Eben noch, am 23. November 2010, hält die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Dr. Ursula von der Leyen am Vorabend der CeBIT VISION [1] den Vortrag "Internet und Jugend – Für freie Kommunikation in gemeinsamer Verantwortung“.
Und sie beginnt ihren Vortrag mit den Sätzen:
"Ich habe als Bundesjugendministerin in den vergangenen Monaten etwas erlebt, was man vielleicht eher als den Zusammenprall scheinbar unvereinbarer Welten bezeichnen kann. [...] Es ist von einem Clash die Rede gewesen, es ist von einem digitalen Generationenkonflikt die Rede gewesen. Wenn man sehr vereinfacht, dann war das Verhalten so: _ Auf Seiten der Internetgemeinde: Es kann doch nicht sein, dass der Staat Internetseiten sperrt. Und auf Seiten der Kinderschützer die Haltung: "Es kann doch nicht sein, dass im Internet die Bilder von der Vergewaltigung von Kindern frei zugänglich sind." [2]
Am 27. November 2009 hat die Bundeskanzlerin die Entscheidung des ehemaligen Bundesverteidigungsministers, zurückzutreten, "mit Respekt und Hochachtung zur Kenntnis genommen". Uns sie fährt fort:
" Ich habe dem Bundespräsidenten heute vorgeschlagen, dass als Nachfolgerin von Franz Josef Jung Ursula von der Leyen Bundesarbeitsministerin wird." [3]
Am 28. November 2009 stürzt sich alle Welt auf die Spiegel-Online-Nachricht, dass der Bundespräsident das "Internetsperren-Gesetz" vorerst nicht unterschreiben wolle und bei der Bundesregierung um "ergänzende Informationen" nachgesucht habe.
Dazu Georg Schwarte vom NDR für die ARD Berlin:
Zu diesem Zeitpunkt steht bereits fest, dass ab Montag, dem 30. November 2009 eine neue Familienministerin im Amt sein wird: Kristina Köhler.
Zur gleichen Zeit hat sich aber auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann in einem Interview mit dem Magazin "promedia" zum Thema Urheberrecht und Internetsperren geäussert und gesagt:
"Angesichts der Vielzahl der Fragen lässt sich kaum eine einzelne herausgreifen, mir ist es aber – als Leitgedanke – wichtig, dass wir die Rolle des Urhebers als Ausgangspunkt und Motor des kreativen Schaffens und unseres gesamten kulturellen Lebens angemessen würdigen. Das gilt es vor allem bei den Fragen der Vergütung zu berücksichtigen. [...]
Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, andere Beispiele in den europäischen Mitgliedstaaten aufmerksam zu verfolgen, und wir werden sehen, wie sich die Praxis in Frankreich entwickelt. Mit Interesse habe ich auch zur Kenntnis genommen, dass im Vereinigten Königreich offenbar ähnliche Pläne wie in Frankreich verfolgt werden. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir zwar keine Initiativen für gesetzliche Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen ergreifen, dafür aber die Möglichkeiten der Selbstregulierung unter Beteiligung von Rechteinhabern und Internetserviceprovidern fördern wollen. Wir müssen hier zu einer Lösung kommen, denn ansonsten wird es schwierig, einer weiteren Aufgabe aus dem Koalitionsvertrag, der wirksamen Durchsetzung des Urheberrechts, gerecht zu werden." [4]
Diese Position aber ist wiederum auf dem Hintergrund der EU-Entscheidung in Sachen ITK zu sehen, die ebenfalls in dieser Woche über die Bühne gegangen ist [5].
Auch wenn sich manche hochfliegenden Erwartungen in Bezug auf diese jetzt beschlossenen Massnahmen nicht erfüllt haben mögen, sind so doch so wichtig, dass die "12 Reformen zur Stärkung der Verbraucherrechte, für ein offenes Internet, einen Telekom-Binnenmarkt und schnelle Internetanschlüsse für alle Bürger" hier nochmals im Wortlaut vor- und zur Verfügung gestellt werden:
Im Artikel 1(3)a der neuen "Framework Directive" heisst es nun ausdrücklich:
“Measures taken by Member States regarding end-users’ access to or use of services and applications through electronic communications networks shall respect the fundamental rights and freedoms of natural persons, as guaranteed by the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms and general principles of Community law.
Any of these measures regarding end-users’ access to or use of services and applications through electronic communications networks liable to restrict those fundamental rights or freedoms may only be imposed if they are appropriate, proportionate and necessary within a democratic society, and their implementation shall be subject to adequate procedural safeguards in conformity with the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms and general principles of Community law, including effective judicial protection and due process. Accordingly, these measures may only be taken with due respect for the principle of presumption of innocence and the right to privacy. A prior fair and impartial procedure shall be guaranteed, including the right to be heard of the person or persons concerned, subject to the need for appropriate conditions and procedural arrangements in duly substantiated cases of urgency in conformity with the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms. The right to an effective and timely judicial review shall be guaranteed.”