Wie erfunden, so verschwunden

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 21. Januar 2009 um 21 Uhr 47 Minuten

 

Nein, heute ist nicht der zukünftige französische President der "PeDeGehs" Thema dieses Tages - der Mann wird uns ja nun in seiner neuen Rolle noch lange genug weiter in Atem halten - noch eine nächtliche Tour durch die bundesteutsche TV-Landschaft mit der Geschichte des 30-jährigen Krieges, eine Krimiserie mit WachtmeisterInnen auf dem Fahrrad, einem James-Bond-Abenteuer und der Wiederausstrahlung des "SAM"-Filmes... heute geht es um die Mercedes Elektra aus (Zella-)Mehlis [1], die wohl heute vor 50 Jahren auf der Hannover Messe erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde: Die erste für den Verkauf und betrieblichen Dauereinsatz ausgestellte elektrische Schreibmaschine. Der Beginn des Aufstieges, Siegeszuges und Niederganges eines Elementarteils der Kommunikations- und Industrie-Geschichte.

Der am 12. Mai 1970 in Mecklenburg gebürtige Carl Schlüns hatte sich schon vor dem Vertrieb der ersten kommerziellen mechanisch angetriebenen Schreibmaschine vom Automobilhersteller Mercedes-Benz den Namen für seine Geräte abgekauft, um so die Werthaltigkeit seiner Produkte schon vom Brand her unter Beweis zu stellen. Die wichtigste Neuerung des Jahres 1927 war ein an der Seite angebrachter Elektromotor (oder eine Riemenscheibe, die ihrerseits noch von einer Dampfmaschine angetrieben worden sein soll).

Sowohl im Deutschlandradio Kultur (um 5:45 Uhr) als auch im Deutschlandfunk (um 9:05 Uhr) wurde an dieses Ereignis mit folgendem Beitrag von Kay Müllges wie folgt erinnert:

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Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Worauf der "Aufmacher" der D-Radio-Redaktion zu diesem Beitrag zu Recht hinweist ist der Umstand, dass die Schreibmaschiene als solche im Jahr 2003 aus der Liste der 750 meistverkauften Waren und Dienstleistungen des privaten Verbrauchs gestrichen worden ist. Im Büro, für das sie zunächst ausschliesslich konzipiert worden war, war sie schon viel früher - nach einer immer weitergehenden "Hochrüstung" (auch mit Elektronik) - ausrangiert worden. [2]

Einige der wenigen guten Abbildungen der Maschine, samt der hier zitierten Durchsichtszeichnung aus dem Jahr 1926 findet sich auf der Webseite von Will Davis [3]

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Aus den Analen der Deutschen Messe AG hingegen lässt sich kein wirklicher Beleg weder für das Datum 7. Mai noch für das Ereignis finden: der 7. Mai 1957 war der letzte Tag der hier zitierten Hannover-Messe und in den Archiven des Hauses in Hannover ist davon weder ein Abbild zu finden noch ein Hinweis aus einem der Berichte über die Neuerungen diesen Jahres.

Aber ein anderes Bild ist ins Auge gesprungen, das - obwohl fototechnisch nicht gerade von bestechender Schärfe - aus heutiger Sicht in geradezu überzeichneter Klarheit verständlich macht, wie die Verhältinisse zu jener Zeit ausgesehen haben: sowohl die Beziehung zur Technik als auch die zwischen Mann und Frau.

Wer Augen hat zu sehen, der sehe sich dieses Ab-Bild dieser Zeit [4] an:

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Anmerkungen

[1Die Geschichte des Betriebes in Zella-Mehlis setzt ein, als die 1906 von Dr. phil. Gustav Mezin Berlin gegründete Mercedes Büromaschinen GmbH im III. Quartal 1908 ihre Produktionsstätte von Schreibmaschinen von Berlin nach Mehlis in Thüringen verlegte (Ursache: sehr guter Stamm an Facharbeitern aus der Metallbranche und niedrigere Löhne als in Berlin) und dort am 1. 10. 1908 in den Mercedes Büromaschinen-Werken A.G. in einem Neubau mit der Produktion der Schreibmaschine Modell II beginnt. Diese Schreibmaschine erregte Aufsehen durch ihre Zerlegbarkeit in die drei wesentlichen Bestandteile Gestell,Wagen und Typenkorb. Damit erlaubte sie das Auswechseln der Typenkörbe und somit das Schreiben in verschiedenen Schriftsystemen. Mit der Mercedes Elektra stellte der Betrieb 1922 die erste elektrisch angetriebene Büroschreibmaschine der Welt vor
Aus: Dr.-Ing. Christine Krause, Ilmenau, und Dipl.-Ing. Dieter Jacobs, Suhl
Von der Schreibmaschine zu Mikrorechnersystemen:
Der Beitrag der Mercedes Büromaschinen-Werke/Robotron-Elektronik Zella-
Mehlis zur Entwicklung der Rechentechnik in der DDR
. S.1
(Als PDF-Dokument eingesehen am 7. Mai 2007 unter:
http://www.tu-ilmenau.de/fakia/fileadmin/template/FakIA/StruktFakultaet_IA/ipim/
dbis/krause/Mercedes_LectureNotes_KrauseJacobs_270606.pdf.

[2Über das Ende der letzten eigenen elektrischen Schreibmaschiene ist im "DaybyDay"-Artikel "gestorben" die Rede.

[3Für Fans gibt es sogar das "Journal of the Early-Typewriter Collectors Association ETCetera".

[4Copyright: Deutsche Messe AG, Hannover
PS. An dieser Stelle: Vielen Dank für die Mitarbeit, zumal diese auch auf einem freiwilligen und von dem Interesse an der Sache her geleiteten Engagement beruht. WS.


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