Dresden-Berlin in 6 Stunden

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 17. September 2016 um 20 Uhr 39 Minuten

 

War das diesen Versuch wert?

Die Aufgabe lautete, die Strecke zwischen Dresden und Berlin nur mit Regionalzügen zurückzulegen.

Die Bundesbahn-App gab dazu durchaus sinnvolle und nachvollziehbare Empfehlungen, allerdings erst, nachdem die Einstellung: „Schnelle Verbindungen bevorzugen“ deaktiviert worden war: Mit dem Regionalzug zunächst nach Cottbus und von dort aus mit einer Anschlussverbindung nach Berlin.

Leider kann dieses gesuchte Verbindung im Nachherein nicht mehr als Dokument aufgerufen werden. Denn die „App“ erlaubt es, nicht Streckenfahrten abzurufen, die vor dem aktuellen Zeitpunkt der Fahrt begonnen haben.

Und das ist aus Sicht des Betreibers wohl auch besser so, da es so nicht mehr möglich ist, eine fehlerhafte Auskunft nachzuweisen.

Das Ergebnis nämlich ist, dass der in Cottbus für 10:38 avisierte RE 15 / 18406 ab Dresden um 7:50 Uhr, dort gar nicht eintraf, sondern stattdessen in Hoyerswerda.

Dort angekommen, blieb nichts anderes übrig, als mit dem gleichen Zug ab 10:20 Uhr wieder in Richtung Dresden zurück zufahren, um sodann in Senftenberg aus- und in Richtung Cottbus umzusteigen.

Dort angekommen, ist zunächst die Orientierung wegen der Rennovierung des Bahnhofs schwierig, aber der Umstieg ist machbar, da der Zug RE 2 der OEG nach Wismar über Berlin schon auf seine Fahrgäste – heute ab Gleis 6 – wartete.

Besonders erfreulich: im Gegensatz zu den Zügen der Deutschen Bahn gibt es dort auch – zumindest an der 2.Klasse-Sitzgruppe gleich nach dem Führerhaus – einen Stromanschluss. Für Geräte bis zu „150 W“, wie dort extra gekennzeichnet wird.
Also wird dort der Rechner wieder angeschlossen und dieser Text verfasst.

All das war ein Versuch und wird daher auch ohne wirklichen Ärger und ohne Gram dokumentiert. Es ist vielmehr interessant, zurückzuschauen, was im Verlauf dieser – verlorenen ? – Stunden so passiert ist.

Da gibt es die Szenen mit den greinenden Kindern mit einem Rucksack auf dem „Take Five“ steht, mit einem Kind, das mit dem Namen „Stacy“ angeredet wird und zwei Begleitpersonen, die vielleicht alles können – ausser Englisch.

Da gibt es die Ausblicke auf und Einblicke in Häuser, die nach wie vor, in jenem Zustand verblieben sind, in denen sie einst schon zu DDR-Zeiten verlassen worden sein mussten.

Und da gibt es – seit Cottbus – auch die vielen jungen Leute, die sich auf den Weg nach Berlin machen und so manche Bierflaschen dabei haben, mit denen sie sich in froher Laune zuprosten.

Und dann hält der Zug an einem Bahnsteig mit dem Namen „Brand Tropical Islands“ für genau eine Minute und eine halbe… wenn der Ort nicht durch das ehemalige Flug-Luft-Schiff-Projekt bekannt gewesen wäre, wirklich "geglaubt" hätte einem dieses Schild keiner...

An diesem Punkt wird nochmals die App aufgerufen, um zu erfahren, wo der Zug jetzt stand und wann der Zug ankommt. Dazu wird die „aktuelle Position“ als Standort eingegeben sowie die Zielvorgaben. Das Ergebnis lautet:

"Fehler.
Während des Internetzugriffs ist ein Fehler aufgetreten (The remote server returned an error: NotFound.) Bitte überprüfen Sie ihre Verbindung und versuchen Sie es erneut. "

All das gibt zu denken, uns, die wir so von Hauptstadt zu Hauptstadt pendeln und und zumeist gar nicht in diesen Bezügen bewegen, die hier als die Grundlage des Alltags von so vielen Menschen deutlich werden.

Was verstehen wir von diesen Menschen, die in Hoyerswerda oder Senftenberg ihr Leben leben?

Diese Fahrt macht, bei allen unfreiwilligen Verzögerungen und Verhinderungen deutlich, das hier ein anderes Tempo herrscht, ein anderes Leben, eine andere Stimmung.


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