Es gibt für die Menschen, wie sie heute sind, nur eine radikale Neuigkeit – und das ist immer die gleiche: der Tod.
Heute vor 5 Jahren publizierte Stephan Wackwitz - er spricht gleich im ersten Satz von sich selbst als einem einst mit zwanzig Jahren "vermutlich nicht ganz" unbegabten, sehr beeindruckbaren und vollkommen wirren Menschen - einen Text zur Walter Benjamin Rezeption [1]. Aus Anlass des zu jenem Zeitpunkt 70. Todestages des Philosophen, den er einst durch sein eigenes Handeln an sich selbst selber bestimmt hatte. Als Flüchtling. In Port Bou [2].
In diesem Aufsatz wird eine Parallele von Benjamins missglückten wissenschaftlichen Bemühungen zu jenen Goethes gezogen, dessen "Farbenlehre", "die schon zur Entstehungszeit grottenfalsch war", auch wenn im dies an dessem "künstlerischen und literarischen Rang bis heute" nicht nehmen würde.
Und weiter: "Benjamins Werk ist die "Farbenlehre" des zwanzigsten Jahrhunderts. Wenn man sich (wofür wissenschaftlich fast alles spricht) entschließt, seine Bücher als Germanistik, Architektursoziologie, Medienthorie, Geschichtsphilosophie nicht mehr allzu ernstzunehmen, dann erst kann man seiner Genialität als Schriftsteller gerecht werden.
Dann erweist sich der literarische Essay – der paradoxe Fall einer illegitimen Gattung, für die es trotzdem Regeln gibt – als das Zentrum seines Werks. Das "Passagenwerk" wird erkennbar als Vorläufer von Kempowskis "Echolot" und anderer Formen der Dokumentarliteratur und künstlerischen Recherche, seine Literaturkritiken als das raffiniert über Bande gespielte Projekt einer intellektuellen Autobiographie."
Diese beiden Hinweise sind von Bedeutung. Über das Echolot und dessen gemeinsame Lektüre war in diesem Jahr auch in dieser Publikation bereits die Rede [3]. Von der Qualität und "durchschlagenden Bedeutungslosigkeit" des Essays als Ausdrucksform wird demnächst noch an anderer Stelle die Rede sein.
WS.
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