Der Gewährsmann für das heutige Schlaglicht auf das bereits an anderer Stelle diskutierte Thema des BKA-Gesetztes - das in dieser Woche im Bundesrat "durchgefallen" ist und mit sicherlich den Groll vieler Oberen noch weiter stimulieren wird - dieser Gewährsmann, Dr. Stefan Krempl, war zuletzt als Gast auf dem IT-Gipfel in Darmstadt [1] vertreten. Heute berichtet er auf heise online "aus SPD-Kreisen", dass der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss "nach einem Gespräch mit der Fraktionsspitze nicht mehr der Koordination von Datenschutzfragen widmen" und seinen stellvertretenden Sitz im Innenausschuss des Bundestags ebenfalls niederlegen werde.
Der Hintergrund:
– "Originalton" Tauss:
Gegen das BKA- Gesetz habe ich letzte Woche gestimmt. Es war übrigens das vierte Mal in vierzehn Jahren, dass ich im Bundestag gegen ein Gesetz gegen meine Fraktion gestimmt habe. Wäre man meinen Bedenken übrigens gleich gefolgt, hätten wir jetzt nicht den Ärger im Bundesrat. Fast wörtlich haben die SPD- geführten oder mitregierten Länder meine Bedenken in ihren Stellungnahmen wiedergegeben. Die Verknüpfung von polizeilicher und geheimdienstlicher Tätigkeit ist problematisch, die sogenannte Onlinedurchsuchung unausgegoren und der Schutz von Geheimnisträgern bis hin zum Informantenschutz im Bereich der Presse völlig unzureichend. [2]
– die "Erklärung nach § 31 GO-BT des Abgeordneten Jörg Tauss
zur Abstimmung zur 2./3. Les. Reg.-Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr
von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BT-Drs16/10121)" hatte der Abgeordnete seine Gründe ausführlich erläutert, die ihm seine Zustimmung zu diesem Gesetz in seiner jetzt vorliegenden Form unmöglich machen und dabei explizit am 11. November 2008 erklärt: "Zusätzlich erschwert wird eine Zustimmung aufgrund der erneut vorgenommenen ’Relativierung
der Zeugnisverweigerungsrechte’, insbesondere mit Blick auf die Arbeit der Journalistinnen
und Journalisten." [3]
– die öffentliche Argumentation im Bundestag vom 17. Oktober 2008 [4]:
Nachtrag 1:
In einem Beitrag im taz-blog legt "von Veit" am 29. November 2008 nach, bezieht sich auf das Schreiben von Ralf Bendrath vom Freitag, den 5. September 2008 um 15:15 Uhr an den Tauss-Nachfolger Michael Bürsch und schreibt unter dem Titel: Struck setzt Tauss als SPD-Datenschutzsprecher ab: "Es ist natürlich möglich, dass die Absetzung in “beiderseitigem Einvernehmen” geschah. Aber irgendwie ist es schon auffällig, dass die Trennung mitten im BKA-Streit von Statten geht."
Nachtrag 2:
Am 6. März 2009 gibt Jörg Tauss die folgende Erklärung ab, nachdem die Staatsanwaltschaft Karlsruhe begonnen hatte, gegen ihn wegen der Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu ermitteln [5]:
Von Seiten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wird öffentlich gegen mich wegen kinderpornographischer Schriften ermittelt. Diesen Vorwürfen werde ich mich stellen und die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Sachverhaltes nach allen Kräften unterstützen und kooperativ mit ihnen zusammenarbeiten. Ich bin mir absolut sicher, dass der gegen mich erhobene Vorwurf schnell ausgeräumt werden kann.
Als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion habe ich mich immer und sehr entschieden für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und für die entschlossene Bekämpfung von Kinderpornographie eingesetzt. Zugleich habe ich aber auch immer davor gewarnt, dieses Thema politisch zu instrumentalisieren, um bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken. Gerade in der aktuellen Diskussion um die Ausweitung der Befugnisse des BKA zu Internetsperren habe ich mich - wie bekannt ist - dafür eingesetzt, die Strafverfolgung zu intensivieren und zu verstärken, um an die Täter heranzukommen, anstatt auf symbolpolitische und letztlich wirkungslose Internetsperrungen zu setzen.
Um auszuschließen, dass meine Partei und Fraktion durch die Ermittlungen belastet werden, stelle ich meiner Partei mein Amt als Generalsekretär der baden-württembergischen SPD und meiner Fraktion meine Funktionen als Sprecher für Bildung, Forschung und Medien und den Sitz im Fraktionsvorstand zur Verfügung.
Nachtrag 3:
Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Textauszug aus der Erklärung von Jörg Tauss an seine Wähler vom 26. März 2009 veröffentlicht werden. Allein: eine Fehlermeldung vom Acrobat Reader erklärt, dass das PDF-Dokument :
http://spdnet.sozi.info/bawue/tauss/dl/TaussRedeDonnerstag260309.pdf
nicht in ein "*.doc"- oder "*.rtf"-Dokument umgewandelt werden könne.
Wie dem auch immer sei, lesenswert ist diese Erklärung auf jeden Fall.
Dieser "Fall" verdient es, auf jeden Fall weiter verfolgt zu werden.
Nachtrag 4:
Am 20. Juni 2009 berichtet die Tagesschau in den 20 Uhr Nachrichten von dem:
Dass er zum gleichen Zeitpunkt seinen Eintritt in die Piraten-Partei erklärt habe, berichtet die ARD nicht. Ebenso spannend wie irritierend ist die Nachlese der aberhunderten von Beiträgen (sogenannten: posts) , die die Mitglieder angesichts dieses Ereignisses auf der hier zitierten Seite hinterlassen haben.