Dieser Beitrag schliesst sich an die Aufzeichnung vom Montag, den 3. Mai 2021 zum Thema CHARTA DER (Presse- und der) MEINUNGSFREIHEIT an.
In der erst am Tag der Veranstaltung, dem 5. Mai 2021, in Frankfurt am Main verfassten und von dort aus versandten PRESSEMITTEILUNG heisst es gleich eingangs:
... heute veranstalten die Frankfurter Buchmesse und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung im Rahmen der Woche der Meinungsfreiheit (3.-10. Mai 2021) eine virtuelle Live-Diskussion zum Thema "Cancel Culture oder Trigger Warnung? Müssen literarische Texte heutigen Erwartungen angepasst werden?"
Die Veranstaltung wird um 18.00 Uhr live übertragen, den Link zum Livestream finden Sie hier. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Und im Subtext zu diesem auf YouTube ausgespielten ZOOM-Link heisst es:
Über den Umgang mit kulturellen Stereotypen, klischeehaften Darstellungen und diskriminierenden Formulierungen in der Literatur ist ein heftiger Streit entbrannt: Auf dem Prüfstand stehen Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur ebenso wie Werke des Literaturkanons. Daraus ergeben sich zahlreiche Diskussionsansätze: Wieviel Rücksicht muss Literatur auf die Bedürfnisse heutiger Leserinnen und Leser nehmen? Dürfen oder sollten die betreffenden Werke nachträglich umgeschrieben werden? Muss der klassische Kanon neubewertet werden?
Mit dabei sind, wie angekündigt, in alphabetischer Reihenfolge:
– Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse
– Ijoma Mangold, Kulturkorrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT und Autor
– Prof. Ernst Osterkamp, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
– Dr. Christiane Raabe, Direktorin der Internationalen Jugendbibliothek (IJB) München
– Ulrike von Stenglin, Verlagsleiterin, hanserblau
Hier kann das Gespräch nochmals nachverfolgt werden:
Und hier unten im PS-Bereich, findet sich die Chat-Doku, die - in gewisser Weise - für sich selber spricht. An dieser Stelle aber soll einer dieser Sätze nochmals aufgegriffen und zu ’Gehör’ gebracht werden.
Er stammt von Mathias Jeschke und lautet:
Danke, Herr Osterkamp, für die Einführung der hstorisschen Dimension.
Von dieser Frage ausgehend, hätte sich diese ganze Diskussion quasi nochmals "vom Kopf auf die Füsse" stellen lassen. Denn es geht um die wahrlich relevante Frage, ob und inwieweit es heute noch möglich ist, "historische Distanzen" wahrnehmen zu können, "weil im Internet im Grunde genommen alle Texte gleichzeitig sind".
Die Beobachtung von Ernst Osterkamp lautet, dass sich die Tendenz einer "grundsätzliche(n) Enthistorisierung (...) mit einem gesteigerten moralischen Anspruch" verbindet, was dazu führe, dass Vieles an der Vergangenheit nicht mehr zugelassen werde.
Aber nichts passiert: Hier wird eine These vorgetragen, auf die Niemand so recht zu antworten weiss, oder sich zu antworten traut, bis dass dann Ijoma Mangold das Wort ergreift und auf einige aktuelle Beispiele der Umwidmung von solchen Texten hinweist.
Die Frage und die ’Antwort’ sind hier nachzuhören:
Dabei hat diese hier zur These verdichtete Beobachtung nicht nur eine hohe Qualität und Gültigkeit, die weit über dieses hier vorgetragene individuelle Erleben hinausgeht. Ja, es ist eigentlich enttäuschend, dass selbst Jürgen Boos, der sich so früh und engagiert für das Thema der Digitalisierung des Buch- und Verlags-Sektors engagiert hat, so überhaupt nichts beizutragen hatte.
Am Ende des Chats fragt Priska Mielke:
Wollen wir wirklich eine Literatur ohne Ecken und Kanten, die niemandem wehtut, dafür aber auch keine gesellschaftlichen Debatten anstößt oder Konflikte aufdeckt?
Und der Autor dieser Zeilen fragt bei dem Moderator dieser Gesprächsrunde an, ob es nicht trotz - ja gerade wegen - dieser Sprachlosigkeit nicht umso dringender sinnstiftend und not-wendig sei, wenn wir diese von ihm aufgeworfene Fragestellung nochmals in einem anderen Kontext zur Sprache bringen würden - und sei es im Herbst 2021 auf der Buchmesse selber.
Die Folgen der Pandemie"welle" mögen zu diesem Zeitpunkt vielleicht wieder "abgeebbt" sein, die Folgen der Gleichschaltung des Historischen im Digitalen Raum sicherlich nicht: im Gegenteil!
WS
PS+
Hier am Ende des letzten bzw. zu Beginn dieses Tages der von Eckhard Roelcke anmoderierte Bericht von Ludger Fittkau in der Deutschlandfunk Kultur bzw. Deutschlandfunk-Sendung FAZIT, in dem er (fast) Alle(s) zur Sprache kommen lässt, nicht aber die von Osterkamp gestellte Frage: