Ein Gesicht bitte...

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 1. Mai 2015 um 20 Uhr 09 Minuten

 

I.

Heute gab es eine Diskussion darüber, was geschehen wird, wenn das "DaybaDay"-Projekt Ende 2008 seinen Vierjahreszyklus abgeschlossen haben wird.

Weitermachen? Verwerten? Was anderes? Doch eine Art Tagebuch-Seite - dazu - die dann jeweils den persönlichen Aspekt dieser Eintragungen, seine Motivationen und Anlässe ausleuchtet? Oder vielleicht ein täglich sich wandelndes, sich ergänzendes Panoptikum von Selbst-Portraits?

Weitermachen?
Ja, aber nur, wenn "DaybyDay" dann aus der Rolle des heimlichen Renners herausgeschlüpft und aktiv in der Szene propagiert werden wird.
Bisher werden die Texte eher zielgerichtet geschrieben und eingesetzt und sie erfüllen den ihnen zugedachten Zweck voll und ganz. Sie geben Anstoss für weiterführede Gespräche und sind oft auch der "Trigger" für weitergehenden Aufgaben, neue Anfragen für Publikationen, Konzepte usw.

Verwerten?
Insoweit verwertet sich diese Seite schon heute gut genug. Die in das Schreiben investierte Energie führt zu allerlei "feedback". Das ist gut und hat seine Qualität. Wenn es mehr wäre, könnte eine solche Arbeit nicht mehr nebenher betrieben werden und würde eine andere Infrastruktur voraussetzen. In welche Richtung ein solcher Prozess gehen kann zeigt aus dem englischen Sprachraum eine Seite wie
3QuarksDaily deutlich auf. Interessanterweise begann diese Seite in der Mitte des Jahres 2004 mit einem Gedicht.

Oder etwas anderes?
Ja, wie wäre denn das: sich jeden Tag mit einem Gedicht zu vermelden und zu verorten? Auch hier herrschen genügend formale Traditionslinien vor, als dass der Umgang mit einer solchen Aufgabe sich auf eine gute Grundlage beziehen könnte und doch frei wäre in der aktuallen Ausgestaltung.

Oder eine Art Tagebuch?
Es gibt in der Tat die Idee, die Seite "ws.ws" zu reservieren und darauf eine weitere - passwortgeschützte - Plattform aufzubauen. Aber je länger die Überlegungen um diese Idee kreisen, desto deutlicher wird die Vermutung, dass dieses eine Seite werden würde, die zu Lebzeiten nur wenigen ausgesuchten Personen zur Verfügung stünde und erst nach dem Tod für alle aufgemacht werden würde.

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Über so etwas nachzudenken kommt vielleicht zunächst befremdlich vor. Aber wenn ein Künstler-Freund schon in einem viel jüngeren Lebensabschnitt als dem eigenen einen Katalog herausgibt, der sich "ROOTS Romen Banerjee AND POSTERITY" nennt, dann sollte es doch durchaus möglich sein, diesen Gedanken weiterzuführen.

Oder ein Selbst-Portrait?
Ein solcher Ansatz wäre der radikal entgegengesetzte zu dem, was derzeit in "DaybyDay" nicht geschehen soll, das eigene "Ich" zum Anlass oder Gegenstand der Darstellungen zu machen. Da gibt es den Vorschlag, von sich selbst im Verlauf eines ganzen Jahres tagtäglich ein Foto zu machen und dieses ohne Retusche und regret öffentlich auszustellen.

II.

0

So...
Und nach all diesen Überlegungen kommt es schlussendlich - wieder zu einem neuen Projekt, in dem irgendwie alle diese hier skizzierten Aspekte Eingang und doch auf eine nicht-dominante Art und Weise ihren Platz gefunden haben. Es ist ein letztendlich ein ganz klassisches Buch-Projekt: mit den Auto-Portraits von Fotografen.

1.

Zur Einstimmung in das Thema hier die folgenden Beispiel-Links:

Zunächst solche aus der Gruppe der "Amateure", der Foto-Liebhaber, -Entdecker und -Selbermacher. Denn gerade ihre Reaktionen auf und mit dem eigenen Bild sprechen eine beredte Sprache, die von der Attraktivität des Themas kündet.

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 http://nakit-arts.de/blog/2007/02/11/foto-selbstportrait-2/

Rozanas Foto ist ausdrücklich als SELBSTPORTRAIT" untertitelt und sie findet sich damit in dem folgenden Chat über Formen und Farben wieder:

benno Says:
February 11th, 2007 at 12:02 pm
Ich weiss nicht wieso, aber mich hat das Foto sofort an eine witzige Serie aus den End-60ern erinnert.
http://xs59.xs.to/pics/05500/UFOEllis.jpg

Rozana Says:
February 11th, 2007 at 12:37 pm
wahrscheinlich wegen meinem Pony, der auch leicht in einer Pfeilform gefallen ist…? Nur meine Haare sind nicht violett

Matthias Says:
February 11th, 2007 at 3:23 pm
Hach, wenn mal alle Bloggerinnen so hübsch wären…

seba Says:
February 11th, 2007 at 8:43 pm
blue, blue eyes

Rozana Says:
February 11th, 2007 at 9:09 pm
Blue?

seba Says:
February 11th, 2007 at 9:27 pm
nicht im Farbsinne! Eher Brown eyes blue!

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http://www.tutorials.de/forum/fotografie/233333-erstes-selbstportrait.html

Lenhards Foto ist "Mein erster Versuch eines Selbstportraits" untertitelt, vorm Urheber signiert und führt zu einer Reihe von Reaktionen, die wie in einem Blog nicht nur textlicher Natur sind, sondern auch der Natur des Bildes selber "zu Leibe rücken". Zitat:

ich habe es ein wenig nachbearbeitet, da ein zu hoher kontrast alles zu dunkel und naja unschön erscheinen hat lassen, deswegen habe ich versucht es ein wenig weichzuzeichnen, ich hoffe es stört nicht zu sehr.
@Stiummung: ja
Mfg Lenny
PS: Thanks for Comment
[...]
Also im Gesicht, find ich, ist es schon ein bischen viel Weichzeichner. Zeig doch mal das Original.
MfG

Diese und viele mit Ihnen verwandte Beispiele zeigen, dass das "Schau mir in die Augen, Kleines" mehr sein kann als ein klassisches Filmzitat aus einer anderen Welt: hier geht es um den immer wieder neu ausgestalteten Mut, sich selber in die Augen schauen - lassen - zu können.

Beispiele dieser Art zeigen, dass das Thema auch heute noch aktuell ist und "funktioniert", sie dringen aber nicht bis an den Kern der Dinge vor.

2.

Hier nun zwei ausgewählte Fotos, die im Verlauf der letzten Jahre als Titel auf den akg-images-Jahres-Kalendern der Jahre 1994 und 2007 erschienen sind und die sich ebenfalls dem Thema annähern.

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Hier zunächst das Portrait der Schauspielerin Marianne Hoppe [1] aus "Anschlag auf Schweda" aus dem Jahr 1935, das auch heute noch von hoher Attraktivität ist - und in diesem Zusammenhang zeigt, was in diesem Konzept nicht gemeint ist: es sollen nicht Menschen mit einem Fotoparat gezeigt werden, sondern Menschen, die sich selber fotografieren - wie in den oben vorgeführten Beispielen, oder wie es in dem Titel des Kalenders des Jahres 2007 zu sehen ist.

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Limot, Walter (eigtl. Walter Lichtenstein); Fotograf; Berlin 1902 - Paris
1984. / Walter Limot mit seinen Soehnen Andre
(links) und Claude. / Foto, Cassis, 1942 / Foto: akg-images / Walter Limot

Der Versuch wird darin bestehen, die Grenzen des Auswahlkriteriums noch enger zu ziehen. Und zwar in dem Sinne, dass die Fotografen und Fotografinnen zusammen mit ihrem Fotoapparat zu sehen sind.

Ob man die Grenzlinie der Auswahl so eng wird ziehen können, wird noch zu untersuchen sein. Aktuelle Beispielel gibt es auch dafür. Auch hier deren zwei als pars pro toto:

 http://www.stephankaminski.de/selbstportrait.php

 http://www.cdquadrat-fotografie.de/web-1.html

3.

Spannend ist ein solches Projekt auf jeden Fall, da zumindest nach dem aktuellen Kenntnisstand ein solcher Fotoband mit Auto-Protraits von Fotografen bislang noch nicht vorliegt: Und das Thema so alt ist wie die "Photographie" selbst:

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Bildnachweis: akg-images
Dateiname: AKG_342938 | Bildnummer: 1FK-538-B1865
Bildtext: Nadar, Felix (eigentl. Tournachon) franz. Photograph, Zeichner und Schriftsteller Paris 5.4.1820-ebd. 20.3.1910.-Selbstporträts.-Photographien, undat.
Ereignisjahr: 1865 | Herstellungsjahr: 1865
Ort: PARIS | Standort: Bibliothèque Nationale.

4.

Manchmal braucht es Jahre, damit sich für dieses Thema noch eine weitere Dimension entfaltet, Der - in diesem Fall gelungene - Versuch, das eigene Portrait nicht "nur" abbilden zu wollen, sondern selber zum Gegenstand einer künstlerischen Darstellung zu machen. [2]. Das hier gemeinte Portrait ist das von Alice Martins. Ihr Portrait findet sich in der Ausgabe: Fotos für die Pressefreiheit 2015 [3] auf der Seite 73.

Anmerkungen

[1(Rostock 26.4.1911 - Berlin 23.10.2002)

[2Wohlwissend, dass jede Darstellung der eigenen Person an sich schon das Werk einer künstlerischen Arbeit in sich beheimaten mag...

[3


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