Super: Wahlen? 2 x "Ja"

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 15. März 2021 um 20 Uhr 35 Minutenzum Post-Scriptum

 

Hier ausgewählte Pressestimmen mit Kommentaren zu den Ergebnissen der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz, so wie sie in den Morgenstunden im Deutschlandfunk verlesen wurden:

ALLGEMEINE ZEITUNG, Mainz:

„Beachtlich, wie wenig sich Frust und Verunsicherung der Bürger bei der AfD entladen haben. Dass die Rechtspopulisten allerdings zweistellig bleiben – obwohl sie den rechtsradikalen Flügel nicht abstoßen, sondern integrieren wollen – ist dagegen ein Alarmzeichen. Das Tabu, eine Partei zu wählen, in der Demokratiefeinde und Rassisten das Sagen haben, ist wohl endgültig gebrochen. Bundesweit beachtenswert ist zudem, wenn den Freien Wählern – nach Bayern und Brandenburg – auch in Rheinland-Pfalz der Einzug in den Landtag gelingen sollte. Mit ihrer kommunalpolitischen Basis im Rücken könnten die Freien Wähler einer entleibten FDP langsam aber sicher den Anspruch streitig machen, die Stimme des bürgerlich-liberalen Mittelstands zu sein“

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

„Die FDP, im Südwesten unter Michael Theurer wieder zu einer festen Größe gewachsen, konnte von der Schwäche der CDU profitieren, was in diesem Fall auch heißt, Corona-Unzufriedene – nicht immer nur ‚Querdenker‘ – einzusammeln. Sie wird sich darauf nicht ausruhen können, sondern mit der CDU um wirtschaftliche Vernunft wetteifern müssen. Für beide Parteien muss es besorgniserregend sein, dass sie in einer Herzkammer deutscher Industrie und deutschen Mittelstands weit davon entfernt sind, eine Regierungsmehrheit zu stellen“

FRANKFURTER RUNDSCHAU:

„Der Grüne Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg und die Sozialdemokratin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz trafen offensichtlich einen Nerv, indem sie geradezu merkelhaft auf die Karte Landesvater und -mutter setzten. Beide landeten jetzt um Längen vor den Umfragewerten ihrer Parteien für den Bundestag. Solch personalisierte, geradezu unpolitische Wahlkämpfe mögen etwas Besänftigendes an sich haben – mit dem Ringen um einen Neuanfang nach der Krise, mit der durchaus erforderlichen Politikwende gar haben sie nichts zu tun“

HEILBRONNER STIMME:

„Viele identifizieren sich mit Kretschmann und seiner knorrig-bürgernahen Art. Dabei ist die Parteizugehörigkeit fast schon nebensächlich. Der Erfolg resultiert jedoch auch aus der Schwäche des größten Kontrahenten. Das Wahldebakel in Stuttgart vor allem mit der Berliner ‚Maskenaffäre‘ zu rechtfertigen, ist Unsinn. Die Talfahrt der Südwest-Union ist hausgemacht, und sie hat schon vor zehn Jahren begonnen. Hinzu kam eine unpopuläre und ungeschickt agierende Spitzenkandidatin, die noch dazu als Kultusministerin nahezu alle Eltern, Schulleiter und Lehrer gegen sich aufbrachte“

KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

„Für die CDU hat gestern das große Zittern begonnen“ [...] „Der neue CDU-Chef Armin Laschet verlebte keinen schönen Abend. Profilierte Politiker gewinnen Wahlen. Das ist eine klare Lehre aus diesem Urnengang. Und hier liegt nach allen Umfragen CSU-Chef Markus Söder bei der Frage der Kanzlerkandidatur deutlich vor Laschet.“

MÄRKISCHE ODERZEITUNG, Frankfurt (Oder):

„Die CDU muss höllisch aufpassen, dass sie nicht die nächste und damit letzte Partei wird, die als Volkspartei ausgedient hat.“

MITTELDEUTSCHE ZEITUNG, Halle:

„Diese Landtagswahlen sind ein Denkzettel der Wähler für die CDU. Es wird Zeit, dass die Partei aufwacht und sich die Bedeutung dieses Superwahljahrs vergegenwärtigt. Die Sozialdemokraten haben schon einen Kanzlerkandidaten und ein Wahlprogramm, und die Grünen stellen in dieser Woche ein Wahlprogramm vor. Bei der Union hingegen ist nur sicher, dass ein Garant für Mehrheiten, Kanzlerin Angela Merkel, nicht noch einmal antreten wird“

MÜNCHNER MERKUR:

„In einem regelrechten Wutanfall haben die Wähler der CDU in deren einstigen Stammlanden ein historisches Debakel beschert. Doch der Zorn des Souveräns könnte sich im Superwahljahr sogar noch steigern. Wenn er nämlich merkt, dass sich in der Union niemand findet, der die Packung in Empfang nehmen will: Die örtlichen Spitzenkandidaten verweisen auf den Gegenwind aus Berlin, der neue CDU-Chef Armin Laschet auf die Corona-Raffkes in der Fraktion. Und die Kanzlerin? Ihre Leute verbreiten, dass Angela Merkel den Vorsitz der Partei ja schon vor langer Zeit abgegeben habe. Aber das hilflose Dilettieren der alten Staatspartei CDU und ihrer Minister in der tiefsten Krise seit dem Krieg, das zu viele Leben und Existenzen gekostet hat, geht vor allem auf ihr Konto“

NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG:

„Ein Gewinner sind neben Freien Wählern und Grünen die Liberalen – verdientermaßen“ [...] „Als kritische, aber konstruktive Opposition haben sie in den vergangenen zwölf Monaten immer wieder Fehlentwicklungen aufgezeigt. Wie es aussieht, zahlt sich Christian Lindners einsame Entscheidung, sich bei der letzten Regierungsbildung im Bund nicht von Angela Merkel vereinnahmen zu lassen, am Ende noch aus.“

STUTTGARTER NACHRICHTEN:

„Das Ergebnis deutet auf eine Fortsetzung von Grün-Schwarz. Diese Koalition wurde eindrucksvoll bestätigt. Ungeachtet aller Coronazumutungen, die sie den Baden-Württembergern auferlegt hat. Weder konnte die zum Teil querdenkende AfD Kapital daraus schlagen, noch die FDP ihre Stimmenanteile überragend ausbauen. Und die SPD verharrt im Krebsgang. Offenbar empfindet die Mehrheit der Wähler die Regierungsbilanz auch in den Jahren vor der Krise als vorzeigbar“

TAGESSPIEGEL, Berlin:

„Die Christdemokraten bekommen mit den beiden Wahlen klar vor Augen geführt, dass ihr politisches Personal sie noch nicht in die Post-Merkel-Ära tragen kann. Im Bundeskabinett stellt sie aktuell zumindest keine Hoffnungsträger, jedenfalls nicht mehr. Gesundheitsminister Spahn kann diese Rolle nicht mehr besetzen. Bleiben die Länder. Bleiben Laschet und Söder. Beide können für sich immerhin behaupten, anschlussfähig an die Grünen genauso wie FDP und SPD zu sein. Aber von dieser Frage sollte sich die Partei gar nicht leiten lassen bei der Kandidatenkür“

DIE WELT, Berlin:

„Die CDU ist an dem Punkt angelangt, an dem ihre Gegenwart zwischen Vergangenheit und Zukunft zerquetscht wird: Was habt ihr in 16 Regierungsjahren tatsächlich geleistet, und was wollt und, vor allem, könnt ihr in den nächsten Jahren leisten? Auf diese Fragen nach dem Gewesenen und dem Künftigen muss die Partei, muss Armin Laschet eine Antwort geben. Und zwar bald. Denn dass in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zwei eher blasse CDU-Spitzenkandidaten gegen starke Amtsinhaber verloren haben, kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die CDU braucht einen Brückenbauer. Einen, der weiß, wo das Ufer liegt.“

WESTFALEN-BLATT, Bielefeld:

„Die Regierungsbildung in Baden-Württemberg könnte ein bedeutendes bundespolitisches Signal senden“, erläutert das und skizziert dieses Szenario: „Verbannen die Grünen um ihren großen Wahlsieger Winfried Kretschmann den bisherigen Koalitionspartner CDU in die Opposition, um mit einer schwachen SPD und der erstarkten FDP zu koalieren, dürfte das im fernen Berlin für größte Aufmerksamkeit sorgen. Grün-Gelb-Rot – diese verkehrte Ampel könnte nach der Bundestagswahl im Herbst auch die gesamte Republik Kopf stehen lassen.“

P.S.

Auch in Hessen gab es Wahlen. Kommunalwahlen. Und der Bürgermeister von Hanau ist mit einem sehr guten Ergebnis durchgekommen, während der OB von Frankfurt am Main, ebenfalls SPD, nach dem Skandal um seine Frau und ihn die Führungsposition seiner Partei wohl an die Grünen wird abgeben müssen... das alles ist noch zu früh für eine abschliessende Bewertung, oder gar Kommentierung. Aber es ist einmal mehr deutlich geworden, dass der Bonus einer anerkannten Persönlichkeit einen Turbo für die Parteistimmen bedeutet. WS.


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