0.
IN der ABSCHLUSSPRESSEMITTEILUNG der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2010 vom 13. bis 15. Oktober war ab dem 15. Oktober 2010 u.a. zu lesen:
Mit rund 6.000
Besuchern konnte der Branchentreff einmal mehr seine führende Position als Deutschlands größter
Medienkongress untermauern. Die Digitalisierung der Medien und eine sich erholende Werbekonjunktur,
so wurde in München deutlich, sorgen in fast allen Segmenten der Medienmärkte für
positive Impulse. Treibender Innovations- und Transformationsfaktor bleibt dabei das Internet, das
für immer mehr Menschen zur zentralen Informationsplattform wird. In der digitalen Ökonomie prägen
vor allem große Konzerne der Medien- und Computerbranche sowie der Unterhaltungselektronik-
Industrie neue Geschäftsmodelle und zentrale Netz-Strukturen. Deshalb kommt der Medienpolitik
verstärkt die Aufgabe zu, die Rechte des Einzelnen sowie eine größtmögliche Medien- und
Meinungsvielfalt zu gewährleisten.
Das weltweite Datennetz stellt mit seinen neuen Kommunikations- und Werbeformen Medienmanager
und Journalisten sowie nicht zuletzt die Politik vor große Herausforderungen.
1.
Heute, am 21. Oktober 2011, könnten die gleichen Sätze geschrieben worden sein:
Die Zahl der Teilnehmer wird erneut mit 6.000 angegeben und einer der beiden geschäftsführenden Veranstalter, Johannes Kors, wird im Abschlussbericht mit dem Satz zitiert: „Traditionelle Geschäftsmodelle
erodieren, zugleich bietet die Digitalisierung mit ihrem unglaublichen Innovationstempo
in immer kürzeren Zeitabständen neue Möglichkeiten und Business-Modelle“.
Damit wird, trotz aller Erfolgsmeldungen und positiven Nachrichten, deutlich, wo der Wert und zugleich die Crux dieser Veranstaltung zu finden ist.
Sie ist dort gut, wo es gilt, im Umfeld der aktuellen Diskussion von Medien-Themen eine Zwischenbilanz schreiben zu können. Und sie ist dort ungenügend, wo es darum geht, über den Tellerrand hinaus sehen zu können - und zu wollen.
2.
Vielleicht ist es ja nur ein Zufall: Aber gerade eine von jenen wenigen Persönlichkeiten, die auf dem Podium Kritisches zu den Medientagen gesagt haben, wird ob des Eingeständnisses der noch mangelnden Qualität seiner Produkte zitiert:
„Unser Online-Produkt ist heute viel
schlechter als die Zeitung", lautete etwa die Einschätzung von Peter Hogenkamp, Leiter Digitale
Medien bei der NZZ. Die Qualität der Online-Inhalte müsse deutlich gesteigert werden.
Dass ihm im Gegensatz zu Staatsminister Dr. Huber in diesem Text der Doktortitel unterschlagen wird, ist das geringste Übel. Was viel ärger ankommt, ist, dass gerade diejenigen Persönlichkeiten mit ihrer Selbstkritik zu Wort kommen, die sich in dieser Form scheinbar gegen sie zu wenden scheint.
3.
Dieses ist nur als Mimikry für den Mangel an Perspektive zu sehen, für die Unmöglichkeit, inmitten all dieser Veranstaltungen und Meinungen auch Orientierung und Verortung geben zu können.
Die Abschlusserklärung bestätigt, was sich in dem Programmheft schon angekündigt hat: Die 25 Jahre Medientage sind allenfalls ein schicker Aufhänger für einige nette Fotos "von damals". Aber der Rückblick auf diese geschichtsträchtige Zeit und die Frage, was man daraus gelernt habe, all das fand so gut wie nicht statt.
Im Programmheft wurde der Verweis auf die 25 Jahre in wenigen Zeilen als kleines Schmankerl abgehandelt, mit dem die Attraktivität der Veranstaltung zusätzlich unterstrichen werden sollte.
Im Programm kam das Thema überhaupt nicht zur Sprache. Und damit auch nicht die Möglichkeit, einmal über den aktuellen Tellerrand in die Zukunft jenseits der nächsten Gerätegeneration, des nächsten upgrades und der nächsten Wahlperiode zu schauen.
So blieb nur der Blick auf das Abschlussfeuerwerk, bei dessen Eröffnung dieses besondere Jahr in einer besonderen Weise herausgestellt wurde.
4.
Dabei war gerade der letzte Tag - wenn auch von den TeilnehmerInnen deutlich schwächer besetzt - nochmals von hoher Attraktivität.
Geradezu ein Vergnügen war es, auf einer Veranstaltung zum Thema Grenzenloses DAB + mit anhören zu können, wie innovativ und kooperativ die Technik mit ihren Protokollen und den diplomatischen Protokollträgern im gesamten Alpenraum umzugehen vermag. Wie man in der Lage ist (bzw. wäre), Fakten zu schaffen, die weit über das hinausgehen, was derzeit von Partikularinteressen immer wieder behindert wird.
Und auch der sogenannte "Content-Gipfel", ebenfalls fabelhaft moderiert - und endlich mal mit Menschen, die hinter Glastischen sitzen dürfen und nicht immer wie die Genossen auf dem Parteitagspodium - war es wert, aufmerksam verfolgt zu werden.
Das von Thomas Krüger gesetzte Thema Meinungsbildung heute: Wer setzt die Themen auf die politische Agenda? wurde so gut mit unterschiedlichen Personen und Positionen durchsetzt, dass viele im Saal am Ende dieses Dialoges das Gefühl hatten, dass auch ihre Fragen, ihre Themen wirklich zur Debatte gestellt worden sind.
5.
Die Medientage haben es - trotz ihres Mangels an einer internationalen Ausrichtung und trotz ihrer oft allzu vordergründigen Aktualitäts-Sucht - wieder einmal geschafft, den Branchen-Dialog voranzutreiben. Und viele kleine Winkel und Schlupflöcher zu schaffen, in denen sich auch diejenigen besprechen konnten, die von ihrer Kompetenz und Entscheidungskraft weniger auf dem Podium prahlten, sondern diese im Zwiegespräch mit Kunden - und Kritikern - als Handlungsvollmacht zur Disposition stellten. [1]