"Ihn habt Ihr nicht gesehen..."

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 15. Januar 2015 um 22 Uhr 50 Minuten

 

"... und Ihr habt ihn doch lieb."

"Und wir glauben an die wahrliche Auferstehung des Sohnes des Herren."

"Weil du mich gesehen hast, darum glaubst Du."

"Jauchzet dem Herren alle Welt."

"Dienet dem Herren mit Freunden."

"Der Herr ist freundlich und seine Güte währet ewiglich."

Dies sind nur einige wenige Sätze und Liedzeilen, die am Sonntag vom Evangelischen Gottesdienst aus der Johanneskirche in Hoyerswerder über das Radio - dank IP - in die ganze Welt übertragen wurden.

Draussen scheint die helle Sonne, der Himmel ist klar und die Luft kühl.

Drinnen spielt im Büro das Radio, während immer noch die Spuren des Einbruchs nach und nach beseitigt werden.

Nein, wir sind nicht in einer virtuellen Welt. Der im Radio übertragene Gottesdienst ist ebenso real wie der Wetter vor der Bürofenster. Man kann die Tür öffnen und steht inmitten des Sonnenlichtes.

In der Geschichte vom "ungläubigen" Thomas erscheit der gestorbene Herr Jesus seinen Jüngern nach seinem Tode ein zweites Mal, in dem er angeblich durch eine verschlossene Türe eintritt - und dem zwölften Jünger anbietet, seine Wunden zu fühlen und wahr-zu-nehmen.

Allen Mitgliedern der Gemeinde der Jünger wird das Los aufgetragen, Vergebung aussprechen zu können. Oder es auch sein zu lassen. So wie es im Vermögen und Ermessen des Menschen steht.

Und so macht ER es auch mit dem Thomas - der uns als der Zweifelnde vielleicht am nächsten ist. Er gwährt ihm seine Bitte und nimmt ihn wieder auf in seiner Gemeinde. Und macht doch zugleich klar, dass diese, seine Haltung nicht das "nec-plus-ultra" sei. "Seelig" seien vielmehr die, "die mich nicht sehen - und doch glauben."

Und alles dies hört man in Hoyerswerder . Und in aller Welt. Jetzt.

Und "immerdar"? Und "von Ewigkeit von Ewigkeit"? [1]

Personen, die man nie wirklich gesehen hat und doch liebt: diese finden sich doch heute schon immer wieder und immer mehr im Umfeld der Computerspiele. So, wie sie uns schon in alten Zeiten als Helden einer weitererzählten oder vorgelesenen Geschichte erschienen sind, oder im Verlauf der eigenen Buchlektüren.

Als im Jahr 2008 beim Auftritt des Microsoft Chefs Balmer in Hannover die Rede davon war, dass die jungen Menschen in Freunde und Freundinnen ´hätten, die sie in der Mehrzahl noch nie "in real" gesehen haben, ging ein grosses Raunen durch den Saal mit den anwesenden CeBIT-Eröffnungs-Gästen. [2]

Und doch tun eine Reihe dieser ach so erstaunten Menschen in ihrem eigenen Leben das Gleiche: Sie glauben an (eine) Person(en), die sie nie ihrem Lebens gesehen haben oder die Chance haben, sehen zu werden. Sie glauben an eine Person, die von sich fordert, dass man sich von ihre kein Bild machen solle.

Ist das vielleicht auch der tiefere Grund, warum der Vorschlag abgelehnt wurde, im Rahmen des Kirchentages 2009 in Bremen die blanken Kirchenfenster der Bremer Domes in diese Tagen - und vor allem Nächten - mit Bildern zu bespielen, die sich die Menschen von ihrer Bekanntschaft, ja: Freundschaft mit Gott machen? [3]

Vielleicht lässt sich der eine oder andere Aspekt zu dieser Frage im Rahmen der Entwicklerkonferenz der morgen beginnenden "deutsche[n] gamestage" näher einkreisen. Entweder auf dem Wissenschaftsforum am Dienstag unter dem Titel: "Computerspiele in Forschung und Wissenschaft: High Tec vs. Philosophie" oder am Mittwoch anlässlich der Konferenzbeitrages von Bernd Diemer:
Crysis Warhead Postmortem: Blow up stuff".

Anmerkungen

[1Was für eine Formulierung im Verlauf nicht nur dieses Gottesdienstes: Was kann es ewiger wirkendes geben als die Eweigkeit. Wenn etwas einzigartig ist in dem Verständnis dieser Welt, dann ist es das Un-Verständnis des Begriffes von der Ewigkeit. Und jetzt wird in der hier gebrauchten Formulierung dieser Begriff des Einzigartigen gedoppelt, so als wenn es DIE Ewigkeit mehrmals gäbe? Uglaublich, aber wort-wahr... WS.

[2Siehe den Bericht: CeBIT_08 (I)
Super Opening
.

[3Siehe dazu unter anderm den Beitrag: Bremen <-> Berlin.


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