Kirche wider Willen

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 22. Februar 2013 um 21 Uhr 07 Minuten

 

Das ist schon fast ein Wunder. Wie kann eine Kirche wie die katholische eigentlich noch überleben, wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung - und der Katholiken selber - mehrheitlich eine ganz andere Meinung vertritt im Vergleich zu dem, was das Dogma des offiziellen Glaubenskanons vorgibt? [1]

Hier die grafische Aufbereitung von Umfrageergebnissen, die am 19. Februar 2013 in der "heute"-Sendung um 19 Uhr veröffentlicht wurden.

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Danach ist klar:
— Priester müssten nicht mehr im Zölibat leben.
— Frauen dürften Priester werden.
— Geschiedene dürften im Falle einer erneuten Eheschliessung erneut vor den Altar treten.

Was also tun? Der nächste Papst müsste eine Frau sein. [2]

Nachtrag:

In einer zugesandten Mail wird Bezug genommen auf die Meldung, dass die Deutsche Bischofskonferenz in Trier entschieden habe, dass Frauen nach einer Vergewaltigung nunmehr die "Pille danach" einnehmen könnten, solange diese keine abtreibende Wirkung habe. [3]

Und dann wird auf die Satire-Publikation "Der Postillon" hingewiesen, in der unter der Überschrift "Erlaubnis von "Pille danach" kommt über 2000 Jahre zu spät für Jungfrau Maria" in einem Beitrag vom 22. Februar 2013 u.a. folgender Originalton zu lesen ist:

"Jetzt schauen Sie mal nicht so entsetzt", so Maria weiter. "Jesus war ein guter Junge, aber es ist nicht so, dass ich eine Wahl gehabt hätte. Die Empfängnis durch den Heiligen Geist erfolgte weder einvernehmlich noch hat sie damals in meine Lebensplanung gepasst." Immerhin sei Maria bereits in einer festen Beziehung mit Josef von Nazaret gewesen, als ihr plötzlich der Erzengel Gabriel erschien und verkündete, sie sei schwanger.
"Frohe Botschaft – von wegen: Ich war wütend und verzweifelt. Doch ich hatte keine andere Möglichkeit, als das Kind zu bekommen", erzählt Maria. "Dabei war es schon damals unglaublich schwer, einen Krippenplatz zu bekommen." Davon wie schmerzhaft eine Jungfrauengeburt ist, will sie erst gar nicht reden. Nur soviel: Es sei kein Wunder, dass Marienstatuen immer wieder weinen.

Anmerkungen

[1Am 6. Februar 2009 erschien in der Frankfurter Rundschau ein Artikel von Thomas Seiterich in dem Artikel: Kirchenspalter wider Willen über die "Wandlung des Joseph Ratzinger: vom Kämpfer für die katholische Öffnung zum konservativen Dogmatiker. "
Und da nicht klar ist, ob und wie lange noch die Online-Version dieses Textes zur Verfügung stehen wird, seien hieraus zumindest die folgenden Absätze zitiert:

"1958 tritt der damals 31-Jährige eine Professur für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der kirchlichen Hochschule in Freising an. Bereits ein Jahr später folgt er dem Ruf an die angesehene Theologische Fakultät an der Universität Bonn. Der junge Startheologe ist kein Reaktionär. Als Papst Johannes XXIII. der katholischen Weltkirche einen "Sprung nach vorne" verordnet und das Zweite Vatikanische Konzil einberuft, macht der beliebte Kölner Kardinal Frings Ratzinger zu seinem Konzilsberater. Während des Konzils kämpft Ratzinger für eine tiefgreifende Reform der seit Jahrhunderten byzantinisch verkrusteten katholischen Kirche.

Ratzingers Vorbilder und Mitstreiter als Bischofsberater und Konzilstheologen sind der deutsche Jesuit Karl Rahner, der Franzose Yves Congar und der junge Tübinger Startheologe Hans Küng. Sie ziehen sich den Zorn des mächtigen Chefs der Glaubenskongregation, Kardinal Ottaviani, zu. Gegen Kirchenmänner wie ihn oder den New Yorker Kardinal Spellmann helfen die "theologischen jungen Wilden", die epochale Wende der römischen Kirche zu Toleranz, Menschenrechten und ökumenischem Miteinander mit den nichtkatholischen Kirchen und Religionen durchzusetzen.

Hans Küng, der spätere theologische Gegner, holt Ratzinger 1966, kurz nach dem Konzil, an die Uni in Tübingen. Küng fährt damals Alfa Romeo, Ratzinger fährt Fahrrad. Die jungen Professoren diskutieren und verbringen auch Freizeit miteinander. 1968 aber trennen sich die Wege: Während Küng "Unfehlbar?" und andere kritische theologische Bestseller publiziert, flieht Ratzinger vor den aufbegehrenden 1968er Jungtheologen in die vertraute bayerische Provinz, an die Universität Regensburg. Geradezu panisch ist seine Reaktion: Er fürchtet, mit den 68ern drohe der Untergang des Abendlandes - ganz ähnlich wie sein geistiger Sparringspartner, der spätantike Kirchenlehrer Augustinus, der im Jahr 418 die Eroberung Roms durch die Westgoten als Ende einer Welt deutete. Das Jahr 1968 und die Erfahrungen in Tübingen markieren den Bruch in Ratzingers Leben: Aus dem modernen Mainstream-Theologieprofessor wird ein zunehmend konservativer Dogmatiker."

[2Als Reaktion auf diesen Text - oder vielleicht auch nur dessen Überschrift - der Hinweis auf die Musical-Uraufführung am 4. Juli 2013 im Theater Eisenach: LUTHER! REBELL WIDER WILLEN.
Aus der Ankündigung:
"Und wenn er später dem Zölibat entsagt und Katharina von Bora ehelicht – ein Skandal: ein ehemaliger Mönch und eine entlaufene Nonne! –, so ist das eine persönlich konsequente Tat, die aus seinem neuen Religions- und Kirchenverständnis entspringt."

[3Dass diese Argumentation sich jenseits jeglicher medizinischen Kenntnis bewegt, ist bekannt und wird u.a. sehr klar in dem Spiegel-Online-Gesundheit-Artikel "Kirchendebatte: Warum die "Pille danach" keine Abtreibung ist" zusammengefasst.


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