"unerhört - schon gelesen"?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 20. Februar 2004 um 21 Uhr 05 Minuten

 

Nachdem die Mär von der Verödung der Schreibkultur durch das Internet vom Tisch ist, wird jetzt auch mit einem weiteren Verdacht reiner Tisch gemacht. Wie Spiegel ONLINE am 17. Februar 2004 berichtet hat, kommt eine aktuelle Vergleichsstudie der amerikanischen Cornell University zu dem überraschenden Ergebnis, dass in den E-Mails am wenigsten gelogen wird und nicht etwa im direkten persönlichen Gespräch.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Im Online-Aufmacher wird Humphry Bogarts "Schau mir in die Augen, Kleines" zitiert, da auch dieser berühmte Film von den Idee ausgeht, dass der Blick in Ingrid Bergmanns Augen es schlicht unmöglich mache, noch lügen zu können. Und dann wird aus "New Scientist" zitiert, wonach zwar auch im Mail-Verkehr gelogen werde (14%) in den direkten Auge-in-Auge-Gesprächen aber deutlich mehr (27%).

Ein Überblick über alle vorliegenden Daten ergibt: bei schriftlichen Aussagen wird weniger gelogen als bei mündlichen, bei flüchtigen mehr als in jenen, die sich leichter fixieren lassen.

Konkret: wer einen ICQ oder vergleichbare Instant-Message-Dienste nutzt hat mit 21% Devianz immer noch eine größere Chance, die Wahrheit zu erfahren, als einst Bogart bei der Bergmann.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Wie gut nur, dass die beiden nicht nur miteinander telefoniert haben: sonst hätte das schöne Zitat nicht in die Film-Geschichte eingehen können. Wer weiss, wie dann der Plot ausgegangen wäre: laut Aussagen der Forscher wird nämlich mit Abstand am meisten am Telefon gelogen, über ein Drittel aller Aussagen sind davon betroffen, 37%, um auch hier genau zu sein.



Schade, dass man in diesem Zusammenhang nicht auch die Video-Telefonierer interviewt hat ;-) aber Jeffrey Hancock, Assistant Professor am Department of Communication der Cornell University und seine Arbeitsgruppe "Computer Mediated Communication" sind ja gerade erst am Anfang einer ganzen Reihe von Untersuchungen, die angeblich in Europa erstmals im April auf einer Konferenz über Mensch-Maschinen-Interaktion in Wien vorgestellt werden sollen.


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