Medien"Mogule": tot oder lebendig

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 16. Januar 2015 um 14 Uhr 23 Minuten

 

Am vergangenen Samstag den 16. Juli 2011 hatte Brigitte Baetz in der Sendung Markt und Medien des Deutschlandfunks ab 17:05 Uhr aus Anlass des Todes des Medienunternehmers Leo Kirch eine Geschichte geschrieben und verlesen, in der unter dem Untertitel "Was Leo Kirch und Rupert Murdoch gemeinsam haben" von "Zwei mediale Strippenzieher und ihr[em] Absturz" die Rede ist und die wie folgt beginnt:

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Vermutlich wird man eines Tages seinen Kindern den Begriff erst erklären müssen: Medienmogul. Das war ein Mann, liebe Kinder, wird man dann ausführen, der hatte so viel Energie, dass er sich ein riesiges Reich aus Zeitungen oder Fernsehsendern zusammenkaufte, gerne auch aus Zeitungen und Fernsehsendern zusammen. Und dann bekamen alle Angst: zunächst nur die Journalisten, die für den Medienmogul arbeiten mussten, dann die Kulturkritiker, die den Untergang des Abendlandes oder zumindest den der Meinungsvielfalt fürchteten und dann die Politiker - aber die erst ganz spät und manchmal erst dann, wenn sich herausstellte, dass der Medienmogul auch zu ihnen nicht ganz so nett war, wie sie jahrelang gedacht hatten oder dass er ihnen nicht mehr nützlich sein würde.

Und dann beginnt sie den Brücke zwischen dem Verstorbenen und dem um das Leben seiner Gesellschaft kämpfenden Rupert Murdoch zu schlagen, indem sie schreibt - und sagt:

In diesem Sinne war Leo Kirch neben Rupert Murdoch der Letzte seiner Art. Sowohl der Franke Kirch als auch der Australier Murdoch haben es mit unglaublichem Arbeitseinsatz, viel Wagemut, dem Glück des Tüchtigen und guten Freunden in der Politik geschafft, sich überragende Positionen zu erarbeiten.

Am darauf folgenden Sonntag, den 17. Juli 2011, ist im Medienmagazin des Bayerischen Rundfunks ein Beitrag unter dem Titel "Tod des Medienmoguls: Aufstieg und Fall des Leo Kirch" sowie ein Interview mit dem ARD-Korrespondenten zum Thema "Der Murdoch-Skandal und die Folgen für die britische Medienszene" zu hören.

Heute, am Dienstag, den 19. Juli 2011 steht der Alte Mann und sein Sohn im Mittelpunkt des öffentlichen und veröffentlichten Interesses. Und auch die öffentlich-rechtlichen Sender ZDF - Medienmogul Rupert Murdoch und sein Sohn haben die Verantwortung für die Abhörpraktiken von sich gewiesen. Besonders glaubwürdig war das nicht ,sagt ZDF-Korrespondentin Patricia Schäfer in London - und ARD berichten darüber an prominenter Stelle.

Am Aufschlussreichsten aber war an diesem Tag die Heckergate-Webschau mit Martina Schulte auf DRadio Wissen.

Ihre gut ausgesuchte und qualifiziert vorgetragenen Beiträge aus der "Netzwelt" machen deutlich, dass das, was wir hier in der "klassischen Medienrezeption" vorgestellt bekommen schon lange nicht mehr in dieser generiert wird, sondern - schlimmstenfalls - nachgeplappert.

Mögen auch Formeln wie "Print = Pleite & Netz = Newbizz" zu kurz gegriffen sein, mögen wir auch das Beharrungsvermögen von "CouchPotato" und "Stammtischparolen" nach wie vor unterschätzen: die Zeit der Einbrüche mit Taschenlampe Schneidbrenner oder Zweitschlüssel hat ihren Zenit längst überschritten.

Der Machtkampf um die Meinungsführerschaft - und das ist das eigentlich Spannende dieser Anhörung gewesen - ist einen Moment lang aus dem Untergrund an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt worden. Die "Presse", der man in Zeiten der "Netzwelten" eine immer geringere Einflussmöglichkeit als "vierte Gewalt" nachsagt, entpuppt sich plötzlich an ganz anderer Stelle als eine gewaltiger - und von dem Geld der Leser und Zuschauer finanzierter - Machtfaktor.

Aber selbst all das ist eigentlich nur Pillepalle angesichts der wahren und Wirklichkeit gewordenen Bedrohungen im Netz, als pars pro toto seien hier als Betroffene Sony Musik Japan und die Sony BMG in den BeNeLux-Ländern genannt - und das Pentagon dem zunächst Anfang Mai 2011 über 14.000 Datensätze mit den Krankenversicherungsdaten der Angestellten entwendet wurde bevor dann Mitte Juli rund 24.000 weitere Datensätze - zum Teil Konstruktionspläne der höchsten Geheimstufe - entwendet werden konnten.

Die Presse wird auch weiterhin auf der Suche nach Geheimnissen ihre Qualitäten auszuspielen versuchen und die Geheimnisträger auch weiterhin um Schadensbegrenzung bemüht sein. Aber die Macht der Medienmogule von einst wird in Zukunft mehr und mehr in die Hände jener fallen, die nicht mehr als Person, sondern als Institution auf die "Geschicke der Welt" Einfluss nehmen werden. Also "Infobroker" und "Gatekeeper", als "Trust-Center-Provider" und "Cyber-War-Agents".


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