CeBIT 2013: Eine Consumer-Electronics-Show?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 13. März 2013 um 00 Uhr 34 Minuten

 

Am Tag der Deutschen Einheit des Jahres anno 2012 kommt es zu einer Aussendung des Bereichsleiter Consumer Electronics & Digital Home des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., BITKOM, Michael Schidlack, mit dem Angebot, sich ab sofort für das Fachforum „Smart Home“ auf der CeBIT 2013 in Hannover als Sprecher bewerben zu können

Format: Teilnahme an moderierter Podiumsdiskussion l Face-To Face Dialog mit dem Moderator (10 Min) oder Frontalvortrag (20 Min).
Ort: Hannover Messegelände l Halle 13 l ca. 90 Sitzplätze

Das Smart Home Fachforum auf der CeBIT bietet ein interessantes Kontaktumfeld, wenn Sie sich, Ihre Produkte oder Ihr Unternehmen öffentlichkeitswirksam präsentieren wollen. Kosten für den Speakerslot entfallen bei Anmeldung über den BITKOM.

In dem beigefügten PDF-File ist nachzulesen, dass ohne diese BITKOM-Gateway die "Speakeropportunity" für einen "Vortragsslot" von 15 Minuten für einen Aussteller mit Euro 490 in Rechnung gestellt wird, für einen Nichaussteller mit Euro 690 Euro.

Interessant, dass dieses "Angebot" auch an Journalisten versandt wurde...

... mit der Einladung die "digitale Zukunft im Blick" zu haben: heute müssten die Marken auch die digitalen Medien mit in ihre Marketingstrategien einbinden.


In der aktuellen Ausgabe der Bahn-Kunden-Zeitschrift „mobil“ wird auf dem Cover mit einem Hinweis auf den folgenden Artikel geworben: „CeBIT 2013. Fernsehen nur noch über das Internet?“

Und ab Seite 52 wird dann ein Artikel von Christian Sobielle unter dem Titel: „CLEVER & SMART“ mit dem Aufmacher angekündigt, dass die Unterhaltungselektronik für zu Hause immer raffinierter werde.

Vorgestellt werden gleich auf der ersten Seite der SONY Bravia W906, der SAMSUNG DA-F60 und der AT270 von Toshiba: Ein Fernseher, ein Lautsprecher und ein Tablet. Auf der nachfolgenden Seite die gleiche Konstellation: der Aquos LE 840 von Sharp, das SoundLink Air Digital von Bose und das Samsung Galaxy Note II von SAMSUNG. Und auf der Seite 56 nochmal das Gleiche: der Smart VIERA Neo Plasma von PANASONIC, die Mobile UE Boombox von LOGITECH und das PadFone 2 von ASUS. [1]

All das und noch viel mehr, so verspricht es der Artikel, sei vom 5. bis 9. März in Hannover, dem „Mekka der Unterhaltungselektronik“, zu finden.

Ein Blick in den Messekatalog – der ehemals in DIN-A-4-Format als Buch verlegte schwergewichtige Foliant hat sich in ein broschiertes Handbuch im Westentaschenformat verschlankt – gibt bis auf die Namen: „Bose“, „Sharp“ und „Toshiba“ auch die anderen hier genannten Brands wieder.

Wer allerdings auf der CeBIT-App die Abfrage nach „Internet TV, IPTV-Empfänger, IPTV-Ferns…“ startet, trifft auf keine einzige von den hier im Artikel genannten Firmen. Beim Abruf unter „Digitale Media Endgeräte; sonstige“ ergeht es einem keinen Deut besser. Und auch unter „Entertainment; sonstiges“ ist keine der hier zuvor genannten Firmen aufzufinden.

Da der Titel nicht mit „Anzeige“, sondern mit „CEBIT 2013“ überschrieben ist, sollte die Vermutung gelten und obsiegen, dass es sich hier tatsächlich um einen in eigener Recherche erstellten journalistischen Beitrag handelt, der wider besseren Wissens bei der Redaktion abgesetzt wurde oder sogar von dieser in Auftrag gegeben wurde.

Und da die CeBIT als Messe-Brand bei einem „mobil“-Bahn-Publikum immer noch einen höheren Stellenwert hat als die International Consumer Electronics Show, CES, in Las Vegas, sollte man vielleicht die Kirche im Dorf lassen und nicht päpstlicher sein als der Papst [2]

Und dennoch ist dieser Artikel als pars pro toto ein gutes Beispiel dafür, dass die CeBIT immer noch in der öffentlichen Rezeption davon lebt, was sie in ihrem innersten Kern schon lange nicht mehr ist: eine Büro-Computer-Messe.

Dass sich Fernseher heute mit einem Smartphone steuern lassen und Lautsprecher von einem Tablet aus, natürlich sind auch das CeBIT Themen: Auch wenn sich die mobilen Endgeräte wenige Tage zuvor in Barcelona clustern lassen und die Fernseher nach wie vor auf der IFA in Berlin. Gerade die Frage nach den technischen Standards solcher Interoperabilität und nach den Methoden und Möglichkeiten, die Informationstechnologie für solche Funktionen einzusetzen, stehen im Mittelpunkt vieler Anwendungsszenarien und Gespräche.

Aber solches Enabling, dieses „Möglichmachen von“ ist eigentlich kein Thema für den Endkonsumentenmarkt mehr. Denn auf der CeBIT wird immer weniger Umsatz mit den End-Geräten gemacht, sondern mit dem, was sie leisten. Und das ist zumeist eine software- und keine hardwarespezifische Leistung.


Vielleicht ist es an der Zeit, daran zu erinnern, dass die LeserInnen dieser Online-Publikation schon in den letzten Jahren Gelegenheit hatten, eine Reihe von Antworten auf Fragen zu finden, die in diesem Umfeld schon längst hätten gestellt werden müssen - und wurden:

2010:
 Interviews (Deutsch)
 Interviews (English)

2011:
 Après CeBIT Interviews (Deutsch)
 Après CeBIT: Interviews (English)

2012:
 Thomas Pigor mit seinen "Fragen an die CeBIT 2012".

Anmerkungen

[1Im Ablauf der Darstellungen werden die folgenden Geräte benannt:
 der Fernseher Sony Bravia W906,
 der Lautsprecher Samsung DA-F60
 das Mini-Tablet AT270 von Toshiba
 der Fernseher AQUOS LE840 von Sharp
 das Smartphones Samsung Galaxy Note II
 das Digital Music System SoundLink® Air von Bose
 der Fernseher Smart VIERA NeoPlasma von Panasonic
 die Die Logitech UE Mobile Boombox
 das padFone 2 von Asus

[2zumal der ja auch nach seinem vorzeitigen Abgang nicht mehr DER ist, der er über viele hunderte von Jahren als Symbol zu sein galt...


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