Innehalten

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 16. Januar 2015 um 14h17min

 

0.

Texte wie den Nachfolgenden sind bisher in dieser Publikation kaum zu finden gewesen, da sie auch eine Kommentierung aus der persönlichen Sicht des Autors mit einbeziehen - und da sie über das Themenfeld der ITK- und Medien-Branchen weit hinausgehen.

Man könnte sie als die "Stop’n Go"-Texte in "DaybyDay" bezeichnen, wobei in diesem Fall das Anhalten zum Innehalten nicht als das Ergebnis eines Staus sondern als das Ergebnis einer Einsicht erlebbar gemacht werden könnte.

Denn mit mit ersten Juli dieses Jahres ist sogleich ein Zeit-Zeichen gesetzt. Soeben ist der längste Sonnentag vergangen und damit schon ein ganzes halbes Jahr des gerade noch neuen Datum 2011.

Hier geht aber weder darum, öffentlich die Quartalszahlen auszuwerten, noch über die sich angeblich ständig beschleunigenden Zeit zu lamentieren. Sondern es geht wirklich und ausschliesslich darum, aus dem Anlass des Anbeginns der zweiten Jahreshälfte einen Moment lang - und sei es nur der Zeit-Raum dieser Lektüre - innezuhalten.

I.

Der Anlass dieser Zeilen ist das Gespräch mit einem Investmentbanker, der bei allem Engagement in seiner Finanz-Szene nicht davon beirren lässt, den Luxus zu preisen, den er in seiner Zeit jenseits des Tradings erlebt, um mit seiner Frau zusammen leben und seine Kinder grösser werden zu sehen.

Wie schön es doch wäre, wenn er ab und zu für einen Moment die Zeit anhalten könne, um das alles für sich aufnehmen zu können, was einem da auch an Gutem im Alltag widerfahren würde, und was man so oft als solches gar nicht mehr "richtig" wahrzunehmen in der Lage sei.

Und so wurde es Zeit, zumindest an einem Abend - nach mehreren verspäteten Flügen und vielen Stunden Wartezeit - zusammenzusetzen und zumindest miteinander zu reden.

II.

Und an diesem Abend geht es natürlich einmal mehr auch um IT und die sich gerade runderneuernden Medien, es geht um Vonage und Vodaphone, um Slingbox und Looplane [1].

Aber eigentlich geht es um dem Wunsch nach Entschleunigung angesichts der vielfältigsten Beobachtung von Signalen, die in die entgegengesetzte Richtung gehen.

Sogar in der Politik:
Allein am letzten Tag des ersten nun schon vergangenen Halbjahres habe die Bundesregierung in gerade Mal gut einhundert Tagen eine komplette Kehrtwende ihrer Atompolitik nicht nur eingeleitet, sondern mit der Abstimmung in Kabinett und gestern im Bundestag [2] zu einem nicht mehr umkehrbaren Faktum gemacht.
Ist eine solche in der Politik eher seltene Geschwindigkeit auch und zugleich Ausdruck von Entschlossenheit. Ausdruck des Wunsches und der Einsicht, aus den Fehlern der Anderen lernen zu wollen?
Selbst der Bundespräsident, der am 30. Juni 2011 nunmehr seit einem Jahr im Amt ist, hat sich mit einem lauten Bedenken ob dieser hohes hohen Tempos eher kritisch geäussert, ohne damit das neue gesetzte Ziel in Fragen gestellt zu haben.

Und: Der 30. Juni sei nach gut 50 Jahren und nach nicht einmal einem Jahr der Vorbereitung eines solchen Paradigmenwechsels in Richtung einer Armee von Freiwilligen der letzte Tag gewesen, an dem es noch eine Bundeswehr gegeben habe, zu der man bis dato hätte "gezogen" werden können. Ab heute dagegen würde der Dienst und mit der Waffe nur noch von denen ausgeübt werden, die sich dafür freiwillig gemeldet haben.

III.

Und zum Ende dieses ersten halben Jahre sind sogar aus der VR China erneut jene Töne zu hören, die der Ministerpräsident Wen Jiabao bereits im April dieses Jahres auch über die offiziellen Kommunikationskanäle von Partei und Staat hat verkünden lassen, wonach im Jahr 2011 seine Regierung sich "schwerpunktmäßig gegen den Machtmissbrauch von Parteikadern" engagieren werde.

Als Saubermann im Innenverhältnis und der Reiche Onkel aus dem Osten im Ausland. Es wird eine Zeit kommen, in der nicht nur die meisten unserer elektronischen Gebrauchsartikel "Made in China" sein werden, sondern auch "unser" Geld.

IV.

Am 28. Juni 2011 hat der in Vietnam gebürtige deutsche "chinesische" Wirtschaftsminister [3] ein Abkommen mit dem chinesischen Minister für Industrie und Informationstechnologie Miao Wei unterzeichnet, in dem festgeschrieben wird, dass das Partnerland der Hannover Messe 2012 die VR-China sein werde.

Und bereits im März diesen Jahres hatte die Deutsche Messe für Ihr CeBIT-Zugpferd eine Koorationsabkommen mit den Chinesen geschlossen - jenen aus Taiwan. [4] - so ab dem 2. März 2011, 14:15 Uhr nachzulesen auf dem CeBIT-Portal von Portel.de:

CeBIT Hannover und COMPUTEX TAIPEI werden künftig eng kooperieren.
Damit unterzeichneten zwei starke, internationale Messe-Partner am zweiten CeBIT-Tag (2. März 2011) ein Memorandum of Understanding und stellen damit die Weichen für die künftige Zusammenarbeit. "Mit der Zusammenarbeit von CeBIT und COMPUTEX wird der Austausch von technischem Know-how gefördert, die Vermittlung von Geschäftsbeziehungen im ITK-Bereich zwischen Taiwan und Deutschland intensiviert und eine zusätzliche Brücke zwischen Europa und Asien gebaut", betonte Ernst Raue, für die CeBIT zuständige Vorstand der Deutschen Messe AG, in Hannover.

V.

Was lernen wir aus diesem kurzen Versuch, einmal für einen Moment innehalten zu wollen?
Eben dieser Versuch, einen Freiraum zu schaffen für eine freie Assoziation und Reflektion wird sogleich wieder gefüllt von vielerlei Aktuellem - und doch auch von solchen Nachrichten, die auf eine lange Geschichte - dieser Republik - zurückblicken und zugleich auf längst anstehende Veränderungen mit hohem Potenzial für die Zukunft aufmerksam machen.

Anmerkungen

[1Heute werden an dieser Stelle zu diesen Firmen keine Links gesetzt, da dies heute nicht das Thema ist. WS.

[2Jetzt steht nur noch das Votum des Bundesrates aus. WS

[3Siehe dazu das Interview im Stern vom 12. Februar 2009, 15:32 Uhr:

Frage: Sie sind in Vietnam geboren und wurden mit neun Monaten adoptiert. Kommt daher ein Bedürfnis, sich zu bewähren und möglichst erfolgreich zu integrieren?

Antwort: Es ist doch so: Wenn ich Sie angucke, sehen Sie europäisch aus. Wenn Sie mich angucken, dann sehe ich asiatisch aus. Aber wenn das Erste, woran Sie sich erinnern können, der Kindergarten in Hamburg-Harburg ist, dann stellt sich die Frage nach Integration nicht. [...] Durch Zufälle habe ich erfahren, dass ich aus einem katholischen Waisenhaus in der Nähe von Saigon stamme. [...] Für mich ist mein Adoptivvater wie ein leiblicher Papa. Deswegen hatte ich auch nie das Bedürfnis, nach meinen "Wurzeln" zu suchen. Sie suchen ja nur, wenn Ihnen etwas fehlt. Mir hat nichts gefehlt.

Frage: Sie haben bis 2006 gewartet, um das erste Mal nach Vietnam zu reisen.

Antwort: Dass wir überhaupt gefahren sind, lag an meiner Frau, die gesagt hat: Wenn wir Kinder kriegen, wollen wir ihnen sagen können, wo der Papa herkommt. Mal abgesehen davon ist es ein schönes Reiseland.

Frage: Hatten die Leute dort das Gefühl: Das ist einer von uns?

Antwort: Die haben sich gewundert, aber aus Höflichkeit mich nie direkt darauf angesprochen. Viele haben auch gedacht, ich sei ...

Frage: ... Chinese?

Antwort: Nein, Japaner.

[4Auch wenn dies auf dem Publikationen des Hauses auf den Presseportal Seiten nicht zur Sprache gebracht wird.


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