WO: Google Büro, Unter den Linden 14, 10117 Berlin
WANN: heute, Dienstag, 14. Juni 2016
AGENDA:
Ab 16.30 Uhr: Workshop Google News Lab mit Isabelle Sonnenfeld, Leiterin Google News Lab DACH,
Schwerpunkte:
Google Trends und die Fußball-Europameisterschaft
Einbindung von 360-Grad-Inhalten in Online-Artikel (“VR-View”)Ab 18.00 Uhr: Akkreditierung für das Panel-Gespräch
18.30-20.00 Uhr: Panel-Gespräch mit
— Sonia Mikich, Chefredakteurin WDR, Ex-Moderatorin MONITOR
— Hans-Ulrich Jörges, Kolumnist und stellvertretender Chefredakteur STERN
— Ingrid Brodnig, Redakteurin PROFIL, Autorin “Hass im Netz”
— Teresa Bücker, Redaktionsleiterin EDITION F
Moderation: Daniel Bouhs, Medienjournalist (u. a. ZAPP)Ab 20.00 Uhr Get-together mit Snacks und Drinks.
Als Anmod zu diesem Thema ein Auszug aus dem Interview mit dem Herausgeber des Handelsblatts, Gabor Steingart, das von Alexander Becker am 31. Mai 2016 ins Netz gestellt wurde:
Wir befinden uns in keiner Medienkrise, sondern in einer Transformation. Das ist ein wichtiger Unterschied. Die Digitalisierung aller Wirtschaftsbereiche und eine zunehmend selbstbewusste Leserschaft fordern die Traditionalisten unseres Gewerbes heraus. Und das ist gut so! Wer seine Zukunft einzig an das Verkaufen von bedrucktem Papier koppelt, der erlebt in der Tat schwierige Zeiten. Wer aber streitbaren und lebhaften Journalismus in all seinen Darreichungsformen anbietet – Print, digital und live auf der Bühne – der erlebt einen Aufschwung. Krise ist für viele nur ein anderes Wort für Bequemlichkeit.
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Google lebt von der Vermarktung von Texten, Bildern und Grafiken, die andere erstellt haben. Diese anderen sind Autoren, Fotografen, Dichter, Diplomanten, Doktoranten, Künstler und Journalisten, die mit Beträgen nahe null entgolten werden. Google hingegen verdiente in 2015 vor Steuern rund 20 Milliarden US-Dollar. Das ist gegenüber den Kreativen unfair und für die Gesellschaft insgesamt nicht förderlich. Das schreit nach Veränderung, aber viele Verbandsfürsten befinden sich offenbar im Tiefschlaf.
— Ingrid Brodnig, Redakteurin PROFIL, Autorin “Hass im Netz”
... die gebürtige Grazerin wird als Erste vorgestellt: Ihre These - und Empfehlung: "Auf Hass nicht mit Hass reagieren". Sondern, am besten, mit Humor. Will sagen: "Du kannst mich nicht fertig machen."
Ja, man sollte als Journalist auch Position beziehen. "Ich fürchte mich viel mehr vor einem Journalismus der pseudo-objektiv daherkommt."
Die Wut funktioniert als Triebfeder immer noch besser als die "Nicht-Wut". Aber man sollte dennoch nicht sogleich jede Mücke zum Elefanten machen.
Die Talk-Show mit zwei Politikern ohne Moderator... war ein Beispiel dafür, dass es so auch nicht geht.
Die New York Times hat eine grosse Transparenz, aber dennoch auch eine Haltung.
Das Problem ist, dass die agressiven Postings immer noch besser ankommen als die übrigen. Das Netz ist kein egalitärer Raum.
Das ist wie im Schulbus... in der letzten Reihe. Aber wenn die Worte von vorne gehört werden, gibt es mehr Zurückhaltung.
— Hans-Ulrich Jörges, Kolumnist und stellvertretender Chefredakteur STERN
... "Demut ist nicht unsere Aufgabe". Wir müssen den Meinungsstreit organisieren. Die Medien sind ihrer Informationsaufgabe nicht mehr nachgekommen. Drei Probleme:
Konformismus ("Rudeljournalismus"), Opportunismus, Alarmismus.
In den Umfragen wird bestätigt. "Es ist was faul in der Branche, und darin ist was richtig."
Ein Satz wie "Erdoğan hetzt gegen Deutschland..." das geht nicht. Meinungen, die sich als Nachrichten ausgeben, das geht überhaupt nicht.
Aber "BITTE GEHT NICHT" vom Spiegel: das geht. Das ist eine vertretbare Form des Magzinjournalismus [1].
In Österreich: ZIB 2:, das ist "grossartig": gefragt wird sachlich aber spitz. So wie in der BBC: "hard talk".
Das Medien-Klima in Deutschland hat sich dramatisch geändert. Es gibt eine veränderte Medien-Ordnung. Heute ziehen die Online-Seiten als erste. Mit einem wahnsinnig schnellen Wechsel. "Und das halte ich für eine bedenkliche Entwicklung".
Die AFD hat erstaunt festgestellt, wie primitiv der Medienzirkus funktioniert, die haben schnell gelernt. Und heute werfen sie der Journaille immer wieder neue Brocken hin, über die "wir" dann herfallen.
Ich bin in keinem Netzwerk und rufe auch dazu auf, diese zu verlassen.
Die Reaktionen auf "Sarrazin" 2010 war der Höhepunkt dieser Hass-Kampagne der Leser.
— Teresa Bücker, Redaktionsleiterin EDITION F
... "die selbsternannte Aktivistin für Liebe"... so der Text in dem Intro-Film (was soll denn das??? WS.). Wenn alles klappt, wird die Edition Ende des Jahres profitabel sein.
Es gibt eine grosse Ignoranz der Verleger für diese Zielgruppe. Frauen können das Zeitgeschehen genauso kommentieren.
"Ich bin für die spitz geführten Interviews. Und das geht besser in Live-Formaten"
Das Thema "Sexualisierte Gewalt" verlangt keine neuen Fakten mehr, sondern mehr Engagement.
Wir haben keine Probleme mit Hasskommentaren. Weil die Redaktionen Ihre Haltung nach aussen tragen.
– Dr. Udo Gräz, WDR
... Es gibt Grundsätze für eine Grundhaltung. Und die ist für die Öffentlich-Rechtlichen auch ganz klar definiert.
Über 70% vertrauen noch den öffentlich-rechtlichen Medien.
Hat "Monitor" einen pädagogischen Auftrag? "Über diesen Satz bin ich erschrocken". Es gibt für die politischen Magazine keinen Gesinnungsjournalismus.
"Ich glaube, dass alle Politik-Talks gut funktioniert haben."
Wir editieren die "Meldungen" unserer Zuschauer.
Im WDR gibt es eine neue Sendung mit dem Titel: "Ihre Meinung."
Frage aus dem Publikum: Welche Verantwortung haben "Google" und "YouTube" angesichts dieser Entwicklung?
Die Antworten:
Die e-commerce-Richtline erfordert eine zeitnahe Reaktion. Aber wir kennen letztendlich die Regeln nicht.
Das Thema Kommentare ist in den Medien in Deutschland erst viel zu spät erkannt worden.
Alle die, die auf Facebook und bei twitter sind, werden da auch nicht wirklich dagegen sein (können!)
Der Zungenschlag, so Dr. Ralf Bremer, Leiter politische Kommunikation und Unternehmenssprecher von Google Germany, sei für ihn "ein bisschen zu negativ geworden". All diese Medien haben einen grossen Wert für die Gemeinschaft. Aber wir haben 400 Minuten Film-Uploads auf YouTube - pro Minute. 14 Millionen Videos wurden aus YouTube inzwischen gelöscht. Aber man kann nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wichtig sind die "Flagging-Tools" auf der Seite, die auch genutzt werden.
Ein Kommentar? Nur so viel:
Die Diskussion von heute ist - und bleibt - eine Insiderdiskussion. Es ist immer noch das Gespräch der Gatekeeper über die Frage, wie ihre Nachrichten aufgenommen und von der Leserschaft kommentiert werden.
Erst jetzt, wo das Online-Publikum den Redaktionen die Bude einrennt - und das mit Ansichten, die nicht mehr das Spektrum der Redaktionsmeinung insgesamt vertreten - wird deutlich, was "des Volkes Stimme" auszurichten vermag, wenn Sie nicht mehr in diesem Setting konform ist.
Ist das Schliessen der Online-Rück-Kanäle wirklich eine Lösung, eine adäquate Antwort: Jörges sagt klar und deutlich "Ja". Und plädiert dafür, dass man auch die anderen neuen Kanäle wie twitter und Facebook nicht bedienen solle: Und sagt das, weil er sich sich Dank seines Bekanntheitsgrades leisten kann, darauf zu verzichten. Aber ist er damit ein Vorbild?
Von der "edition F" können wir lernen, dass es auch anders geht. Kein "hate speach" - und wenn doch, dann muss sich die Redaktion damit auch direkt auseinandersetzen. Ja. Ohne Hass, aber mit einer Haltung. Für die man dann bereit ist, auch einzutreten. Öffentlich.
Öffentliche Reaktionen ?
Warten wir ab, was da noch kommt: so u.a. vom Medienmagazin des rbb auf radio eins [2]
Das Interview mit Ingrid Brodnig
war eigentlich zunächst als Hintergrundgespräch geplant, entwickelte sich dann aber so gut, dass wir beide am Ende des Gesprächs überein kamen, dieses an dieser Stelle auch öffentlich zu machen. Danke Ingrid! [3]
Teil 1:
Teil 2: