Happy Birthday, Peter Fonda!

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 28. Februar 2004 um 12 Uhr 10 Minuten

 

Wenn jemand wie Peter Fonda 65 Jahre alt wird, dann wird es Zeit sich zu fragen, ob es nicht Zeit wird genauer auf jene Strömungen zu achten, die sich heute jenen Mittelstandsanmassungen einer Gesellschaft zu widersetzen versuchen, die nicht mehr in der Lage ist, ihre Geschichte auch als Gegenstand ihres alltäglichen Handelns zu reflektieren.

Das hístorische Element des eigenen Erlebens wird zur Kolportage. Ein altes Foto (das ja heute schon in Farbe ist und sich nur noch mit einem "F" und nicht mehr mit "Ph" beschrieben wird) und selbst das Plüschtier aus frühen Jahren sind ja noch die liebenswertesten Elemente dieser Nostalgie.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Wer sich aber den Karnevalsabend im Kölner Gürzenich so richtig hat zu Gemüte gehen lassen - sei es als Ausführender oder Gast vor Ort oder sei es an den Bildschirmen in den ersten Reihen dieser Republik - der weiss, wie "es" aussieht und wie "es" sich anhört, wenn diese Art der vergesellschafteten Nostalgie im Kostüm gekleidet einherkommt.

Es geht hier nicht gegen den Karneval und nicht gegen die Fassenacht, schon gar nicht eingedenk ihrer teilweise bis ins 14.Jahrhundert zurückreichenden Traditionen, aber jene fünfte Jahreszeit, die einst ein Er-Leben jenseits von Rang und Stand ermöglichen wollte, ist heute selber zu einer der höchsten wie bizarrsten Ausformungen dieser ersatz-ständigen Gesellschaft geworden.

Der sich auf alte Traditionen berufenden Mummenschanz wird heute in einer Art aufgeputzt, die jeglicher Idee von Traditionsliebe zuwiderläuft. Jede Prinzengarde und jeder Schellenbaum erinnern immer noch zu sehr an jenes deutsche Wesen, an dem einst die Welt genesen sollte. Heute als ein durchaus legitimes und unterhaltungträchtiges Element der Kultur- oder besser der Unterhaltungsindustrie hoch im Kurs, dokumentieren diese bunten Elemente zugleich den Verlust jeglicher historischen Wahrnehmungs- und Verortungsmöglichkeiten.

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Nicht nur, dass diese historischen Versatzstücke nur noch als Abglanz ihrer selbst zu neuer Pracht und Herrlichkeit herausgeputzt werden. Auch jene, die sich in ihnen darstellen, können diese von ihnen selbst mit gefeierte Demonstration der heilen(den) Welt des Humors nicht als die unheilvollen Vorboten einer nicht bewältigten Geschichte erleben, weder der eignen noch der nationalen.

Starker Tobak? Peter Fonda, in "Easy Rider" - zur Erinnerung meine Damen und Herren: das erste starke Road Movie zum Ausgang der sechziger Jahre - bis über die Ohren bekifft, hatte noch zu seinem sechzigsten Geburtstag von jener "Zeit der Zeiten" geschwärmt, die er mit seinen Freunden bei den Beatles, Doors und Stones verfeiert hatte. Und jetzt, mit 65, will er ernsthaft der Jugend raten, die Finger von den Drogen zu lassen?!

Nein, eben so ist dieser Text eben nicht gemeint: Es geht hier nicht darum, den Menschen die Freude am Feiern nehmen oder abspenstig machen zu wollen. Für viel zu vielen von ihnen ist diese fünfte Jahreszeit immer noch die einzige Möglichkeit, ihr "wahres Gesicht" zu zeigen, trotzt und gerade wegen der für diese Tage geltenden Aufhebung jeglichen Vermummungsverbotes.

Allein, die fast permanente Aufhebung des Verdummungsverbotes führt dazu, dass in dieser besonderen Jahreszeit all das seine Ausgeburten austragen und austreiben darf, was sich sonst alltäglich in unseren Köpfen und Sinnen festgesetzt hat: die Un-Möglichkeit, aufrichtig und nachhaltig die Würde (an)der eigenen Person als eine der Grundlagen unserer Existenz im alltäglich Handeln und Behandeltwerden umzusetzen.

WS.

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"Easy Rider? It was a real film!" - "the most difficult task of this hard work was to have fun" - "believing: in what you are shooting" - "at that time there was a false morality and a false song" - "film making: it was not about, how much you spend, it was about how much you gave" - "people are now howing and bowing for a whole new kind of pillow talk, its a shame" - "I certainly did not preach in Easy Rider, I was only working for one line: ’You know Billy, we blew it’".
Peter Fonda in einem Interview mit Achim Zeilmann vom 9.2.04 in www.zdf.de > ZDFmediathek > Unterhaltung & Kultur > Videobeiträge


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