– Es ist wahr, dass fast jeder Fünfte Bundesbürger selber als "hochreligiös" einstuft und rund 70 % aller Menschen als religiös.
– Die immer wieder behauptete anhaltende Säkularisierung breiter Bevölkerungsschichten kann nicht festgestellt werden. "Lediglich 28 Prozent weisen in ihrer persönlichen Identität keinerlei religiöse Dimensionen auf. "
Da sind zwei der wichtigsten Ergebniss des so genannten neuen "Religionsmonitor"s der Bertelsmann Stiftung, der bislang detailliertesten weltweiten repräsentativen Erhebung zu diesem Thema überhaupt.
Dieser "Religionsmonitor" ist interdisziplinär und interreligiös angelegt. Zunächst wurden im Sommer über 21.000 Personen in 20 Ländern befragt: "Untersucht wurden insgesamt sechs Kerndimensionen von Religion und Glauben wie religiöse Überzeugungen, Alltagserfahrungen, öffentliche und private Praxis oder die allgemeine Alltagsrelevanz von Religion. Darüber hinaus werden die Ergebnisse in einem Zentralitätsindex verdichtet mit einer Zuordnung nach Hochreligiösen, Religiösen und Nichtreligiösen. Aus dem gewonnenen Datenmaterial können umfangreiche Befunde über die Bedeutung von Religiosität für die Individuen und ihre Lebensbereiche gewonnen und Aussagen über gesellschaftliche Dynamiken getroffen werden. Zudem enthalten die Ergebnisse wichtige Informationen über die verschiedenen Religionen."
Bevor wir aus dem umfangreichen Pressetext ausführlicher zitieren, hier der Hinweis, und vielleicht auch die Anregung, sich ab dem 18. Dezember 2007 auch selber einmal unter www.religionsmonitor.com zu befragen - denn diese international durchgeführten Erhebungen wurde Online durchgeführt und wird fortlaufend im Internet ergänzt - und sich mit den Daten aus der Binnenstruktur der hiesigen Bevölkerung zu vergleichen:
"Danach gehören in Deutschland über 70 Prozent der Bevölkerung einer der zahlreichen Religionsgemeinschaften an. Anhand der Erhebung können ebenfalls etwa 70 Prozent der Bevölkerung anhand ihrer Aussagen als religiös eingestuft werden. Unter den Kirchenmitgliedern steigt dieser Anteil auf 79 bis 84 Prozent. Gleichzeitig aber ist unter den Mitgliedern der beiden großen christlichen Kirchen jeder sechste nicht religiös. Umgekehrt findet sich unter den Personen ohne konfessionelle Bindung mit 33 Prozent ein hoher Anteil religiöser Menschen. Und selbst unter den dezidiert Nichtreligiösen glauben immerhin noch 12 Prozent an die Existenz eines Gottes, ein göttliches Prinzip oder etwa die Unsterblichkeit der Seele. Überraschend groß ist auch die Zahl hochreligiöser Menschen in Deutschland. Nach den differenzierten Kriterien dieser Erhebung haben danach für etwa jeden fünften Bundesbürger Religion und Glaube einen enorm hohen Stellenwert für seine persönliche Identität und Lebensgestaltung.
Dabei ist nach wie vor eine scharfe Zweiteilung der bundesdeutschen Gesellschaft nach alten und neuen Bundesländern festzustellen. So liegt der Anteil der Religiösen in den alten Ländern bei 78 Prozent, darunter 21 Prozent Hochreligiöse, in den neuen Ländern sind lediglich 36 Prozent Religiöse festzustellen, darunter aber immerhin acht Prozent Hochreligiöse.
Beim Vergleich der Generationen ergibt sich zunächst das Bild einer religiösen älteren Generation gegenüber einer weniger religiösen jüngeren Generation. Die über 60-Jährigen nehmen danach viel häufiger an Gottesdiensten teil, pflegen das regelmäßige Gebet und haben tiefe religiöse Überzeugungen. Bei den unter 30-Jährigen pflegen deutlich weniger als unter den Senioren eine rituelle Praxis und 50 Prozent von ihnen beten niemals oder wenig. Allerdings unterscheidet sich die jüngste der befragten Altersgruppen kaum oder nur wenig von der Generation ihrer Eltern. Religion spielt in der Generation der unter 30-Jährigen generell für die meisten im Vergleich zu anderen Lebensbereichen wie Partnerschaft, Arbeitswelt oder Politik nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings kann auch unter den jungen Deutschen nur jeder Dritte eindeutig zu den nichtreligiösen Zeitgenossen gerechnet werden. 52 Prozent der jungen Erwachsenen sind dagegen klar religiöse Menschen und weitere 14 Prozent sogar hochreligiös. Gleichzeitig findet sich in dieser Gruppe das größte Maß an Zustimmung bei Fragen, ob sie an Gott, ein Leben nach dem Tod, die Unsterblichkeit der Seele oder eine Wiedergeburt glauben. Diese hohen Zustimmungswerte werden in keiner anderen Altersgruppe festgestellt.
Und auch am öffentlichen religiösen Leben nehmen die Jüngeren vergleichsweise nicht weniger Anteil als die Älteren. 14 Prozent der 18 bis 29-Jährigen sehen den regelmäßigen Gottesdienstbesuch als wichtig an und sind damit dort sogar häufiger vertreten als ihre Eltern. "
Von ganz besonderem Interesse ist die Frage, was für die Gottes-Bild die Deutschen haben. Dazu sagt die Erklärung folgendes:
"Bei dem Gedanken an Gott herrscht bei der Mehrheit der Durchschnittsbürger offensichtlich das Bild eines liebenden, gütigen Wesens vor. Am häufigsten verbinden die Gläubigen mit Gott Gefühle der Dankbarkeit, der Hoffnung, Freude und Liebe. Es folgen Attribute wie Geborgenheit, Hilfe, Ehrfurcht und Gerechtigkeit. Deutlich weniger verspüren bei dem Gedanken an Gott Verzweiflung, Angst oder das Gefühl der Befreiung von Schuld. Und noch weniger verbinden mit ihm Zorn oder die Befreiung von einer bösen Macht."
Interessant ist schliesslich der internationale Länder-Vergleich:
" Deutlich mehr religiöse Menschen als hierzulande finden sich danach durchschnittlich in der Schweiz, in Italien oder Polen, weniger dagegen in Frankreich und Großbritannien. Europäer unterscheiden sich aber fundamental von US-Amerikanern. Dort können 89 Prozent der Befragten als religiös eingestuft werden, unter ihnen sogar 62 Prozent als hochreligiös. Zu den religiösesten Ländern der Welt gehören im Rahmen dieser Erhebung Nigeria, Brasilien, Indien und Marokko. Hier konnte der internationale Teil des Religionsmonitors über 96 Prozent Gläubige identifizieren. "