Einmal mehr ist auch zu Beginn dieses Tages festzuhalten: Die hier zur Verfügung gestellten W-LAN-Verbindungen funktionieren nur schlecht oder gar nicht. Selbst das WLAN "IC01- Presselounge" mit dem Passwort: "Ooogoo4miep" ist nicht funktionsfähig. Die Erfahrung lehrt, dass es nach wie vor unerlässlich ist, sich seine eigene Netzversorgung zu sichern - auch wenn man dafür zahlen muss.
Der ganze Vormittag geht mit dem Thema der veröffentlichten Nachricht und Meinung um.
Dabei ist der Vortrag von Bernhard Pörksen Abschied vom Netzpessimismus. Die Utopie der redaktionellen Gesellschaft so sehr nachgefragt, dass von vor herein die Nach-Sichtung im Netz die Alternative zu aktuellen Anwesenheit in einer Schlange darstellt.
Aber es gibt zwei Veranstaltungen, die davor besucht werden konnten:
– 10 Uhr: Tom Buhro und Mai Thi Nguyen-Kim auf der Bühne 6 in einem Gespräch zum Thema: Media & Journalism. Überall Wissen, aber was wissen wir wirklich?
Wir werden hiernach einige Zitat aus diesem Gespräch mit einfügen. Wichtig ist festzuhalten, dass sich hier zwei Generationen mit dem gleichen Anliegen zusammengefunden hatten: Wahrhaftig und persönliche interagieren zu wollen. Mit Respekt vor dem Anderen - und den eigenen Fehlern.
– 11 Uhr: Does Journalisme have a Future?
Dieses ist ein NYT-Titel, der heute wieder neu gestellt wird: Auf Bühne 5.
Die Aussage aus Finnland: Wir setzen Roboterjournalismus ein, damit die Redakteure mehr Zeit zum Analysieren, Denken und Kommentieren haben. Wir verkaufen in Zukunft keine Geschichten mehr, sondern die Geschichte des Prozesses der Wahrheitsfindung.
Des Aussage aus Polen: Es gab ein sehr breites Spektrum von Meinungen in einer sehr breit gefächerten Presselandschaft. Die Jungen sehen YouTube, nicht Fernsehen.
Die Frage aus Deutschland: Muss der Journalismus (mehr) Haltung zeigen? Schlesinger: Ja, aber nur in den Kommentaren. Aber sonst die krititsche, analytische Berichterstattung. Über und führ alle. Wir müssen näher an die Menschen heran, speziell an die Jüngeren. Wir müssen noch weiterhin für die "Alten" da sein mit Tagesschau und Tatort, aber wir müssen die neuen Themen mit den jungen Leuten und den Neuen Medien nicht nur an den Start, sondern auch zum Laufen bringen.
Es gibt viele Möglichkeiten, im Kleinen Erfolg zu haben. Wie zum Beispiel das "Frag Lisa"-Beispiel. Dort können Fragen an die Redakteurin gestellt werden und diese bemüht sich um die Antworten.
Das Wichtigste ist EIN VERTRAUENSMEDIUM ZU BLEIBEN. Verlässlich zu sein. Eine Antwort geben auf die "Choice Fatigue", das können, ja müssen diese Medien leisten. Aber das ist teuer, kostet Geld. Und viele Medien können sich das nicht leisten.
Und diese Aussage von der Werthaltigkeit einer Nachricht ist "Im Netz" noch nicht angekommen. Auch die Zeitungen von morgen werden im Netz Geld kosten. Und sei es ein Betrag von 2,99 pro Woche.
Schlesinger: ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen endlich eine gemeinsame grosse Mediathek anbieten. "Wir sind da dran, aber das ist ein unendlich mühseliges Geschäft." [1]
Framing? Ist nichts Neues? Die Fibel... das war absolut unglücklich. Schon Goebbels wusste, wie er die Sprache nutzen konnte. Journalismus transparenter machen? Ja. Aber das ein Zusatzarbeit, die zumindest bei den grossen Arbeiten zum Tragen kommen muss.
So weit, so gut???
Es ist bitter zu sehen und zu hören, wie alle miteinander das Lied von den guten Menschen singen, die sich um guten Journalismus bemühen. Und wie diese Hymnen auf das hohe Gut in einem zunehmend krassen Widerspruch stehen zu den bedrohten Zukünften des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks insgesamt.
Ja. Es ist richtig: die Freiheit von Forschung und Lehre stehen nach wie vor mit einem ebenso hohen Rang im Grundgesetz wie die zu schützende Freiheit des Rundfunks. Aber wie weit ist es damit noch her? Die Ministerpräsidenten werden sich eben nicht alle gemeinsam für die zukünftige Finanzierung dieser Freiheiten einsetzen. Sei es aus Angst vor der AFD oder der FDP... Die Forderung an die Journalisten, Rückgrad zu zeigen, müssten zuförderst der Politik gestellt werden, für die dieses Thema nicht mehr von zentraler Bedeutung zu sein scheint.
– Im MediaCube wird dann vorgestellt die Reporterfabrik – Journalistenschule im Netz mit Cordt Schnibben und Maja Weber und Tarik Tesfu.
Einmal mehr geht es um das Thema der Wahrheitsfindung und -wahrnehmung. Es gibt in der "Fabrik", der WebAkademie des Journalismus mehrere Stufen, vom "Erkläre den Journalismus" bis hin zur "Masterclass" - aber die Stufen vom Bürgerjournalisten zum Journalisten werden immer fliessender.
Da der O-Ton von dieser Veranstaltung nicht aufgezeichnet werden konnte, hier im Nachgang zu diesen Präsentationen ein Gespräch mit Cordt Schnibben, in dem er seine Position nochmals in aller Deutlichkeit formuliert:
Weitere Empfehlungen des Veranstalters für diesen Tag:
re:publica 19 | Tag 2 | Was du nicht verpassen solltest:
Markus Beckedahl, Axel Voss, Jo Schück I „Voss & Beckedahl: Lass uns reden“ I 11:15 Uhr I Stage 2
„EmanziTech“ I 11:15 - 19:45 Uhr I B-Part Am Gleisdreieck
Alex Rosenblat I „The Algorithmic Boss“ I 13:45 Uhr I Stage 1
Alexis Hope I „Building Joyful Futures“ I 15:00 Uhr I Stage 1
Svenja Schulze, Markus Beckedahl, Tilman Santarius, Nadine Kreutzer I
„Die neue DNA: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Action“ I 16:15 Uhr I Stage 4Frank Rieger I „Cyberwar, hybride Kriegführung, Desinformation – Auseinandersetzungen zwischen Machtblöcken im digitalen Raum“ I 17:30 Uhr I Stage 1
Ulf Buermeyer, Philip Banse I „Lage der Nation – Spezial“ I 18:00 Uhr I Stage 2
Cory Doctorow I „It’s monopolies, not surveillance“ I 18:45 Uhr I Stage 1
Stefan Kloos I „Hi, AI“ (Screening) I 19:45 Uhr I Open Air Stage (Museumspark)
Nilz Bokelberg I „Gitarren statt Knarren – Wir holen uns den Protestsong zurück“ I 20:00 Uhr I Stage 2
Aus dieser Empfehlungsliste angenommen:
– Der Vortag von Cory Doctorow I „It’s monopolies, not surveillance“. Und anstatt wieder Schlange zu stehen, die Entscheidung, sich die Veranstaltung auf der ersten Etage in dem inzwischen fast menschenleeren Business-Bereich via Streaming anzusehen. Dort funktionierte jetzt auch zeitweise das W-LAN und es war möglich, zumindest einen Teil seiner Aussagen, samt einiger mangels W-LAN verursachter Pausen, aufzuzeichnen:
Was die Präsentation dieses Mannes und seiner Sätze betrifft, so soll diese Aussage Marcus Richter überlassen bleiben, der darüber am Abend in der Sendung FAZIT im Deutschlandfunk Kultur berichtet: Internet-Aktivist Cory Doctorow. Übersetzer zwischen den Sphären:
Nicht in dieser Auswahl-Programm hier diese Hinweise auf diese Veranstaltungen, die für diesen Abend an dieser Stelle vorgestellt werden werden sollen, wenngleich auch eine eigene Teilnahme nicht mehr möglich sein wird:
– A University for the 21st Century mit Sophia Rost und Jörg Hafer
Björn Grau, Inés Gutiérrez, Tina Pickhardt, Michael Seemann
Passend zum Motto "too long, didn’t read" lesen Tina Pickhardt, Sue Reindke, Michael Seemann, Dirk Baranek, Björn Grau und einige bisher geheime "Influencer" wieder Tweets vor. Geeignet für alle, die zu faul zum Selbstlesen sind oder in einer großen Gruppe nachdenken, lachen und weinen wollen; hier ist für alle was dabei.
– Höhepunkt und vielleicht inhaltlich der tiefste Punkt dieses Tage aber war dieser Auftritt von Frank Rieger, der auch als Live-Stream eingesehen und daher hier in voller Länge aufgezeichnet werden konnte: Politics & Society Participatory Paradise. Cyberwar, hybride Kriegführung, Desinformation – Auseinandersetzungen zwischen Machtblöcken im digitalen Raum.
Wer ihm zugehört und auch nur im Ansatz verstanden hat, "was Sache ist", wird verstehen, warum es längst notwendig geworden ist, diesen Auswüchsen einer digitalen Netz-"Kultur" mit einer Radikalität zu begegnen, die vielen noch fremd und unverständlich erscheinen mag.
Wohl wissend, dass uns das Leben und Arbeiten in und mit "dem Netz" immer noch auch viele Vorzüge zu Wege bringen mag, wird jetzt klar, dass auf der geopolitischen Ebene dieser virtuelle Kommunikationsraum längst verdorben, verseucht und zu einer Brutstätte vom Hass, Gewalt und Lüge verkommen ist. Und das bewusst, nach Plan, mit klaren politischen Zielen. Nicht das Netz ist kaputt, sondern das "Gute, Wahre und Schöne", für dessen Erhalt - ja Wiedergeburt - sich immer noch so viele so gerne auch auf dieser Konferenz hier einzusetzen bemühen.