Am Mittwoch letzter Woche traf man sich in den Räumen der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema: "Digitale Kinowelten - Kinosterben nach dem Ende der Filmrolle?".
Heute nun hatte die CDU/CSU Bundestagsfraktion eingeladen zum Thema: "Digitalisierung der Kinos. [1]
Hauptredner war der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann Mdb. Gegenstand des Interesses und der sich anschliessenden Diskussion war das von ihm vorgestellte Konzept zur Digitalisierung des Kinos unter dem Titel "Neue Wege der Kinoförderung": [2]
Der Verband der Kinobetreiber HDF KINO e.V. stellt sich das Ganze in einem etwas kritischeren Licht auf seiner Website so dar [3] :
Am 06. Mai 2010 fand in Berlin ein Filmforum der CDU/CSU – Bundestagsfraktion statt. Anwesend waren ca. 60 Vertreter der gesamten Filmbranche sowie namhafte Mitglieder des Bundestages der CDU/CSU, allen voran Staatsminister Neumann MdB, der einen neuen Vorschlag für ein Konzept zur Digitalisierung der Kinos in Deutschland vorstellte.
Die Überlegungen des BKM beruhen auf ein Zwei-Säulenmodell. Eine Säule setzt sich zusammen aus sogenannten Marktkinos, für die folgende Kriterien genannt worden sind:
Alle Kinos ab sieben Leinwänden oder Kinos, die im Durchschnitt der letzten drei Jahre einen Jahresumsatz von über Euro 180.000 pro Leinwand hatten. Nach Vorstellung des BKM soll die Digitalisierung der hier herunterfallenden Kinos durch folgende Branchensegmente erfolgen:
* Kinos
* Verleiher
* Evtl. FFA (über eine Förderung), wenn die Mittel nicht mehr gebunden sind.
Die zweite Säule umfasst sogenannte Kriterienkinos. Hierzu zählen insbesondere Programmkinos und traditionelle Häuser in der Fläche. Aus Sicht des BKM umfassen die sogenannten Kriterienkinos Kinobetriebsstätten mit bis zu sechs Sälen, die im Durchschnitt der letzten drei Jahre einen Jahresumsatz zwischen Euro 40.000 (Mindestumsatzgrenze) und Euro 180.000 (Umsatzhöchstgrenze) pro Leinwand hatten.
Die Finanzierung der Digitalisierung für die hier herunterfallenden Kinos soll aus Sicht des BKM stattfinden durch:
* Kinos
* Verleiher
* BKM
* Länder
* FFA (aus nicht gebundenen Mitteln).
Die Förderberechtigung für die sogenannten Kriterienkinos beschreibt der BKM durch folgende Parameter:
* Die genannten Umsatzgrenzen (Mindestumsatz Euro 40.000, Höchstumsatz Euro 180.000 pro Leinwand pro Jahr) soll Kinobetriebe abdecken, die wirtschaftlich nicht zu einer freien Finanzierung in der Lage sind.
* Der BKM geht bei seinem Modell von reinen Equipmentkosten in Höhe von ca. Euro 77.500 pro Anlage aus.
* Eine Förderung von 3D ist möglich, aber nur in Höhe der auch für 2D geltenden Höchstsumme.
Die Höhe der BKM-Förderung setzt sich zusammen aus:
* 25% der Anschaffungskosten Equipment bis maximal Euro 19.000 pro Leinwand
* Zusätzliche 5% Erhöhung des Anteils können durch kulturelle und strukturelle Gegebenheiten erhöht werden.
Hierzu zählen:
* Mindestens 50% deutscher und europäischer Filme am Programmanteil
* Die Auszeichnung mit einem BKM-Kinoprogrammpreis
* Kinobetriebe in Ortschaften unter 20.000 Einwohnern.
Treffen die genannten Kriterien zu, erhöht sich damit die Fördersumme von Euro 19.000 auf maximal Euro 23.000.
Zur Rolle der FFA führte Staatsminister Neumann aus, dass diese aufgrund der Vorbehalts- und Klagesituation durch Freigabe des Verleihanteils an den Vorbehaltsmitteln Fördergelder in der Größenordnung Euro 10 Mio. - Euro 12 Mio. zur Verfügung stellen könnte. Der BKM betonte dabei, dass auch diese Mittel auf die sogenannten Kriterienkinos konzentriert würden.
Die Fördermöglichkeiten der Länder sind nicht gleichgewichtig verteilt. Vorteile haben derzeit Kinos in Ländern mit einer Filmförderung. Der BKM wird versuchen, alle Länder für eine Förderung zu gewinnen.
Die mit Spannung erwartete Positionierung der Verleiher fand nicht in gewünschter Form statt. Zugleich wurde betont, dass ein Modell, das unabhängig von einer Drittanbieterlösung für die Kinowirtschaft zur Verfügung gestellt werden soll, derzeit ca. zur kartellrechtlichen Klärung bei der EU-Wettbewerbsbehörde zur Prüfung vorliegt. Solange kein konkretes Prüfergebnis vorhanden sei, könne eine detaillierte Erläuterung der Verleiherbeteiligung nicht stattfinden. Es wurde erwähnt, dass der Verleihansatz - wieder unabhängig von VPF-Lösungen im Rahmen von Drittanbietermodellen - eine Flächendeckung im Blick hat.
Ohne eine Gesamtfinanzierung der Equipment-Kosten näher zu erläutern, geht der BKM bezogen auf die Kriterienkinos von einem Eigenanteil von Euro 14.000 - Euro 15.000 pro Leinwand aus.
Nähere Erläuterungen zu einer Gesamtfinanzierung und einer Stichtagesregelung für bereits digitalisierte Leinwände wurden nicht gegeben. Eine großzügige Regelung scheint aber möglich zu sein.
Sowohl in der Säule Marktkinos als auch in der Säule Kriterienkinos ist ein Verleihanteil vorgesehen. Aufgrund der Prüfsituation vor der EU-Wettbewerbsbehörde ist nicht klar, wie hoch eine Verleihbeteiligung an einer Finanzierung ausfallen wird. Insofern ist eine Modellrechnung noch nicht darstellbar.
Auf politischer Ebene ist es geplant, das Rahmenkonzept von Bernd Neumann am 19. Mai 2010 im Kulturausschuss des Bundestages vorzustellen. Der BKM plant, mit einer praktischen Umsetzung des Konzeptes zur Sommerpause des Parlaments zu beginnen.
Abschließend bleibt festzustellen, dass die Höhe der Beteiligung der Verleiher und die daraus folgende Belastung der einzelnen Kinos nicht bekannt ist. Daher ist die Umsetzung des Konzeptes derzeit nicht gesichert.
Wem dieses Thema so zu detailliert aufgeschlüsselt ist, hier der Hinweis auf eine Überblicksdarstellung von Annette Sach aus der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschehen" aus der Ausgabe "Das Parlament" Nr. 8 die am 22. Februar 2010 unter der Überschrift "Digitale Zeiten. FILMFÖRDERUNG. Produktionshilfen allein reichen nicht mehr. Die Branche braucht auch Unterstützung für kleinere Kinos" erschienen ist.
Stellungnahmen wurden abgegeben von:
Eberhard Junkersdorf, Präsident der FFA [4]
Dr. Thomas Negele, Vorsitzender des Vorstandes der HDF Kino e.V. [Auch hier das gleiche Bild, kein wirklich gutes Portrait auf der HFF-Seite, also zitieren wir hier stattdessen de SPIO-Link.
]]
— Dr. Christian Bräuer, Vorsitzender der Vorstandes der AG Kino - Gilde dt. Filmkunsttheater e.V. [5]
— Prof. Dr. Mathias Schwarz, Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen [6]
— Christiane Schleindl, Vorsitzende des Bundesverbandes kommunale Filmarbeit [7]
Hier die Stellungnahmen aus anderen Parteien [8]:
FDP
6.5.2010 Digitalisierung: Kino-Digitalisierung jetzt voranbringen
Zur heutigen Experten-Diskussion im Bundestag über die Digitalisierung der Kinos in Deutschland erklärt die FDP-Berichterstatterin für Filmpolitik Claudia Winterstein:
Ein guter Tag für den Filmstandort Deutschland. Die Digitalisierung öffnet neue Möglichkeiten nicht nur für die Kinos, sondern für die gesamte Filmwirtschaft. Deswegen wollen wir möglichst rasch die flächendeckende Digitalisierung der Leinwände in Deutschland vorantreiben. Das heute von Kulturstaatsminister Neumann vorgestellte Konzept bietet dafür eine gute Grundlage.
Um die Entwicklung anzustoßen, hat die Koalition im Bundeshaushalt 2010 vier Millionen Euro zur Unterstützung der Digitalisierung eingestellt. Unterstützung sollen kleine und mittelständische Kinos erhalten, die die Investitionen in die digitale Technik nicht aus eigener Kraft stemmen können. Nun müssen mit der ebenfalls an der Finanzierung beteiligten Filmwirtschaft und den Bundesländern letzte Details geklärt werden, damit möglichst bald mit der Förderung begonnen werden kann. [9]
SPD
Im Blog von Sven Wolf aus Remscheid findet sich in seinem Beitrag vom 1. April 2010 unter dem Titel: "Für eine Kinodigitalisierung, die den Erhalt unserer Kinolandschaft sichert auch die Position der SPD-Bundestagsfraktion als Zitat wieder:
Deutschland hat eine einzigartig vielfältige Kinolandschaft. Programmkinos, Filmkunstkinos, Stadtteilkinos, kommunale Kinos, Filmhäuser, traditionelle Filmtheaterbetriebe in kleinen Orten, Multiplexe, Kinos mit regelmäßigem und solche mit sporadischem Spielbetrieb – all diese Spielstätten bieten deutschlandweit rund 4 700 Leinwände. Kino ist ein besonderes Erlebnis, das nicht durch Home-Entertainment zu ersetzen ist. Kino ist mehr als bloßer Abspielort für Filme. Es bietet neben der reinen Unterhaltung Information, anspruchsvolle und kulturell wertvolle Programme, Filmreihen, Festivals usw. Kino bietet kulturelle Rahmen- und Begleitprogramme, oftmals ergänzt von medienpädagogischer Arbeit für Jugendliche (Schulkino) und Erwachsene. Damit wird das engagierte Kino zum soziokulturellen Ort der Begegnung und zu einem Treffpunkt für Auseinandersetzung und Gespräch. Als fester Bestandteil der kommunalen kulturellen Infrastruktur bietet Kino ein wichtiges Stück Lebensqualität. Vielfach ist es zugleich Teil eines Netzwerkes kultureller Einrichtungen. Kinos beleben die Innenstädte und Ortszentren und sind damit auch ein bedeutender Faktor der Stadtentwicklung. Im ländlichen Raum sind Kinos unverzichtbare Orte der kulturellen Grundversorgung.
Diese einzigartige Kinovielfalt ist bedroht. Die Statistik der Filmförderungsanstalt (FFA) weist für die vergangenen fünf Jahre einen anhaltenden Rückgang der Spielstätten und Standorte aus, der im abgelaufenen Jahr besonders stark ausgefallen ist. Verschärft wird dieser Trend durch die anstehende Kinodigitalisierung. Schon jetzt ist dies abzulesen an den Auswirkungen der aktuellen 3D- Filme, die nur in den Multiplexen laufen. Die großen Ketten können sich die enormen Investitionen leisten. Die kleineren Kinos im Umfeld leiden unter Zuschauerschwund und geraten in Existenznöte.
Jedes Kino, das überleben will, muss den Schritt ins digitale Zeitalter mit- machen. Denn die Tage der 35-mm-Filmrolle sind gezählt, aktuelle Filme wird es schon bald nur noch als digitale Datenpakete geben. Angesichts der hohen Investitionskosten für die digitale Umrüstung sind rund 1 700 Kinos auf Unterstützung angewiesen, zumal mit dem Einsatz der digitalen Technik – abgesehen von 3D – keine Mehrerlöse zu erwarten sind. Hierbei handelt es sich um unabhängige Unternehmen mit kleiner bis mittlerer Betriebsgröße in den
Städten und im ländlichen Raum. Mit ihrem hohen Anteil an deutschen Filmen im Programm haben sie zum anhaltenden Erfolg des deutschen Films im In- und Ausland und damit auch zur Stärkung der deutschen Produktionswirtschaft und des Filmstandortes Deutschland beigetragen. Besondere Aufmerksamkeit gebührt auch den kommunalen Kinos, zumal in einer Zeit, in der die Haushalte der Kommunen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise enorm unter Druck geraten. Vielerorts garantieren die kommunalen Kinos eine kulturelle Basisversorgung an Standorten, wo es neben dem Multiplex kein weiteres Kino mehr gibt.
Das Branchenmodell für eine solidarisch getragene flächendeckende Digitalisierung der Kinos ist gescheitert, weil sich die großen Kinoketten entweder ganz entziehen oder unannehmbare Bedingungen stellen. Ihnen geht es um eine Marktbereinigung. Jetzt ist die Politik gefragt. Wir brauchen so schnell wie möglich ein alternatives Finanzierungskonzept. Je mehr Zeit verstreicht, desto mehr wird unsere Kinolandschaft irreparabel beschädigt.
II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
unverzüglich ein Konzept für die Digitalisierung der Kinos in Deutschland vor-zulegen,
● das die räumliche und inhaltliche Vielfalt unserer Kinolandschaft sichert und die kommunalen Kinos als wichtigen Bestandteil der kommunalen kulturellen Infrastruktur mit einbezieht;
● das ein Fördermodell für Kultur, Fläche und Mittelstand formuliert;
● das als Gemeinschaftsaufgabe von Branche, FFA, Bund, Ländern und Kommunen angelegt ist, wobei die Förderinstrumentarien kompatibel ineinander greifen müssen;
● das die Förderung an inhaltlichen und strukturellen Kriterien orientiert sowie an einer kulturellen Grundversorgungsfunktion;
● das das bisher verfolgte VPF-Modell (VPF: Virtual Print Fee), das den Finanzierungsbeitrag der Verleiher – bemessen an den virtuellen Kopienkosten – regelt und ihnen einen großen Einfluss auf die Programmgestaltung der Kinos einräumt, den Erfordernissen der unabhängigen Programm- und Filmkunstkinos anpasst.
Berlin, den 23. März 2010
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion [10]
In dem Blog von Gerold Marks, "Digitale Leinwand -Die Digitalisierung des Kinos" findet sich zu dieser Veranstaltung kein Beitrag.
[WIRD FORTGESETZT]