Digital Innovators’ Summit (II)

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 20. März 2013 um 12 Uhr 28 Minuten

 

1.

Was sich bereits am ersten Tag angedeutet hatte, fand an diesem zweiten Tag seine Bestätigung. Es war nicht mehr möglich, an einem Ort sitzen zu bleiben und die auf der Bühne auftretenden Personen und ihre Verlautbarungen "durchzuprotokollieren".
Der Ablauf von zwei parallel verlaufenden Sessions ver-führte dazu, auch ab und zu zu springen, weil vergleichbare Themen in beiden Tracks vorgestellt wurden und das Interesse wachriefen.

2.

Sessions, Tracks, [...] es wurde die ganze Zeit nur englisch gesprochen. In den unterschiedlichsten Ausprägungen. Nicht nur mit einem UK- oder US-Hintergrund, sondern auch aus Dänemark, Indien, Israel oder Südafrika. Aber es gab keinen einzigen Vortrag, wo dies zu einem Problem geworden wäre, die Präsentation hätte als peinlich wahrgenommen werden können. Das Englische hat als lingua franca - in diesem Falle - funktioniert.

3.

Es war von besonderem Interesse nachzuverfolgen nicht nur, was erzählt wurde, sondern auch, wie erzählt wurde. Es gab keinen einzigen Beitrag, der nicht von Bildern, Charts, Texten und auch Videos begleitet worden wäre. Und dennoch waren viele der Präsentationen es wert, in dieser Weise durch solche Medien unterstützt zu werden. [1]

4.

Die Qualität und Dichte der Beiträge war so hoch, dass es dringend angeraten ist, sich - soweit möglich [2] - diese nochmals in Ruhe und mit Nachdenkpausen anzusehen. Klar, dass die Vortragenden immer auch das legitime Interesse im Hintergrund hatten, ihrer Dienst-Leistungen verkaufen zu wollen. Dennoch gab es keine jener peinlichen Entgleisungen, in denen sich das Ganze zu einem simplen sales pitch degeneriert hätte.

5.

Um es nochmals zu sagen: Die Aufzeichnungen dieses Jahres sind weder vollständig noch objektiv und sie sagen auch nicht immer die ganze Wahrheit. Will sagen: Es war im Rahmen dieser zwei Tage in einigen Fällen möglich, mit einigen der Referenten sehr ehrlich - ja Tacheles - zu reden, ihnen zu sagen, was von ihrer Darstellung gut angekommen ist, was nicht, und warum. Und das in grosser Direktheit, Offenheit und Zielsicherheit, die insgesamt in den geführten Gesprächen ausnehmend gut angekommen ist. Die Wiedergabe dieser Art von Dialogen verbietet sich an dieser Stelle selbstredend.

Das Programm - samt einiger Kommentare:

8:30 – 8:40 Welcome and Recap
 Mike Hewitt, Managing Director, Adaugeo Media (UK)

8:40 – 9:10 How to Prosper in the Ever-Changing Digital Media Landscape – Lessons from Atlantic Media
It took radical change and brand new thinking to turn around the sinking ship that the 150
year old Atlantic had become. In addition to taking the venerable brand into profitability and
the digital age, changing the business model and building out brand extensions, Atlantic
Media has embarked on a new mission with the digital-only news site Quartz. Hear from the
man who is a driving force behind these innovations.
 Justin B. Smith, President of Atlantic Media (USA)

9:10 – 10:10 Making Paid Content Work
It’s still not easy, but subscriptions to digital content can work. Two key players that have
successfully implemented paid content models - The New York Times for its own content,
Press+ for hundreds of US newspapers and other publishers - share their insights,
experiences and best practices.
 Paul Smurl, Vice President, NYTimes.com Paid Products (USA)
 Matt Skibinski, Vice President of Affiliate Relations, Press+ (USA)

10:10 – 10:15 Solution Provider 100 Second Elevator Pitches
Solution providers tell you in 100 seconds what they can do to help your business.
 [3]:

Growing Digital Revenues with Zinio
Raul Suarez, Managing Director, International, Zinio

Transform Content for a Digital Revolution
Holger Meyer, CEO and Chairman, 3DZ

Creating a ’Perpetual Digital Relationship’ with your Customers
Rob Shaw, VP Digital Commerce Solutions, Northern & Southern Europe, hybris Software


10:45 – 12:00 Digital Advertising – Publisher Relevance in the Age of Owned, Earned and Paid Media
The new trifecta of “owned, earned and paid media” can be a daunting proposition for
publishers and their sales teams. With more and more resources devoted to owned (marketer
websites, apps etc.) and earned (social) media, marketers are taking more control of their
media mix. At the same time, as paid media buying via RTB gains momentum, will it be harder
for publisher revenue teams to remain relevant? How can publishers and revenue teams
partner with marketers in this new environment? What are the opportunities to grow revenue?
Create new products? Re-imagine relationships? Hear the latest research and recommendations
on this topic from one of the foremost thought leaders in digital media and the
views of a premier agency.
 Rebecca Lieb, Analyst, Digital Advertising & Media, Altimeter Group (USA)
 Stephan Pretorius, President, acceleration (UK)
 Gerhard Louw, Sr Manager, International Media Management, Deutsche Telekom (Germany)

Wie bereits eingangs gesagt: Alle an diesem Vormittag folgenden Vorträge sind so komplex und zugleich von so hohem Interesse, dass es wenig Sinn macht, diese Aussagen in ihren entscheidenden Zusammenhängen direkt und live an dieser Stelle "durchzubloggen".

Bereits der Vortrag von Rebecca Lieb war eine Klasse für sich.

Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, beschreibt die immer mächtiger werdende Verzahnung von interessengeleiteter und journalistischer Kommunikation und die sich daraus ergebenden Konflikte und Probleme - bis hin zu bezahlten Blog-Beiträgen und dererlei mehr.

Ihr Plädoyer: Es sei wichtiger denn je zu zeigen, was bezahlt wird und von wem - und was nicht.

Die von ihr aufgezeigten Perspektiven reichen aber viel weiter: "We are going to see hybrid models and new story telling agencies." Und sie macht klar, dass die Zukunft schon längst begonnen habe: "This is real; already here. It is really hard and really complicated. And it is going to be even more complicated before it is going better."

Wie gut, dass hier einmal eine Frau den Männern die Leviten liest.
Und wie gut, dass ihr auch von männlicher Seite die notwendige Unterstützung zukommt: in dem nachfolgenden Vortrag von Stephan Pretorius.

Seine wenigen, klar gesetzten und erläuterten Stichworte machen deutlich, welch grosse Veränderungen schon heute in den folgenden Bereichen anstehen:

— Programmativ buying
— Custom campaign desing
— Paid, owned and paid media

Und auch hier nur wenige Stichworte, von denen jedes weit mehr ist als nur ein "Buzzword" oder ein "Teaser":

— Doing nothing is not an option
— Don’t abandon what got you this far
— Change incrementally

— Embrace a New Revenue Mix
— Pro-active Sales Planning needed
— Get Ahead RTB
— Your Clients’ Objectives, not your Solutions
— Earn it together

— Differenciation ist Not about Pricing
— Change Your Rewards
— Retrain for Collaboration
— Develop Vertical Expertise
— Go Direct (to the client without anying the agencies)

— The Transition process will continue
— Top tier publishers have to be good in the old and in the new
— Segmentation of your advertisers is key to success
— Business, Cereatives, Technology have to work together
— rework your margin

In jeder dieser Aussagen steckt über Jahre entwickeltes Wissen, das hier kondensiert und komprimiert ist und dennoch sogleich klar macht, wie komplex und mühsam der Prozess einer gelungenen Veränderunsstrategie sein kann.

Mit Gerhard Louw kommt schliesslich auch ein Vertreter jenes Hauses zu Wort, in dem diese beiden Tage stattfinden [4]

Er blickt zurück auf die bahnbrechenden Veränderungen in seinem eigenen Berufsleben, vom ersten Rechner im Jahr 1996, dem ersten Mobiltelefon im Jahr 1999 und den ersten e-Mail-Nachrichten.

Heute, so sagt er, sei es für viele Menschen das grösste Drama, sein "mobile device" zu verlieren, schlimmer als der Verlust der Hausschlüssel oder - des Eherings.

Er zeigt Video aus der Life’s for Sharing und der MOVE ON - Kampagne als gelungene Beispiele für Partizipation und einer Internet-First-Strategie, die auch vor dem klassischen Kino nicht halt macht.

Klar, das es vielen der Follower Freude bereitet, Teil eines Hollywood-Films werden zu können. Und klar, dass es den Konzernverantwortlichen Freude bereitet miterleben zu können, dass ihr Brand in solche einem Setting auch bei den Jugendlichen ankommt.

Aber ist damit das Feld der Konsumenten von morgen schon bestellt? Ist die DTAG damit schon als Carrier & Provider for Unser Generated Content 2.0 angekommen? Ist das Ganze von Agenturen und externen Kreativen angezettelt oder lässt sich aus dieser Innovation through Collaboration - Maxime auch ein nachhaltiger Wandel in der Philosophie des eigenen Hauses ablesen? Vergessen wir nicht, dass einer der heftigsten Negativposten die aktuellen Bilanz von T-Mobile die USA waren...

Die hier auf der Bühne vorgetragenen Positionen sind ebenso ehrlich ("traditional media is still key") wie engagiert ("Breaking Down the Barriers with Media Mix between Paid, Earned & Owned Media) - allein die Frage bleibt, welche Rolle das Haus in Zukunft in Bezug auf das Thema "Content" einnehmen wird. Einerseits wurde vor wenigen Jahren die Media Broadcast an die Franzosen verkauft, und andererseits haben sich heute schon Disney, Fixar und Sony Pictures als Inhalteanbieter auf dem Telekom-Entertain-Paket verdingt.

Welche Chancen oder Befürchtungen sich daraus für die Verlagsszene ableiten lassen könnten, blieb weitgehend im Dunkeln.

12:00 – 12:45 Digital Innovations in Magazine and Innovations Awards
One of the editors from Innovation Media Consulting presents the latest innovations in the
magazine media world and announce the Editor’s Choice Awards.
 John Wilpers, Innovation Media Consulting Group (UK)

Eine gemeinsam mit der FIPP konzipierte Präsentation, die Mut machen soll: In nicht weniger als 80 ausgesuchten Beispielen wird gezeigt, wie die Verlage sich der Herausforderungen des Einsatzes sogenannter "Neuer Medien" stellen können.

Das geht soweit, dass auf Intitiative von Coca-Cola.fm eine Zeitschrift durch Falten und Rollen in eine Beat-Box für das iPhone verwandelt wird: die Zeitschrift als Sound-System-Enabler für eine Nutzung, die sich erneut und bis aufs Extrem auf das Materialhafte des Angebots zurückrollen lässt.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Es gibt kaum ein treffenderes Szenarium, in dem die Zukunft und das Ende der Zeitschrift inszeniert wird. Während in anderen Szenarien immer wieder zu sehen war, wie die Bilder in einem immersiven Kontext den Druckseiten entfliehen, um sodann Minority-Report-like vor dem Betrachter zur Nutzung angeboten zu werden, wird hier die Zeitschrift auf die Rolle einer Zeischriftenrolle reduziert: als Resonanzkörper für ein Smartphon, dessen Töne auf diese Art und Weise verstärkt werden können - hast Du noch Töne?

Aber es gibt ebenso erschreckende Perspektiven nicht nur für die Verleger, sondern auch für die Journalisten: Im Gegensatz zu den Begegnungen in Stanford zum Thema Innovation Journalism wird ein - wohl nicht ganz erst zu meinendes und dennoch offensichtlich als realistisch skizziertes - Portrait präsentiert.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Es geht um das Portrait einer jungen Frau - "part writer, part showman" - an dem die ORIGINS OF A NEW SPECIES OF JOURNALIST festgemacht werden: mit Google Glasses vor den Augen, den Google Analytics Results im Kopf und dem permanenten Google Chat auf ihrem iPad.

12:45 – 12:50 Solution Provider 100 Second Elevator Pitches
Solution providers tell you in 100 seconds what they can do to help your business.

Digital Goods are in the DNA of PayPal already!
Matthias Setzer, Senior Director Merchant Services DE/AT/CH, PayPal

Unlock the Power of Content Discovery
Alex Erlmeier, Country Manager - DACH, Outbrain

Turning Text into Video
Yotam Cohen, Co-Founder & VP Biz Dev, Wibbitz
 [5]


14:00 – 14:20 Paid Subscription
Platform Piano
Tomáš Bella has been instrumental in setting
up successful national paid content platforms
for publishers. He shares the lessons learned
and what it takes to make paid content
models work.
 Tomáš Bella
CEO, Piano Media (Slovak Republic)


14:20 – 14:40 Paid Subscription
Platforms - Epresse
Philippe Jannet talks about his efforts to help
French publishers control digital distribution
while focusing on a consumer centric
approach.
 Philippe Jannet
Managing Director,
ePresse Premium (France)

14:40 – 15:00 Paid Subscription
Platforms - Nook
Barnes & Noble has developed the NOOK
Newsstand to help publishers gain visibility
and sales of their digital content. Jonathan
Shar discusses the NOOK and Barnes &
Noble’s plan for the platform.
 Jonathan Shar
Vice President & General Manager, Emerging
Digital Content, Barnes & Noble (USA)


15:00 – 15:20 Digital Trends for Publishers –
Perspective from Israel
An Israeli venture capitalist talks about key
innovation clusters that are relevant to digital
publishing and shares examples of innovative
companies relevant to publishers.
 Uri Adoni
Partner, JVP Media Labs (Israel)

15:20 – 15:25 Closing Summary and Adjournment
 Beate Borstelmann, Partner, emedia SF


14:00 – 14:20 Programmatic Selling for
Publishers
Publishers can take an active role in maximizing
return from their inventory while maintaining
control over their data.
 Jay Stevens
Senior Vice-President and General Manager,
International, Rubicon Project (UK)

14:20 – 14:40 Responsive Advertising
If your content is available on various platforms,
your ads should be as well. Learn about a solution
that lets your ads conform to just about any
device and size.
 Matthew Snyder
Founder and CEO, ResponsiveAds (USA)

Wie schon an anderer Stelle gesagt: hier wird ein scheinbar nur technisches Problem in seinem ganzen Zusammenhang ganz und gar untechnisch, ja geradezu einfühlsam präsentiert.
Es wird eine eigene Bildersprache entwickelt und vorgeführt, die mehr sagt als tausend Worte und es dem Vortragenden erlaubt, seine Vemittlungsabsicht auf klare und coole statements zu beschränken.
Dabei ist die Aufgabe eine einfache - die bislang so schwer zu machen war: Kontinuität bei der Platzierung einer werblichen Aussage herzustellen, obwohl der Medienkonsum immer diskontinuierlicher, fragmentierter und plattformübergreifend funkioniert.

14:40 – 15:00 The Future of Technology
in Publishing
Nick Bogaty will discuss the role of technology
in publishing. He will touch on what it takes to
transition to digital, and how critical it is to choose
a solution that let’s you stay on top of the device
explosion, how to approach your marketing in an
entirely new way, how to capture and use data,
and stay connected to your readers.
 Nick Bogaty
Senior Director of Business Development and
Marketing, Digital Publishing Group,
Adobe Systems (USA)

15:00 – 15:20 Multichannel Publishing
How should publishers approach multichannel
publishing? Get insights from Hans Janssen.
 Hans Janssen
CEO, WoodWing

15:20 – 15:25 Closing Summary and Adjournment
 Mike Hewitt, Managing Director, Adaugeo Media


Zu guter Letzt der Hinweis auf ein etwas längeres Gespräch mit den drei jungen Damen von der Garderobenannahme und -ausgabe.
Wir reden über ihr Nutzungsverhalten in Bezug auf "alte" und "neue" Medien - ausser, dass sie diesen Unterschied gar nicht mehr machen.
Viele der oben auf der Bühne statistisch proklamierten Nutzergrössen werden hier konkret und nachvollziehbar - bis zu den Tränen die bei dem Verlust des eigenen Smartphones geflossen sind.
Am Schluss kommen die jungen Damen allesamt zu dem Schluss, dass eigentlich sie da oben hätten stehen und berichten sollen, wie sie in ihrer Praxis damit umgehen, was früher mal eine Zeitschrift gewesen sein mag.

Anmerkungen

[1Diejenige Präsentation, wie wirklich neue Standards gesetzt hat, war die von Mat(thew) Snyder von Responsive Advertising - und es ist schade, dass er dafür nicht die grosse Bühne mit dem grossen Bildschirm in der Haupthalle zur Verfügung hatte.

[2soweit bekannt, wurden die Beiträge in den parallelen Session im langgestreckten Nebenraum nicht aufgezeichnet

[3Die Namen standen in der hier vorgelegten PDF-Version noch nicht fest, werden aber an dieser Stelle aufgeführt

[4Und es ist eigentlich kaum jemanden klar, wofür dieses Haus einst gebaut wurde, welche bahnbrechende, zukunftsweisende Techniken einst von hier aus zum Einsatz kamen und welche Bedeutung dies einst für die Metropole Berlin gehabt hat.

[5Hier das Ergebnis des Versuchs, auf der WIBBITZ-Seite die Probe auf’s Exempel zu machen - und das englische Portrait zur eigenen Person zur Verwertung eingespielt. Hier das Ergebnis:

Keines :-(


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