Diese CeBIT Nachlese vom Montag, den 10. März 2008 wurde erst zur Wochenmitte fertiggestellt: zu vielfältig waren die Erlebnisse und Erfahrungen von der vergangenen Woche, zu widersprüchlich – und auch zu persönlich. Und dennoch soll von alledem auch etwas hier wiedergegeben werden, zumal das Engagement – wie noch 10 Jahre zuvor bei der IFA – über die Rolle des Augen- und Ohrenzeugen über den einmaligen Besuch dieser Messe hinaus gewachsen ist.
I.
Dass diese Messe in diesem Jahr der Lackmustest für die Zukunft dieser Veranstaltung überhaupt sein würde, war jedem und jeder in der Branche klar. Daher die eigene Entscheidung, sich im Verlauf der ganzen Woche in Hannover aufzuhalten und sich neben den „Pflicht“-Veranstaltungen wie Eröffnung und wichtige Pressekonferenzen in vielen Fällen und zu vielen Zeitpunkten auch immer wieder ein Stück weit „treiben“ zu lassen. Will sagen, offen zu sein für Einflüsse und Begegnungen vor Ort.
Das geschieht wohlwissend im Gegensatz zu dem Trend der letzten Jahre, dass die Besucher nur noch für immer kürzere Zeit auf die Messe kommen, dabei aber eine immer höher Anzahl von Kontakten realisieren. Und dass diese Kontakte und Informationswünsche schon so gut wie weitgehend im Vorfeld der Messe vorbereitet worden sind.
Und dass war gut so. Denn „Die Messe“ als solche gibt es schon lange nicht mehr. Es gibt vielmehr unter dem Dach der CeBIT – das ja auch in dem Plakat dieser Show für den Standort Hannover einmontiert worden ist [1]. Wer also etwas von diesem – wie manchmal spöttelnd gesagt wird „Gemischwarenladen“ mitbekommen will, muss sich auf dieses vielfältige Nebeneinander zumindest ein Stück weit einlassen, wenn er oder sie dennoch überhaupt über die Messe als Ganzes berichten will.
II.
Ein weiterer Grund, sich für diese Zeilen einige Tag Zeit zu nehmen war der Umstand, dass mit dem Verlassen des Geländes am Sonnabend-Abend sich die Notwendigkeit einstellte, nun wieder über den Computer mit dem letzten Folgetag und den Nachwirkungen der Reise zu tun zu haben – und all das gelang nicht nach Wunsch.
Hier nur zwei Beispiele als pars pro toto. Das erste Beispiel:
Um an der Abschlusspressekonferenz teilzunehmen wurden auf der CeBIT.de-Seite – die nun auch tatsächlich deutschsprachig daherkommt – Nutzername und Passwort eingegeben und der grau unterlegte Button „Presseservice“ angeklickt, danach die „Pressetermine“, danach der „9. März 2008“ und danach der Eintrag: „Deutsche Messe Abschluss-Pressekonferenz, 11:00 - 12:00 CC, Saal 3B“. In der Überschrift zu dieser Liste, in der auch weitere täglich aktualisierte Termine stehen heisst es: „Live-Übertragungen von Pressekonferenzen sind mit einem Symbol gekennzeichnet.“
Allein von diesem Termin war kein solcher Live-Eintrag zu erkennen und auch kein Symbol, das darauf irgendwie aufmerksam gemacht hätte. Vielmehr ist von einer PK der TrekStor GmbH die Rede, von einer BMFW-PK über einen „alltagstauglichen Rehabilitationsroboter“ und dem immer wieder auftauchenden Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH, dass sich die ganze Woche hindurch immer und immer wieder mit seinem alltäglichen „Erste Hilfe-Programm gegen Technik-Frust“ zumindest auf den Seiten der Presse-Termine wirkungsvoll in Szene gesetzt hatte.
Auch der Versuch, über die „Veranstaltungssuche“ zum gewünschten Ergebnis, nämlich den Link auf die Abschluss-PK zu gelangen, misslang. Und auch die „myCeBIT“-Seite half da nicht weiter – ebensowenig wie der „persönliche Messeplaner“. All dieses Nachsuchen führte dazu, um nochmals eindrucksvoll unter Beweis zu stellen, wie weit inzwischen die Onlinedienste zur Vorbereitung und Durchführung eines erfolgreichen Messebesuchs ausgebaut worden sind – und wieviel Arbeit noch notwendig ist, um auch den- und diejenige effektiv einbinden zu können, der oder die nicht auf das Messegelände kommen kann oder will.
Des Rätsels Lösung konnte letztendlich nur durch einen Anruf in Hannover geklärt werden. Und so einfach. „Gehen Sie doch einfach auf die Hompage“, so die fast entrüstete klingende wenn auch durchaus freundlich klingende Antwort über soviel Nutzerignoranz, „und dort haben sie einen direkten Zugang zum Streamingsignal“. Stimmt. Die Frau hatte recht. Und so konnte dann zumindest noch das Frage- und Antwort-Spiel Online verfolgt werden. [2] wird nochmals auf dieses Thema eingegangen.
Und das alles von der „hohen Warte“ über dem adf-Areal in Halle 23 :-)
IV.
Das zweite Beispiel: die „Niederungen der Ebene“.
Als es um die Abrechnung der Reise nach Hannover geht, wird im Rahmen des Reisekostenabrechnungsprogramms der Firma Lexware der Routenplaner eingesetzt, der direkt aus der Abrechnung heraus aufgerufen werden kann. Das, was so gut gedacht ist, geht zumindest auf dem eigenen Rechner überhaupt nicht.
Zuvor hatte auch der Besuch auf dem Lexware-Partner-Stand bei Microsoft – der übrigens nicht von Lexware sondern von einer Partnerfirma besetzt war – hatte dennoch Erfolg. Ein kritisches eigenhändig verfasstes Gesprächsprotokoll von dieser Begegnung fand Gehör, führte schliesslich zu einem Dialog mit dem Service-Center des Hauses, der Vergabe einer RMA-Nummer. [3]
Interessant ist das Ganze auch über den eigenen Nutzen hinaus, da mehr und mehr dieser Programme beginnen, sich mit den Herstellern von Navigationsgeräten ins Benehmen zu setzen und deren Fahr-zeug-daten direkt in die eigene Programmumwelt zu übernehmen. So haben sich schon jetzt das Haus Lexware mit den neuen Tom-Tom-Geräten arrangiert und das Wiso-Programm soll angeblich die Daten aus den Navigon-Geräten auslesen können. [4]
V.
Schliesslich aber überschattete die Veranstaltung der Tod eines Mannes, der für die kritische Auseinandersetzung mit der "Computerei" in den USA als auch in Deutschland [5] Wesentliches geleistet hat und daraus dennoch für sich nie irgendein Sonderrecht abgeleitet hätte: Joseph Weizenbaum.
Die einzige Nachricht, die davon im Umfeld der CeBIT-Messe zu sehen war, war die Meldung aus dem Heiseticker vom 6. März 2008 18:42 Uhr:
Der letzte Service: zum Tode von Joseph Weizenbaum.
Bei der Durchsicht der vielzähligen und vielfältigen Nachrufe hier eine ebenso schlichte wie zu-treffende Schrift von Helmut Merschmann, die am 7. März 2008 um 13:10 in SPIEGELONLINE unter der Überschrift publiziert wurde: