Hey: JO

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 19. Januar 2015 um 13 Uhr 56 Minuten

 

Sie wissen, was ein DoubleTake ist: die verspätete Reaktion auf eine Nachricht, die man vielleicht zwar gehört, aber erst zeitversetzt wirklich auf- und angenommen hat. Die Ausstellung dieser Reaktion durch einen Schauspieler wird doubletake genannt.

Diese Nachricht, um die es hier geht, ist die vom Tod von Gisela "Jo" Eckhardt, die am 22. Dezember 2011 verstorben ist. Zu einem Zeitpunkt also, an dem galt, gerade die Nachricht vom Tod des langjährigen Freundes Tony zu verarbeiten.

Erstmals davon erfahren dann im Verlauf eines Podiumsgesprächs auf der transmediale 2012.

Aber erstmals wirklich wahrgenommen: erst jetzt, als heute aus einer nicht mehr aktiv genutzten Mail-Adresse die folgende Nachricht hervorstach:

Abschied von Jo Eckhardt

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

das Video-Forum des Neuen Berliner Kunstvereins trauert um seine langjährige Leiterin Gisela Jo Eckhardt (1934-2011) und möchte sich gemeinsam mit KünstlerInnen der Sammlung und WeggefährtInnen von ihr verabschieden. Gisela Jo Eckhardt war von 1977 bis 2001 als Leiterin des Video-Forums im Neuen Berliner Kunstverein e. V. tätig und führte Deutschlands älteste Sammlung internationaler Videokunst mit großem Sachverstand und hohem persönlichen Einsatz. In einem für das neue Medium noch wenig sensibilisierten Umfeld setzte sie sich leidenschaftlich für die Vermittlung und Produktion von Videokunst ein. Sie setzte wichtige Sammlungsschwerpunkte, verantwortete eine große Anzahl von Koproduktionen und realisierte internationale Ausstellungen und Screenings. Gisela Jo Eckhardt starb am 22. Dezember 2011 in Berlin.

Wir laden Sie am Sonntag, den 22. Januar 2012, um 17 Uhr in die Räumlichkeiten des Showrooms (Neuer Berliner Kunstverein, 1. OG, Chausseestr. 128/129, 10115 Berlin-Mitte) ein. Auf Anregung von Gerd Conradt und Maria Vedder wird u. a. ein von Berliner VideomacherInnen zur Verabschiedung Jo Eckhardts von ihrer Position im Neuen Berliner Kunstverein 2001 entwickeltes Video gezeigt.

Wir bitten Sie, Ihr Kommen zu bestätigen.

Mit Dank und freundlichen Grüßen
Kathrin Becker
Leitung n.b.k. Video-Forum

In Kultur-Port.de ist am 3. Januar 2012 die Nachricht zu lesen:

Der Neue Berliner Kunstverein trauert um die ehemalige Direktorin Dr. Lucie Schauer und um die ehemalige Leiterin des Video-Forums Gisela Jo Eckhardt.

Lucie Schauer war von 1975 bis 1994 als Direktorin des Neuen Berliner Kunstvereins e. V. tätig und realisierte zahlreiche bahnbrechende Ausstellungen zur Kunst der Gegenwart, die das Verständnis für zeitgenössische Kunst über die Grenzen Berlins hinaus nachhaltig prägten. Wir werden Lucie Schauer stets ein ehrenvolles Andenken bewahren.

Gisela Jo Eckhardt war von 1977 bis 2001 als Leiterin des Video-Forums im Neuen Berliner Kunstverein e. V. tätig und führte Deutschlands älteste Sammlung internationaler Videokunst mit großem Sachverstand und hohem persönlichem Einsatz. Wir werden sie nicht vergessen.

Gunnar Saifulin, Vorstandsvorsitzender
Britta Schmitz, Stellvertretende Vorsitzende
Dieter Beuermann, Schatzmeister
Claus Bacher, Verwaltungsrat
Marius Babias, Direktor

Quelle: n.b.k.

Es macht Staunen, dass die Liste der Unterzeichner der Erklärung mehr Zeilen in Anspruch nimmt als Zahl der Zeilen, die der Darstellung von Jo’s Lebenswerk vorbehalten sind.

Daher also ein zweiter Versuch mit einem Blick direkt auf die Website des NBK, auf der es aber weder eine Liste mit Presse- oder anderen Erklärungen dieser Art gibt, noch eine Suchleiste auf der man den Namen hätte eintragen können.

Es ist bitter zu sehen, dass einer Persönlichkeit wie der jetzt Verstorbenen in einer Einrichtung, die sich dem Zugänglichmachen des Vergangenen für die zukünftige Nutzung so grosse Verdienste erworben hat, kein weiterer Nach-Lebens-Raum eingeräumt wird.

Auch Archive haben eine Seele. Und Jo - eine Seele von Mensch - hatte immer ein Gespür für das, was die Menschen in ihren audivisuellen Arbeiten an Aussagen anzubieten hatten, die über ihre eigene Person hinauswiesen, aber erst durch sie und ihr Werk möglich gemacht wurden.


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