"Bienen" in Berlin fuer mangelnde Barrieren

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 5. Dezember 2004 um 22 Uhr 06 Minuten

 

Die Aktion Mensch und die Stiftung Digitale Chancen haben gestern in Berlin die besten deutschsprachigen, barrierefreien Websites mit dem BIENE-Award ausgezeichnet. Goldene BIENEN gingen an die Postbank und den Integrationsfachdienst Profil Hamburg. Insgesamt wurden 19 Internetangebote für ihre besondere Zugänglichkeit ausgezeichnet.

Bundeswirtschaftminister Wolfgang Clement betonte in seinem Grußwort, dass jede Internetanwendung sich am Standard Barrierefreiheit orientieren müsse. Hier liege ein erhebliches Innovations- und Wachstumspotential für den Standort „Digitales Deutschland“.

Der Award wurde bereits im zweiten Jahr verliehen. Die Veranstalter verzeichnen einen deutlichen Anstieg bei der Anzahl und Qualität der Einreichungen. Während im vergangenen Jahr in der Kategorie E-Commerce kein Webangebot ausgezeichnet werden konnte, kam nun mit dem Onlinebanking der Postbank ein besonders reichweitenstarkes Angebot mit hoher Relevanz für Menschen mit und ohne Behinderung auf der Gewinnliste. Der Integrationsfachdienst Profil Hamburg wurde in der Kategorie E-Government für die ausgezeichnete Mediennutzung in der Arbeitsvermittlung prämiert.

Die besondere Hürde, komplexe, interaktive Internetauftritte für alle Nutzer gleichermaßen verständlich und zugänglich zu machen, konnte auch von dem Internetshop KH Security, dem Informationsdienst Ernährungsinfo und dem Existenzgründerportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit genommen werden. Für den besonders innovativen Umgang mit Gebärdensprachvideos zur Erklärung von Formularen wurde die Polizei Nordrhein-Westfalen mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Der Schalke 04 Fanclub „Blauer Ball“ erhielt für seine Website rund um ein barrierefreies „Auf Schalke“ ebenfalls einen Sonderpreis.

BIENE 2004: Ergebnisse in der Übersicht

 Kategorie Bildung, Wissenschaft, Forschung

Gold: -

Silber: Sonnenrainschule www.sonnenrainschule.de

Bronze: Sprachenzentrum der FU Berlin www.sprachenzentrum.fu-berlin.de

 Kategorie Kultur und Gesellschaft

Gold: -

Silber: Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas www.stiftung-denkmal.de

Bronze: Erlebbares Radolfzell www.erlebbares-radolfzell.de

Ernährungsinfo www.ernaehrungs.info

Zen im Norden Deutschlands www.zen-berlin.org

 Kategorie E-Government

Gold: Integrationsfachdienst Hamburg www.profil-hh.de

Silber: Existenzgründer www.existenzgruender.de

Bronze: Gemeinde Schönefeld www.gemeinde-schoenefeld.de

SPD-Much www.spd-much.de

 Kategorie Medien

Gold: -

Silber: -

Bronze: Ohrenkuss www.ohrenkuss.de

 Kategorie E-Commerce

Gold: [Postbank (Bereich: Onlinebanking) https://banking.postbank.de

Silber: Hebammenpraxis Radolfzell www.hebammenpraxis-radolfzell.de

Heynck Lebensart www.heynck-lebensart.de

Bronze: KH Security www.kh-security.de

 Sonderpreis für leichte Sprache

Fanclub FC Schalke Blauer Ball www.blauer-ball.de

 Sonderpreis für Gebärdensprache

Bürgerservice der Polizei NRW https://service.polizei.nrw.de/egov...

 Sonderpreis für Barrierefreiheit im Internet

Barrierekompass www.barrierekompass.de

Styleguide der Bundeswehr www.styleguide.bundeswehr.de/

Vorreiter der Zukunftstechnologien

Für Dieter Gutschick, Geschäftsführer der Aktion Mensch, zeigt der BIENE-Award 2004, dass die Bedeutung von barrierefreiem Webdesign in Deutschland inzwischen von vielen erkannt wurde. „Als Ge­schäftsführer einer Organisation, die sich in 40 Jahren zum größten privaten Förderer der Behindertenhilfe und -selbsthilfe in Deutschland entwickelt hat, freue ich mich na­türlich, dass Menschen mit Behinderungen gerade auf dem Gebiet der Zukunftstech­nologien eine Vorreiterrolle für Innovation erworben haben.“ Technologien, die entwickelt wurden, damit zum Beispiel Blinde per Braillezeile durch das Internet surfen können, ermögliche heute auch den nichtbehin­derten Nutzern von Handys und mobilen Handcomputern den Zugang zum Netz. Diese Erkenntnis an die breite Öffentlichkeit zu bringen, sei eine der Aufgaben der Aktion Mensch.

Volkmar Strauch, Staatssekretär für Wirtschaft beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, Berlin, betonte, dass ein barrierefreies Internet und Webdesign auch wirtschaftliche Vorteile bringe. „Die Reichweite von Internetpräsenzen kann durch eine schlanke Programmierung für kürzere Ladezeiten und damit geringere Kosten und in der Regel höhere Akzeptanz sorgen“, erklärte Strauch. Aus diesem Grund sei es an der Zeit, „alte Zöpfe abzuschneiden“ und Schritt für Schritt bei Relaunches und Neustarts auf Zugänglichkeit und barrierefreie Gestaltung für alle Nutzergruppen zu achten. Die digitale Wirtschaft dürfe diesen wichtigen Trend in einem der größten Wachstumsmärkte weltweit nicht verpassen.

„Es darf keine Digitale Spaltung geben“

Für Bundesinnenminister Otto Schily zeigt der BIENE-Award die Ernsthaftigkeit, mit der in Deutschland die unter Federführung seines Ministeriums erarbeiteten gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgestaltet würden. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Behinderten, Karl Hermann Haack, warnte in diesem Zusammenhang davor zuzulassen, im Internet nicht diejenigen zu verlieren, die gerade für die Bürger­gesellschaft zurückgewonnen wurden: ältere Menschen, Arbeitslose, behinderte Menschen, Hausfrauen, Jugendliche. „Es darf keine Digitale Spaltung der Gesellschaft geben.“ Daher wäre es sehr problematisch, wenn der Bund, jedes Bundesland und jede einzelne Kommune verschiedene Standards für Barrierefreiheit einführten.

Ziel des BIENE-Award war auch in diesem Jahr, Angebote zu identifizieren, die für Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen interessant und nutzbar sind. Herbert Kubicek, Professor für angewandte Informatik an der Universität Bremen und Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung Digitale Chancen sieht in der gründlichen Evaluation einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einheitlichen Qualitätsstandards. Weiter seien die Prüfkriterien mit insgesamt über 200 Prüfschritten in diesem Jahr bereits mit der Ausschreibung im Internet veröffentlicht worden. So konnten sich die Bewerber bereits im Vorfeld an den Anforderungen des Wettbewerbs orientieren.


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