Reise Skizze V

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 27. Juni 2021 um 18 Uhr 11 Minuten

 

I

Dieser Text entsteht auf dem Flughafen auf Gran Canaria. In den vielen Wartestunden, die zwischen der Ankunft aus Lanzarote und dem Abflug in Richtung Berlin noch vergehen werden. Und ist daher gute Gelegenheit – nach dem Fertigstellen und Versenden einiger weniger Postkarten – nochmals die bisherigen Reise-Reports nach- bzw. auch Korrektur zu lesen.
Und es fällt auf, dass in den – vielleicht doch nicht ganz – zufällig aufgegriffenen Sujets viele mit Themen und Eindrücken zu tun haben, die nicht direkt mit dem aktuellen Urlaubsort und den Verhältnissen dort zu tun haben. Sondern die vielmehr in dieser komfortablen und wohlbetreuten Abgeschiedenheit auf einer zweihundertjährigen Finca Zug um Zug aufgepoppt sind und das persönliche Interesse in Anspruch genommen haben.

II

Wie schon angesprochen, gehörten nicht nur die immer weiter akkumulierenden Träume dazu, die in viele einst bereisten Länder führten und dann wieder ganz aktuelle Ereignisse vor Ort widerspiegelten, sondern vor allem Fragestellungen nach den Prioritäten, die noch für die verbleibende Lebenszeit zu setzen seien.
Beide Themen sind nicht umfassend bearbeitet worden. Und doch haben sich im Kleinen wie im Grossen Erfahrungen akkumuliert, die über diese Urlaubstage hinaus ihren Wert behalten werden. Oder sollte man vorsichtiger sein und schreiben: behalten sollten.
Auch andere Urlaubsvorsätze konnten nicht so umgesetzt werden, wie geplant oder erhofft. Viel Lektüre ist liegengeblieben und auch ein ganzer Stapel mit ‚Denkzetteln‘, die sich über die letzten Monate angesammelt hatten. Never mind

III

Entscheidend war wirklich das rundum gesunde Klima mit Temperaturen, die nie die dreissig Grad überschritten, ein durchaus wechselhaftes Wetter, das aber auch bei den zum Teil ganz überraschenden Verdunkelungen immer wieder aufriss und Anlass gab für neue Hoffnung auf eine gute Zeit. Und dass es tatsächlich in einer der letzten Nächte sogar geregnet hatte, war ja eh‘ das Beste, das der Insel und vor allem den campesinos] dort hat passieren können.
Also alles gut. Diese Insel, einst aus dem Meer durch Eruptionen unter dem Meeresboden entstanden und dann ab 1730 von gewaltigen Ausbrüchen heimgesucht, die jahrelang anhielten, führt zu vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen. Von den Badestränden, die es dennoch (wenn auch nach einigem Suchen) gibt, bis hin zu grossartigen Touren durch die Berge quer über die Insel.
Alles ist supergut ausgebaut. Und die Verwaltung vor Ort muss sich eine goldene Nase „verdient“ haben, angesichts der unendlichen Zahl von Kreisverkehren, mit denen das ganze Land überzogen ist. Auch sonst sind die Leute dort wirklich ‚auf Zack‘. Beim Besuch des Sonntagsmarktes ist die Hygiene- und Temperatur-Probe unerlässlich. Und das Maskentragen wird von Allen mit solch einer Routine und Durchgängigkeit durchgezogen, dass man denken könnte, dass diese seit jeher Teil ihres gesamten Bekleidungsrituals seien.

IV

Ja, es ist festzuhalten, dass es ein grosses Privileg war, in vielen Momenten keine Maske tragen zu müssen: im Haus, im Restaurant am Tisch, am Strand. Und wenige Tage nach der Rückkehr nach Berlin wird am 26. Juni 2021 auch die Maskenpflicht draußen in Spanien aufgehoben worden sein, so wie in Berlin seit dem vergangenen Wochenende.
Derzeit aber hier am Flughafen ist das Maskentragen noch oberstes Gebot, an das fortwährend in mehreren Sprachen über die Lautsprecheransagen erinnert wird (die Zeiten, in denen noch die PAX auf die anstehenden Abflüge per Lautsprecheransagen aufmerksam gemacht wurden, sind seit langem vorbei). Und auch im Flieger, ein Airbus A 320, ist das Maskentragen oberste Pflicht – für Alle.
Die Maschine ist voll ausgebucht, bis auf den letzten Platz besetzt. Die Idee, jetzt endlich Urlaub zu machen, hat inzwischen eingeschlagen und bringt den Betrieb allmählich wieder zum Laufen – trotz aller noch geltenden Einschränkungen. Vom Bordpersonal werden Getränkte, Snacks und später sogar in einem eigenen Durchlauf traveleitems angeboten „heute mit einer Reduktion um 25%“. Aber es gibt keinen Katalog, gar nichts, um sich die Dinge aussuchen zu können. Selbst bei den Uhren bekommst Du auf Anfrage vom Gang nur eine Blisterverpackung gezeigt und sollst Dich dann entscheiden.

V

Immerhin ist dieses kurze Zwischenspiel eine gute Gelegenheit, die eigene Uhr wieder eine Stunde vorzustellen. Und an dieser Stelle ein Loblied zu singen auf eine CITIZEN Eco-Drive. Diese Uhr ist seit mehr als zehn Jahren im Betrieb. Sie hat „four arms]“, also zwei Zeiger für zwei unterschiedliche Zeitzonen, was sich vor allem nach Langstreckenflügen als extrem hilfreich und nützlich erwiesen hat. Auch Nachts, da das Zifferblatt und die Zeiger mit einer fluoriszierenden Schicht bedeckt und daher auch im Dunkeln zu sehen sind. Und das Beste ist der türkisfarbene Hintergrund, der aus einer Fotozelle besteht, die den Akku immer wieder neu nachlädt – und das, wie gesagt, seit mehr als 10 Jahren.
Der Flug zurück nimmt mehr als vier Stunden in Anspruch. Und während dieser Zeit ist auch die Platzierung ohne Extrakosten gerade noch gut auszuhalten (auch wenn die Zeit, dass sich die Sitzlehnen nach hinten klappen liessen, ebenso vorbei ist). Vergessen wir nicht, dass wir auf der Höhe Afrikas Urlaub gemacht haben und die Zeit dort ganz wesentlich von den dort herrschenden Wetterverhältnissen geprägt ist. Dazu gehört auch „Calima“, das ist ein Ausläufer von Sandstürmen, die mit den Wolken weit über das Meer getragen werden.

VI

Wer sich viel und gut unterrichten will, sollte sich tatsächlich nicht nur auf die „im Internet“ angebotenen staatlichen Tourismusinformationen und diverse weitere Infos von privaten Anbietern verlassen, sondern sich die Investition in einen guten Reiseführer leisten. Wie den von DUMONT, der wirklich im Stoff und im Stil zu überzeugen weiss (ausser, dass die in der vierten Auflage angekündigten Überarbeitungen und Aktualisierungen nicht konsequent durchgeführt wurden).
Und noch ein Privileg: selbst die als „Must“ ausgewiesenen Lokationen – vom Mirador bis zum Nationalpark – konnten unter diesen Bedingungen bei noch spärlichen Touristendichte gut besucht und als Ereignis genossen werden. Gleiches gilt für die Buchten, Becken und Strände. Diese waren noch – inklusive des einheimischen Publikums – so spärlich besetzt, dass es fast überall sogar noch die aus Lavagestein errichteten ‚Schutzburgen‘ gegen den oft nach wie vor heftig blasenden Wind zu finden gab.

VII

Ja, das Baden im Meer war zu dieser Jahreszeit auf jeden Fall schon wieder möglich – es sei denn, es hatte sich gerade aufgrund des Tiedenhubs aus den Becken und Lagunen so gut wie verabschiedet. Mehr als das, sobald die Küsten wieder geflutet waren, war es ein Vergnügen. Selbst dann, wenn man nicht auf der Suche nach „the mother of the waves“ ist, um eine besonders gut gelungene Surfstrecke bis knapp vor das Ufer auszirkeln zu können.
Und da wir gerade am Wasser sind, ist natürlich auf die ungeheuer wohlschmeckende Vielfalt an Fischen hinzuweisen, die am Abend in den Restaurants zumeist vom Grill angeboten werden. Einer der aufmerksamen Kellner kam aus dem Baskenland, schwärmte in seinem gebrochenen, aber verständlichen Deutsch von der Küche in seiner Heimat und konnte uns dennoch auf all die Spezialitäten aufmerksam machen, die seine Karte anzubieten hatte. Hier im Flieger können all diese nicht mehr so aus dem „ff“ wiederholt werden, aber es sind wahre Köstlichkeiten dabei.
Daher nur dieses: von allen Restaurant- / Bodegabesuchen gab es – mit vielleicht einer Ausnahme - keine einzige Adresse, die sich nicht jederzeit weiterempfehlen liesse: Sie sind (oder werden) in den vorangegangenen U-R-L-A-U-B’s-Einträgen verzeichnet.

VIII

Damit nicht genug: Auch an Fleisch gibt es eine grosse Auswahl, vor allem vom Rind und vom Lamm. Es empfiehlt sich, davon auch in eigenen Kochversuchen Gebrauch zu machen (zumal bei den für uns ungewohnt günstigen Preisen). Und das Ganze mit den klassischen Gemüsen der Insel anzureichern, als da wären die Kartoffeln, die Zwiebeln und natürlich der Knoblauch.
Das gilt auch für die Nachtische: Dabei ist erstaunlich zu erfahren, wie viele Möglichkeiten und wohlschmeckende Angebote auch aus den ganz alten maisähnlichen Getreidearten, Gofio genannt, gezaubert werden können. Oder man rundet das Ganze mit den wunderbaren Obstgaben ab, die die Insel zu bieten hat: von Bananen über Kiwis bis zu den Papayas: Zum Niederknien.
Und dann die Weine: Über die Weine gäbe es nochmals ein ganz eigenes Kapitel zu scheiben. Hier der Verweis auf diesen LINK mit einem Bericht vom Besuch der ältesten und grössten Weinkellerei nicht nur der Insel, sondern der ganzen Region.
Wobei auch hier vieles anders ist als sonst bekannt. Selbst die sonst als „lieblich“ eher zu verschmähenden Angebote entfalten ein grosse Kraft und Korpulenz, die erstaunen lässt.
Insgesamt haben die süssen Weine eine ganz besondere Qualität, werden sehr gerne – und gelegentlich auch viel – getrunken und aus eigens dafür gezüchteten Muskatellerreben gewonnen.
Was auf den Inseln nicht bekannt zu sein scheint, sind jene Art von Bränden, die in Deutschland als Trester, in Italien als Grappa und in Frankreich als Mar bekannt sind.

IX

Und damit soll es gut sein, es wird Zeit, sich im Flieger ein wenig die Beine zu vertreten und so die Grenzen des nicht sonderlich komfortablen, aber für den Preis durchaus korrekten Flug zu auszureizen. Zumal bei diesem Carrier auch die zusätzlich oder auch freiwillig zu leistende CO-2-Abgabe – angeblich – bereits im Preis enthalten sein soll.


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