So schön, schön war die Zeit...

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 26. November 2006 um 18 Uhr 30 Minuten

 

Heute beginnt in ganz Deutschland ein Rückblick auf die Arbeiten von 40 Jahren Videokunst.

Was so lange ein "Nischendasein" geführt zu haben scheint, erscheint nun als eine der "einflussreichsten Gattungen der Kunst des 20. Jahrhunderts".

Blicken wir also zurück: Ohne Zorn auf all jene, die uns immer nur ausgelacht hatten (und Schlimmeres) wenn wir mit unseren Monitoren und den ersten Beamern daherkamen und die Inszenierungen der eigenen Welt nicht mehr ohne eine 220 Volt Steckdose in Bewegung gesetzt werden konnte.

Da es an diesem Tag keine nationale sondern fünf regionale Eröffnungsveranstaltungen geben wird, wird es hierzu keinen zusammenfassenden Bericht geben können. [1]

Vielmehr die Anregung und der Wunsch, mit einigen ausgesuchten InteressentInnen eine "tour de horizont" durch Deutschland zu unternehmen und die Bilder und Töne dieser Reise dann selbst wieder bis zur Fininssage zu einer eigenen Video-Dokumentation aufzuarbeiten: Sei es als lebendiger Gegenpart
 für die Veranstalter und Förderer selbst
 für die ausgesuchten KünstlerInnen als auch
 für Diejenigen, die an dem Erfolg dieser "Bewegung" einen so nachhaltigen Anteil hatten und heute doch nicht mehr unter uns sind: etwa mein Freund, der Gründer und langjähriger spiritus rector der "transmediale": Micky Kwella. [2]

Jetzt aber wird aus der offiziellen Ankündigung des gesamten Unternehmens wie folgt zitiert:

Die Initiative der Kulturstiftung des Bundes »40jahrevideokunst.de
Digitales Erbe« zielt auf die Rettung, Pflege und Vermittlung des
kulturellen Erbes der Videokunst, die zu einer der einflussreichsten
Gattungen der Kunst des 20. Jahrhunderts geworden ist. Erstmalig in der
Bundesrepublik wird ein so komplexes Vermittlungs- und
Ausstellungsprojekt gemeinsam von fünf Museen umgesetzt: das ZKM
Karlsruhe und K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Düsseldorf als
Projektverantwortliche in Zusammenarbeit mit den Partnern Kunsthalle
Bremen, Lenbachhaus München und Museum der bildenden Künste Leipzig.
Im Sommer 2004 wurde von einer Jury eine exemplarische Auswahl von 59
historischen aber auch aktuellen Videotapes von 1963 bis heute
zusammengestellt. Diese Auswahl wird nun als Archiv parallel in den fünf beteiligten Museen ausgestellt. Darüber hinaus präsentiert jedes Museum
einen eigenen Schwerpunkt als Erweiterung und Kontextualisierung dieser
Videotapes.
Zum Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes erscheint ein
umfangreicher farbiger Katalog hrsg. von Rudolf Frieling und Wulf
Herzogenrath im Hatje Cantz Verlag mit Ausschnitten aller Werke auf
DVD-ROM. Eine DVD-Studienedition mit allen Arbeiten in voller Länge ist
aus Copyright-Gründen allein Institutionen aus den Bereichen Bildung,
Lehre und Forschung vorbehalten und kann über die Website
www.40jahrevideokunst.de bestellt werden.

Nachfolgend die Übersicht über die Ausstellungen, die ab Sonnabend - ohne die Beteiligung Berlins [3] - an den folgenden Stationen öffentlich sein werden:

KUNSTHALLE BREMEN | DIE 60ER
25. MÄRZ 2006 - 21. MAI 2006
HTTP://WWW.KUNSTHALLE-BREMEN.DE

Die Kunsthalle Bremen präsentiert mit Videoskulpturen und -environments
die erste experimentelle und schöpferische Phase der Medienkunst in den
1960er Jahren:
Bedeutende Werkgruppen von Nam June Paik, Wolf Vostell, Joseph Beuys und

Karl Gerstner sind ebenso zu sehen wie Dokumente zu ersten
TV-Produktionen, u.a. von Otto Piene, Aldo Tambellini und Gerry Schum.
Mit Paiks Videosynthesizer von
1969, den die Kunsthalle Bremen seit 1995 zu ihrer Sammlung zählt, ist
auch die ?Gutenberg-Bibel des 20. Jahrhunderts? in der Bremer Schau
vertreten.

K21 KUNSTSAMMLUNG | DIE 80ER
25. MÄRZ 2006 - 21. MAI 2006
HTTP://WWW.KUNSTSAMMLUNG.DE

Die Düsseldorfer Ausstellung konzentriert sich auf unterschiedliche
Positionen künstlerischer Videopraxis in den 1980er Jahren in
Westdeutschland. Signifikant vollzieht sich in diesem Jahrzehnt die
Entwicklung von der Monitorpräsentation zur Rauminstallation.
An der Schwelle zur digitalen Bildproduktion etabliert sich Video als
bildkünstlerisches Verfahren und wird zugleich zur dokumentarischen
Aufzeichnung genutzt. Gezeigt werden ausgewählte Beispiele der
Videokunst der 80er Jahre in eigens entwickelten Präsentationsformaten
u.a. von Abramovic’ /Ulay, Conradt/Jahn, Dellbrügge & de Moll, Dieter
Froese, Ingo Günther, Jean-François Guiton, Dieter Kiessling, Marcel
Odenbach u.v.a.

LENBACHHAUS MÜNCHEN | UPDATE.06
25. MÄRZ 2006 - 21. MAI 2006
HTTP://WWW.LENBACHHAUS.DE

Die Städtische Galerie im Lenbachhaus zeigt UPDATE 06 und präsentiert 6
Positionen zeitgenössischer Kunst, die sich mit dem Medium ?Video? und
?Film? auseinandersetzen. Die Auswahl steht sowohl für die Vielfalt und
Internationalität, als auch für die große Bandbreite, mit der
unterschiedliche filmische Techniken in der aktuellen Kunstproduktion
genutzt werden. Gezeigt werden Arbeiten u.a. von Sunah Choi, Christian
Jankowski, Karolin Meunier, René Pollesch, Markus Sixay, Sean Snyder.

MUSEUM DER BILDENDEN KÜNSTE LEIPZIG | REVISION.DDR
25. MÄRZ 2006 - 21. MAI 2006
HTTP://WWW.MDBK.DE

Die Edition »40jahrevideokunst.de« konzentriert sich bei der
Künstlerauswahl und dem historischen Kontext auf West- Deutschland.
Jedoch gab es auch in der DDR eine umfangreiche künstlerische
Medienarbeit. Gedreht wurde auf Schmalfilm. Inoffizielle
Eigenproduktionen entstanden. Eine eigenständige Kunstsprache als
Parallelphänomen zur Videokunst in der Bundesrepublik Deutschland
entwickelte sich. Das Ausstellungsprojekt unternimmt eine Revision der
turbulenten und kreativen 1980er Jahre in der Schmalfilmszene der DDR.
Gezeigt werden Arbeiten u.a. von Lutz Dammbeck, Else Twin Gabriel, Jörg
Herold, Via Lewandowsky, Yana Milev, Ulrich Polster. In begleitenden
Veranstaltungen werden eine Auswahl von ?Underground-Filmen? gezeigt.
Gespräche mit Künstlern und Zeitzeugen reflektieren die Arbeiten in
ihrem Kontext.

ZKM KARLSRUHE | REVISION.ZKM
25. MÄRZ 2006 - 21. MAI 2006
HTTP://WWW.ZKM.DE

Die Ausstellung am ZKM präsentiert die gesamte Edition, ergänzt durch
den Schwerpunkt auf Restaurierung und Konservierung sowie die
technischen Hintergründe zur Bewahrung früher Videokunst. Der Fokus wird hierbei auf den 1960er und 70er Jahren liegen, da die Videobänder aus
dieser Zeit besonders gefährdet sind. Aus den frühen 70er Jahren werden
authentische Geräte gezeigt. Ebenso Restaurierungsbeispiele anhand von
Arbeiten in ihrer ursprünglichen und in ihrer restaurierten,
digitalisierten Form. Ausgestellt werden darüber hinaus Werke, die
seit den 70er Jahren so nicht mehr zu sehen waren und im ZKM eine
erstmalige Wiederaufführung erfahren.

KATALOG | 40JAHREVIDEOKUNST.DE - TEIL 1

Die Publikation bietet einen konzisen Überblick über sämtliche
bedeutenden historischen wie zeitgenössischen Tendenzen in der
Videokunst einschließlich der frühen Anfänge in Film und Fernsehen und
stellt 59 herausragende Einzelarbeiten vor, die seit den 1960er Jahren
bis ins Jahr 2004 in Deutschland entstanden sind. Sie wird von einer DVD begleitet, die Ausschnitte aller Arbeiten zeigt und weiteres
Begleitmaterial zum Werkkontext. Zusätzlich bewerten Kunsthistoriker,
Kuratoren und Philosophen vergangene wie gegenwärtige Strategien des
Umgangs mit bewegten Bildern, darunter Fragen der Präsentation,
Konservierung und Restaurierung von Videokunst.

HRSG. RUDOLF FRIELING / WULF HERZOGENRATH,
HATJE CANTZ VERLAG, 400 S., CA 450 FARBABB., 19 X 24,5 CM, SOFTCOVER, MIT DVD, 35 , ISBN 3-7757-1717-X (DEUTSCH), ISBN 3-7757-1718-8 (ENGLISCH)

Anmerkungen

[1Und es verbleibt für die Berliner Zeit, eine andere wichtige Veranstaltung des Deutsches P.E.N.-Zentrums in der Akademie der Künste zu besuchen, die sich mit den sehr aktuellen Fragen nach den Folgen der Digitalisierung für das Urheberrecht beschäftigt.
In ihrer Veranstaltung in der Akademie der Künste unter dem Titel: "Kapitulation oder neue Herausforderung? Schriftsteller in der Mediengesellschaft" diskutieren am Vormittag Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, Christian Sprang und Helge Malchow, anschliessend hinterfragt Joachim Kersten das Vorgehen der großen Internetkonzerne mit Blick auf das Urheberrecht.
Am Nachmittags beleuchten Karlheinz Braun, Wilfried F. Schoeller, Roberto Simanowski und Gert Mattenklott den Wandel der Rolle des Autors in Theater, Radio und vernetztem Schreiben.
In einer Podiumsdiskussion am Abend erörtern Wolfgang Thierse, Christoph Hein, Johano Strasser, Friedrich Dieckmann, Shi Ming und Roberto Simanowski Chancen und Risiken der Informationsgesellschaft.

[2Siehe dazu den Link auf ein kurzes "Nachwort" aus eigener Hand.

[3... warum eigentlich? Sei es durch die Einbindung der dann unter einem etwas anderen Thema für die "transmediale" kuratierten Ausstellung - sei es, in dem man Berlin wie einen "virtuellen Hub" als vernetztes Bindeglied zwischen diese Austellungsort geschaltet hätte... WS.


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