Am 21. November 2019 [1] traf diese Meldung [2] ein:
** transmediale 2020 präsentiert Film & Video Tag
Während der Festivalausgabe 2020 widmet die transmediale dem Film- und Videoprogramm einen ganzen Tag. Kuratiert von Florian Wüst findet er am 30. Januar 2020 im Haus der Kulturen der Welt statt. Weitere Film- und Videovorführungen werden in Verbindung mit anderen Programmteilen im HKW und der Volksbühne Berlin gezeigt.
Der Film & Video Tag folgt dem Thema der transmediale 2020 End to End (https://2020.transmediale.de/de/festival-2020) mit einem Fokus auf Online-Videokulturen und deren Veränderungen im Laufe der Zeit. Der Tag beginnt mit einem Vortrag von Trine Bjørkman Berry über Videoblogging vor YouTube, gefolgt von einem Programm mit historischen und zeitgenössischen Kurzfilmen, die in einem moderierten Gespräch mit zwei der Filmemacher*innen diskutiert werden. Anschließend präsentieren Jan Gerber and Sebastian Lütgert in dem Vortrag Autonomous Pirate Machinery ihre langjährigen Projekte Pirate Cinema und 0xDB, die sich mit dem Thema Film als Gemeingut im entstehenden Umfeld von maschinellem Lernen und algorithmischen Bildern beschäftigen. Der Film & Video Tag gipfelt in der Berlin-Premiere des abendfüllenden Dokumentarfilms Present.Perfect. von Shengze Zhu, gefolgt von einem Gespräch.
In ihrem Vortrag Videoblogging before YouTube zeichnet Trine Bjørkman Berry die Kulturgeschichte des Online-Videos nach, indem sie sich auf den entscheidenden Moment konzentriert, in dem das Internet sich von einem vorrangig textlichen zu einem multimedialen Medium entwickelt hat.
Unter den Kurzfilmen ist Ismaël Joffroy Chandoutis’ Swatted (FR 2018) – eine filmische Erkundung des sogenannten Swatting-Phänomens, das Gaming-Trolle in den USA beschreibt, die andere Spieler*innen während des Spiels live mit einem SWAT-Team überrumpeln: Nachdem sie den Namen und die Adresse anderer Spieler*innen herausgefunden und deren Anruferkennung gefälscht haben, setzen sie einen vorgetäuschten Notruf ab und beobachten im Livestream, wie das SWAT-Team das betreffende Haus stürmt.
Cana Bilir-Meiers Super-8-Film This Makes Me Want to Predict the Past (DE/AT/TR 2019) porträtiert eine Gruppe Teenager mit Migrationsgeschichte bei ihren täglichen Erkundungen im Olympia-Einkaufszentrum in München, wo 2016 bei einem rassistischen Angriff neun Jugendliche ermordet wurden. Die Teenager im Film drücken ihre Hoffnungen und Träume, aber auch ihre Ängste und Albträume aus, indem sie YouTube-Kommentare wiedergeben, die unsere Denk- und Verhaltensmuster infrage stellen.Jan Gerber und Sebastian Lütgert betreiben ihr Projekt Pirate Cinema bereits seit 2004. Daraus hervorgegangen ist die Open-Source-Filmdatenbank 0xDB, die neue Vorgehensweisen zur Analyse und Komposition von Bildern ermöglicht. Ausgehend von ihrem Verständnis des Archivs als aktiver Maschine diskutieren sie die Potenziale von maschinellem Lernen in Bezug auf Film und Kino: Was sehen Maschinen, wenn sie Filme betrachten? Kann Künstliche Intelligenz trainiert werden, bewegte Bilder auf neue Art und Weise zu erkennen?
In dem beim diesjährigen Internationalen Filmfestival Rotterdam ausgezeichneten Dokumentarfilm Present.Perfect. (US/HK 2019) untersucht Shengze Zhu die Welt des Live-Streamings in China, in dem sogenannte „Anker“ ihr Leben dokumentieren und mit einem virtuellen Publikum interagieren. Zusammengestellt aus 800 Stunden Live-Material, zeigt sie ein faszinierendes Porträt des zeitgenössischen China, indem sie sich auf die Menschen an den Rändern konzentriert: ein einsamer Street Dancer, ein gelähmtes Mädchen, ein Viehzüchter, ein Transvestit mittleren Alters, ein gelangweilter Kranführer und viele andere, die versuchen, Anschluss an eine Community zu bekommen.
Der Film & Video Tag bringt sowohl künstlerische als auch dokumentarische Perspektiven in den Diskurs um Geschichte und Zukunft digitaler Netzwerke ein, die sich im Wandel der Online-Videokulturen widerspiegeln. Insgesamt folgt das Film- und Videoprogramm zwei thematischen Schwerpunkten: den Schattenseiten mobiler Kommunikation und sozialer Medien, die sich in Form von Einsamkeit und Isolation manifestieren, sowie der Frage, wie in Zukunft künstliche Intelligenz das menschliche Verhalten beeinflussen wird und umgekehrt. Neben den Grenzen von Netzwerken untersucht die Filmauswahl, die auch über die Einreichungsplattform der transmediale eingesandte Filme beinhaltet, das Potenzial demokratisierender Infrastrukturen.
Die transmediale ist ein Projekt von transmediale e.V. und Kulturprojekte Berlin GmbH im Haus der Kulturen der Welt. Die Kulturstiftung des Bundes fördert die transmediale bereits seit 2004 als kulturelle Spitzeneinrichtung.
Dies Entwicklung / Entscheidung ist deshalb bemerkenswert, da der Ursprung dieser einst "Video-Fest" genannten Veranstaltung darin lag, dass es nicht möglich war, in den frühen 80er Jahren Videoarbeiten bei der Berlinale einzureichen. Und daher ein eigenes, alternatives Forum für diese Produktionen und deren Aufführung gefunden werden - und also kreiert werden - musste.
Zur Jahrtausendwede gab es dann Zeiten, in denen Video ganz und gar "out" war, ja als "überholt" galt und in den Programmen fast überhaupt keinen Raum mehr für sich beanspruchen konnte. Das ist jetzt vorbei.
Bleibt im Verlauf dieses Tages zu erkunden, ob sich damit "das Rad der Zeit" zurückgedreht hat oder ob es sich als Übersetzungs- und Vermittlungs-Instrument neu etabliert, um "die Zeichen der Zeit" wieder besser wahr-nehmen zu können.
30. Januar 2020
Zunächst ist zu bemerken, dass die in der oben zitierten Ankündigung gesetzten Links nicht mehr gültig sind. Stattdessen sind alle Infos zum heutigen Tage hier zu finden: Streaming Life – Film & Video Day. [3]
Ab 14 Uhr werden im Zweistundentakt diese Veranstaltungen in der HKW - Lecture Hall angeboten, wobei wir an dieser Stelle nur auf die erste näher eingehen werden:
Videoblogging before YouTube [4]
Trine Bjørkmann Berry, Kristoffer Gansing
Schon diese allein bot eine Reihe von Überraschungen. Trine durfte aus gesundheitlichen Gründen England nicht verlassen und wurde daher per Video zugeschaltet. So war sie vor einer - offensichtlich auch von Frauen als Hintergrund geschätzten - grossen Regalwand mit lauter Büchern zu sehen; ein Blick, der nur an einer Stelle unterbrochen wurde von etwas, was so aussah wie eine 2-Zoll-Video-Spule.
So war sie überlebensgross auf der Leinwand zu sehen und gut zu verstehen, aber der Ton war nicht auf die Splitbox aufgeschaltet. Das hatte zur Folge, dass ihr Vortrag nicht mitgeschnitten werden konnte und auch die übrigen Teile der Aufzeichnungen technisch sehr heftig überarbeitet weden mussten, damit von dieser Veranstaltung an dieser Stelle überhaupt noch etwas nachgehört werden kann.
Daher stattdessen der Hinweis auf die on-demand-Hardcover-Lulu-Buchpublikation oder die PDF-Version, die HIER abgerufen oder hier eingesehen werden kann:
Als Vorwort hat sie sich auf Sätze von Francois Truffaut aus dem Jahr 1957 bezogen, von denen hier diese zitiert werden:
The film of tomorrow appears to me as even more personal than an individual and autobiographical novel, like a confession, or a diary. The young filmmakers will express themselves in the first person and will relate what has happened to them. [...] The film of tomorrow will resemble the person who made it, and the number of spectators will be proportional to the number of friends the director has. The film of tomorrow will be an act of love.
Wir beschränken uns daher notgedrungen auf
– die einleitenden Worte von Florian Wüst [5]:
– die einleitenden Worte von Kristoffer Gansing: [6]:
– das Gespräch mit dem Auditorium:
Telematic New World [7]
Cana Bilir-Meier, Ismaël Joffroy Chandoutis
Autonomous Pirate Machinery [8]
Jan Gerber & Sebastian Lütgert
Present.Perfect. [9]
Joshua Neves, Florian Wüst