Duggan erstmals seit 1973 wieder ein Weißer zum Bürgermeister gewählt. Fazit: Ein Linker regiert New York, ein Schwarzer das Weiße Haus, ein Weißer Detroit, ein Republikaner New Jersey. Es sei erneut vor Klischees über die USA gewarnt"
DIARIO DE NOTICIAS, Lissabon:
"Bei den Wahlen haben sich zwei Sieger herauskristallisiert: Mit Bill de Blasio stellen die Demokraten zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder den Bürgermeister von New York, und der Republikaner Chris Christie wurde erneut zum Gouverneur von New Jersey gewählt. Weder die Millionenmetropole noch der angrenzende Bundesstaat sind sonderlich repräsentativ für das übrige Amerika, denn die Wählerschaft ist dort überwiegend eher liberal, aber die Botschaft an die Republikaner war klar: Eine Politik der Mitte ist die bessere Formel für einen Erfolg als der Marsch nach rechts, wie ihn die Tea-Party-Bewegung in den letzten Jahren forciert hat. Die Begeisterung in New Jersey für Christie ist so groß, dass er schon als republikanischer Präsidentschaftskandidat für 2016 gehandelt wird"
JIEFANG RIBAO, Shanghai:
"De Blasio hat einen sehr klugen Wahlkampf geführt" [...] "Wenn es um die Stimmen der Zuwanderer ging, hob er seinen multikulturellen Familien-Hintergrund hervor und sprach sich für die Reform der Migrationspolitik aus. Er erkannte die Problematik des sozialen Gefälles in der Stadt und punktete mit der Reichen-Steuer bei den sozial Schwachen. Der Mittelschicht versprach er Investition in die Bildung. Sein deutlicher Sieg zeigt: Die Bürger wollten endlich einem Politikwechsel. Aber den New Yorkern wird auch klar sein, dass de Blasio unmöglich all seine Wahlversprechen umsetzen kann"
LIDOVE NOVINY, Prag & Brno:
"Der Trend in den USA ist klar: Kandidaten mit einer ausgeprägten Ideologie fallen bei den Wählern durch, gemäßigtere Politiker hingegen triumphieren: Während Christie in New Jersey haushoch gewann, ist der sozial konservative Ken Cuccinelli in Virginia durchgefallen. Stattdessen ist hier Terry McAuliffe, ein Clinton-Anhänger und Vertreter der gemäßigten Mitte Gouverneur geworden. Ähnlich verhält es sich mit dem neuen Bürgermeister von New York, Bill de Blasio. Nach den Partei-Gefechten im Kongress, die das ganze Land lahmgelegt haben, ist es kein Wunder, dass sich die Wähler zur politischen Mitte hin orientieren"
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG:
"Ursprünglich ein Liebling der Tea-Party-Bewegung, hat er sich inzwischen recht deutlich von den doktrinären Hitzköpfen in seiner Partei distanziert. Ob der radikale republikanische Flügel damit zur Einsicht kommt, dass es wichtiger ist, Wahlen zu gewinnen, als die reine Lehre zu verteidigen, bleibt fraglich. Immerhin hat aber Gouverneur Christie in New Jersey demonstriert, dass Kompromissbereitschaft keine Sünde ist, sondern sich politisch auszahlt. Christie gehört nun automatisch zu den Favoriten im Feld der republikanischen Präsidentschaftsanwärter für 2016"
NRC HANDELSBLAD, Amsterdam:
"De Blasio ist die Personifizierung von einem New York, wie es viele Einwohner gern sehen: tolerant, großzügig, liberal" [...] "De Blasio hat keine Angst davor, als links bezeichnet zu werden. Das macht ihn zu einer Ausnahmeerscheinung in der amerikanischen Politik. Ohne Scheu benennt er die europäische Sozialdemokratie als Vorbild und tritt für eine gerechtere Verteilung des Wohlstands ein. Doch es ist fraglich, ob er tatsächlich so viel Spielraum hat, um der Stadt ein anderes Gesicht zu geben. Die zahlreichen Neubauprojekte seines Vorgängers Bloomberg kann er nicht zurückdrehen. Steuern kann er kaum erhöhen; das ist zumeist Sache des Bundesstaates New York. Was er jedoch erreichen kann, ist eine liberalere Tonart in der Stadtverwaltung"
THE TIMES, London:
"Die Republikaner brauchen Männer wie den Gouverneur von New Jersey. Nach seinem Wahlsieg ist Christie in einer guten Position, um die Linie seiner Partei zu bestimmen, und um ihr Führer und Präsidentschaftskandidat zu werden. Christie wird in zwei Wochen Vorsitzender der Vereinigung republikanischer Gouverneure. Von den republikanischen Kongressabgeordneten ist ohnehin keine vernünftige Führung der Partei zu erwarten. Deshalb werden die Gouverneure das Schicksal der Partei in die Hände nehmen müssen. Gouverneur Christie kann das, was in New Jersey funktioniert hat, auf das ganze Land übertragen - Ein Präsident Chris Christie? Den Amerikanern könnte Schlimmeres passieren!"
THE WASHINGTON POST:
"De Blasio wird zum Testfall für die ganze Nation. Nach seinem erdrutschartigen Sieg in New York will er gegen die zunehmende Spaltung der Gesellschaft vorgehen. In seiner Siegesrede, die wie ein Manifest für einen neuen progressiven Weg klang, bezeichnete er die Ungleichheit als größte Herausforderung unserer Zeit. Er erneuerte seine Forderung nach moderaten Steuererhöhungen, um ärmeren Kindern eine bessere Ausbildung und damit ein erfolgreiches Leben zu ermöglichen. New York war immer eine liberale Stadt, aber seit 1989 ist kein so Progressiver mehr ins Rathaus eingezogen"