Hier zunächst einige kursorischen Aufzeichnungen zum #MVFP23, entstanden vor Ort im Verlauf des Medienkongresses der freien Presse in Berlin an der Spreee, zu guter Letzt ergänzt mit 5 eigenen Punkten zu dem am häufigsten angesprochenen Thema, der sogenannten »Künstlichen Intelligenz«.
Tagesmoderation: Susanne Schöne
09.50 – 10.05 Uhr | Eröffnung
Philipp Welte: Vorstandsvorsitzender MVFP, Vorstand Hubert Burda Media
Aus dieser Rede jener Ausschnitt, in dem es um das Thema der generativen KI geht:
10.05 – 11.00 Uhr | Relevanz der freien Presse für eine demokratische Gesellschaft
IMPULS:
Günther H. Oettinger: Ehemaliges Mitglied und Vizepräsident der Europäischen Kommission; Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg a.D.
MODERATION:
Jörg Quoos: Chefredakteur FUNKE Zentralredaktion
DISKUSSIONSRUNDE:
Günther H. Oettinger: Ehemaliges Mitglied und Vizepräsident der Europäischen Kommission; Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg a.D.
Prof. Dr. Renate Köcher: Geschäftsführerin, Institut für Demoskopie Allensbach
René Pfister: Büroleiter in Washington D.C., SPIEGEL
Philipp Welte: Vorstandsvorsitzender MVFP, Vorstand Hubert Burda Media
Während Frau Köcher deutlich macht, wie wichtig die Rolle der immer noch etablierten Presse sei, ist die Herren-Welt auf dem Podium voll von Unkenrufen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in der BRD sei nicht mehr en faveur der Demokratie. Die AfD habe in der Sonntagsfrage fast 20% erhalten. Die wirtschaftliche Bedeutung des Landes im internationalen Ranking würde von der Position 14 auf 18 weiter absinken.,, Es gibt viele zum Teil drastische Erklärungen über den Zustand und die Zukunft der Republik, vor allem vom Gastredner Oettinger - der, kaum war er vom Podium gestiegen, auch schon den Saal und die Veranstaltung verlassen hatte.
Daher an dieser Stelle noch zwei weitere Ausschnitte aus den Ausführungen von Philipp Welte:
– über die Verpflichtungen der Branche und auch die Fehler [1], die gemacht wurden:
– über das eigene Selbstverständnis der Branche - in Abgrenzung zu ARD. ZDF und Deutschlandradio [2]:
11.45 - 12.00 Uhr | Interview Pressefreiheit
Stephan Scherzer: Bundesgeschäftsführer Medienverband der freien Presse
Lukas Diko: Vositzender Investigative Center of Jan Kuciak
Lukas macht klar, dass investigativer Journalismus die letzte Bastion zur Verteidigung demokratischer Freiheiten sei. Nach der Ermordung von Jan gab es eine hohe Euphorie für diesen Job, aber heute sind es in der Slowakei vielleicht zehn Personen, die ihn ausübten. Und dabei sei die Situation in seinem Land immer noch besser als in Ungarn oder in Polen.
Message to the audience: Wir kämpfen den Krieg für die Wahrheit und Aufrichtigkeit.
12.00 – 12.45 Uhr | Journalistenrunde: Pressefreiheit im Spannungsfeld von Krieg, Krise, Klima
MODERATION:
Franziska Reich: Chefredakteurin FOCUS
DISKUSSIONSRUNDE:
Bojan Pancevski: Deutschland-Korrespondent beim Wall Street Journal
Jan Jessen: NRZ/Auslands-Reporter FUNKE Mediengruppe
Susanne Koelbl: Auslandskorrespondentin, Der SPIEGEL
Paul Ronzheimer: stv. Chefredakteur BILD, Axel Springer
Die wichtigste Aufgabe der JournalistInnen sei es, die Quellen zu schützen. Die persönlichen Kontakte sind vielfach wichtiger als die Kontakte zu den Presseoffizieren. Aber auch für die Ukraine gilt es, dass dort nach wie vor nur das Kriegsfernsehen in die Bevölkerung ausgestrahlt wird. Aber es sei empfohlen, alles tatsächlich autorisieren zu lassen.
Und Deutschland? Auch dort sind die Journalisten mehr gefährdet als früher. Aber die Gefahr geht eher von der Bevölkerung aus als von staatlichen Stellen.
14.00 – 14.30 Uhr | Interview: Transformation & Zukunftsgestaltung
Giovanni di Lorenzo: Chefredakteur DIE ZEIT im Interview mit
Amelie Marie Weber: FUNKE Mediengruppe
Wir wollen nach wie vor das geschlossene Produkt stärken. Wir haben keine Online-First-Strategie, sondern eine Abo-First-Strategie. Die "gewissen kulturellen Unterschiede tragen eher zur Bereicherung bei": Wochenende Print und unter der Woche online, das sei die Traum-Kombi. Und: Wir kümmern uns um die Leser. Sogar mit Leseparlamenten. "Wir haben versucht, die LeserInnen auszuforschen bis aufs Hemd. Das war irreführend und hat viel Geld gekostet". Und so dürfe heute wieder stärker das Bauchgefühl obsiegen. Kreativität, Originalität und die Tonlage machen nach wie vor den Erfolg aus. Social Media? Wenn ja, dann muss man das auch bedienen. "Ich halte twitter für ein Verzerrungsmedium", auch wenn es im Prinzip eine gute Idee sei. "Wenn man Angst hat, sich blamieren zu können, wird man keinen Erfolg haben".
Was tun? Grössere Lesbarkeit, Erweiterung des Themenspektrums. Möglichst wenig auf Medienberater hören!
14.30 – 14.50 Uhr | Keynote Politik: Wolfgang Schmidt
Wolfgang Schmidt: Bundesminister für besondere Aufgaben/Chef des Bundeskanzleramtes
Hier nur wenige Stichworte des angeblich gern angenommenen Pflichtbesuchs ohne konkrete Ankündigungen: "Ich bin ja eigentlich so gar nicht zuständig... und natürlich bin ich befangen."
Die Lösung von der letzten Legislatur war eine gute. Zur Zeit prüfen wir, ob Innovations-Förderung statt Zustell-Förderung. KI und Copyright? Wir sind alle noch in dem von Angela Merkel bezeichneten ’Neuland’ unterwegs. "Ich freue mich, dass ich mich ärgern kann."
14.50 – 15.25 Uhr | KI als Gamechanger – Innovationstreiber oder Untergang des Abendlandes?
MODERATION:
Susanne Schöne: Moderatorin
IMPULS:
Stefan Ottlitz: Geschäftsführer, Leiter Produktentwicklung, SPIEGEL
PANEL:
Samir Fadlallah: CIO, Axel Springer
Lorenz Lehmhaus: Head of Communications, Aleph Alpha
Stefan Ottlitz: Geschäftsführer, Leiter Produktentwicklung, SPIEGEL
Impuls: alle Bilder in dieser Präsentation sind geklaut... Auf der aktuellen Apple-Präsentation wird gezeigt, wie immersive die Informationsnutzung aussehen wird. Als Verlage und Verleger müssen wir mit denen kooperieren. Wir können viel mit diesen neuen Assistenz-Funktionen realisieren und werden, ja, dabei auch Arbeitsplätze abbauen.
Die Moderatorin hat abschliessend auch eine Meinung und sagt: nicht die KI wird Arbeitsplätze klauen, sondern jene Menschen, die KI nutzen werden den Menschen, die sie nicht nutzen, die Arbeitsplätze klauen.
15.45 – 16.15 Uhr | Social Media: Positionierung als Medienmarke und attraktiver Arbeitgeber in einem – geht das?
MODERATION:
Mandy Schamber: Lead Managerin Social Media, dfv Mediengruppe
DISKUSSIONSRUNDE:
Amelie Marie Weber: Head of Social Media, FUNKE Mediengruppe
Leonore von Papp: Head of Content, Reichweite & Analytics, Deutscher Landwirtschaftsverlag
Ibo Ahmiane aka Prof. Finanzen: Social Media Creator
Bei der Suche nach neuen MitarbeiterInnen ist die Persönlichkeit noch bedeutender als die Marke des Medienhauses. Wie weit soll(te) das reglementiert werden? Möglichst wenig. Aber ein systematisches Vorgehen ist von Vorteil. Learnings? 1.) Diese Freiheit ist wichtig, wenige Vorgaben. 2.) Niemand sollte dazu gezwungen werden. 3.) Es müssen Bühnen geboten werden. 4.) Authentizität 5.) Beständigkeit.
16.15 – 16.55 Uhr | Paid Content – Best Practice national und international (Economist)
JE 10 Minuten BEST PRACTICE & DISKUSSION:
Wolfgang Rakel: Chefredakteur , DNV – DER NEUE VERTRIEB, Presse Fachverlag
Nico Wilfer: Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dr. Volker Zota: Chefredakteur, heise online
Vendeline von Bredow: Senior Germany Correspondent, The Economist
Nach 10 Jahren wurden die low-hanging-fruits geerntet. Sei es durch Migration von Print auf Online, sei es durch die Ansprache von Leuten, die noch genug Geld haben. Und was jetzt?
NW: Jetzt ist es viel schwieriger als der Anfang. Dafür gilt mehr denn je: Gute Inhalte entscheiden!
Nicht nur die klassischen Themen konvertieren, sondern auch lebensweltliche Themen. Es lebe das "Stil"-Ressort.
Der Wachstumsschub liegt in product and sales.
Dorthin gehen, wo die potenziellen Kunden sind. 40% paid, viel mehr wird nicht mehr gehen.
Es geht um Engagement und Beständigkeit.
Fear-of-missing-out... es geht um Kundenbindung.
KI? Ja. Schon heute bei: Personalisierung, Paid-Content-Steuerung, Print oder Digital? Wer mag welche Themen und ModeratorInnen?
VvB: Die Topp-of-the-App- Geschichten werden immer wichtiger. Zeitschrift und Online sind total integriert. Digital only ist out: less is more. Newsletters mit 2,6 Mio non-subscribers. Neu: "By invitation" mit Leuten, auch wenn diese kontrovers denken. Erstaunlich, bei den 5 gift-articles sind es vor allem jene aus dem Bereich science, die verschenkt werden.
VZ: Die Magazin-Kunden sind Bestandskunden, die sich abschalten, wenn diese nicht mehr im Beruf sind. Oder sie haben zu wenig Zeit. Oder sagen, es sei zu teuer. Was funktioniert bei den Neukunden , das sind die Jahresabos. Die Redaktionen müssen sich komplett umbauen. YouTube ist immer noch schwierig. Aber es gibt eine sehr aktive Community. Die müssen wir "umarmen und ankletten".
16.55 – 17.00 Uhr | Abschlussrunde und Resumee
Stephan Scherzer: Bundesgeschäftsführer Medienverband der freien Presse
Susanne Schöne: Moderatorin
Über dieses neue Format, die Themen und ReferentInnen wurde mehrfach mit und im Team des Veranstalters diskutiert und all diese – insgesamt eher positiven – Kommentare, werden aber zunächst unter dem Schutzmantel des Dialoges Unter Dreien verbleiben. Aber...
... nachdem immer wieder und fast von allen Stellungnahmen zum Thema von ChatGPT & Co zu hören waren, hier diese fünf Punkte aus eigener (Ein-)Sicht:
1. Dass wir erst jetzt darüber so viel sprechen, bedeutet (dennoch) nicht, dass dieses Thema neu sei. Neu ist der breite internationale und zunächst kostenfreie Zugang für Jung und Alte, jede und jedem, in Englisch, Deutsch und vielen weiteren Sprachen.
2. Es bleibt dabei: Die Rechner sind „dumm“, haben eine gute Logik und Statistik, aber kein Wissen um das, was sie uns an Wissen preisgeben. Die Verantwortung um das, was wir davon anderen preisgeben, obliegt ausschliesslich uns Menschen.
3. Damit stehen wir als JournalistInnen und VerlegerInnen in einer jeweils besonderen Verantwortung. Diese mag in Zukunft weniger umfassend sein als aktuell, aber sie wird uns weder von noch so guten Gesetzen noch von einer noch weiter entwickelten Technologie abgenommen werden können.
4. Aus der "vierten Macht im Staat" könnten wir uns zu einer "vierten Autorität in der Gesellschaft" emanzipieren. Der bisher schon geltende Anspruch auf Qualität wird eine neue Rechtfertigung für eine auch wirtschaftlich tragfähige Existenz erhalten. Und der moralische Anspruch auf Menschlichkeit könnte eine neue technologiebetonte Qualität der mentalen Souveränität erfahren.
5. Der Weg dahin wird die Barrieren zwischen öffentlich-rechtlich und privatwirtschaftlich, zwischen politisch und privat, zwischen stofflich und virtuell, zwischen Brand und Persönlichkeit, ... , infrage stellen. Schon bisher war die menschliche Intelligenz für die, die sie zu nutzen verstanden, Segen und Fluch zugleich. Sie synthetisieren zu können, gebiert ein Alter Ego, das zur selbst verursachten Unmündigkeit verführt, anstatt sich dieser zu erwehren.