Das Buch der Narren

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 14. Juli 2006 um 07 Uhr 22 Minuten

 

Trotz des Bush-Besuchs in ostdeutschen Ländereien, trotz der Bombardierung des Libanons durch israelische Luftstreitkräfte, totzt der Festivitäten zum französischen Nationalfeiertag: der heutige Tag gilt dem ersten vor 125 Jahren in Berlin veröffentlichten Telefonbuch.

In einer Presseveröffentlichung der Deutschen Telekom vom 23.01. 2006 geht es um das sogenannte "Buch der Narren", das heute vor 125 Jahren erstmals aufgelegt worden war, zusammen mit der Eröffnung der ersten Vermittlungsstelle in Berlin.

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Als Narren wurden sie beschimpft, müde belächelt, gar für verrückt gehalten. Diejenigen, die sich einen Fernsprechapparat zulegten. Ganze acht Teilnehmer waren es, mit denen im Januar 1881 die erste Fernsprechvermittlungs- stelle in Berlin startete. Im April waren es immerhin schon 48 Teilnehmer und ganze 99 Personen finden sich schließlich im Juli 1881 im ersten Fernsprechverzeichnis, dem "Verzeichnis der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten".

Der "Schwindel aus Amerika"...

Die Berliner gaben dem ersten Telefonverzeichnis einen anderen Namen. Sie nannten es das "Buch der 99 Narren", taten doch dem Mann auf der Straße die Teilnehmer leid, die auf diesen "Schwindel aus Amerika", auf das Telefon, hereingefallen waren. Ein Narr musste einfach sein, wer jährlich bis zu 200 Reichsmark für ein "dubioses Telefon" ausgab.

Genau am 14. Juli veröffentlicht die Fernsprech-Vermittlungs-Anlage in Berlin unter dem Titel "Verzeichniss der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten" das erste amtliche Fernsprechbuch. Die Einträge waren alphabetisch sortiert und aufgeteilt in vier Spalten mit Nummer, Namen oder Firmennennung, der "Bezeichnung des Standes oder Geschäftszweiges" sowie der Adresse von "Wohnung oder Geschäftslokal".

Unter der Nummer 1 war die Börse eingetragen. Und so mancher, der schon damals als Nummer 95 "Abgeordnetenhaus, Büreau desselben", "Berliner Maklerverein" (Nummer 8), oder "Borchardt Delikatess- und Weingroßhandlung" (69) eingetragen war, findet sich auch heute nach über 125 Jahren im Verzeichnis wieder. Allerdings mit entsprechend längeren Zahlenfolgen.

... wurde zur Erfolgsgeschichte ...

Waren es zunächst Banken, Fabriken und Geschäfte, die sich dem neuen Kommunikations-Mittel zuwendeten, entdeckten im Laufe der Zeit immer mehr Berliner Privatleute den Fernsprecher. Ehemals verpönt, bekam er schnell den Ruf eines Statussymbols. Nur das gehobene Bürgertum konnte sich einen Anschluss für 20 Reichsmark leisten, der Mittelklasse-Berliner rümpfte gekränkt die Nase.
Dafür rissen sich die Industriellen und Geschäftsleute die neuen Apparate schon bald aus den Händen. 1890 zählte das zuvor verpönte "Buch der Narren" bereits 10. 000 Einträge. Die Erfolgsgeschichte der Öffentlichen Kommunikation begann.
Andere Städte folgten bald dem Beispiel Berlins. Ende 1881 hatten bereits Köln, Hamburg, Frankfurt am Main und Mannheim ein eigenes Ortsnetz.

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... mit Millionen Teilnehmern

Heute sind im aktuellen Berliner Telefonbuch genau 1.132 903 Einträge verzeichnet. Allein von der Printausgabe werden 32 Millionen Exemplare gedruckt, längst gibt es die verschiedensten Ausgaben digitalisiert, auf CD-ROM, online und natürlich mehrsprachig.

Eines jedoch bleibt. Die Telefonbücher gleich aus welcher Epoche sind nicht bloße Auflistung von Namen, Nummern und Bezeichnungen, sie sind zugleich Zeugnisse der Sozial- Technik und Kulturgeschichte, sind Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft.


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