"Das Netz" als Recherche Road-Movie

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 9. Januar 2006 um 10 Uhr 29 Minuten

 

Da Capo: "Das Netz"

In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag gab es auf ARTE die "cybernetic nightmares": mit einer Erstausstrahlung des Films von Lutz Dammbeck: "Das Netz" [1] aus Jahr 2003, verantwortet von den Redakteurinnen Martina Zöllner vom SWR und Anne Baumann von ARTE.

Wer sich das Ganze lieber im Kino anschauen will und in Berlin lebt, bitteschön. Der Streifen aus dem b.film Verleih EYZ Kino GbR läuft seit einem Jahr immer wieder einmal im Kino des alternativen berliner Kunstvereins ACUD . Die nächste Vorstellung ist am
9. Januar 2006 um 18:00 Uhr

Lutz Dambeck, der in seiner Rundmail vom 2. Januar dieses Neuen Jahres auf diesen Termin aufmerksam macht [2], fügt sogleich nochmals von ihm ausgewählten Links zu dem Thema zu [3]:

  www.t-h-e-n-e-t.com  [4]

  www.expolar.de/lybernetik  [5]

  Mythos Netz  [6]

Daher nochmals an dieser Stellung eine Sammlung der sogenannten "Stimmen zum Film":

I watched your film yesterday and it sent a shiver down my spine. The film is a triumph in bringing together unexpected images, thoughts and words. It poses so many disturbing unanswered questions. I shall be looking at it again this weekend.
Jasia Reichardt, art historian/curator, London

Brisantester Beitrag des diesjährigen Leipziger Dokumentarfilmfestival.
FILMECHO (2003)

Das Netz ist alles andere als ein Film über das Internet oder die Idendität des Unabombers, obwohl er
zu beiden Themen viel Material bietet - sondern vor allem ein Film über die Eigentümlichkeit dezentralen
Denkens selber. Einer der interessantesten Filme des Festivals 2003.

FREITAG (Barbara Schweizerhof)

Es geht um LSD, Bewusstseinskontrolle, höhere Mathematik, Kunst und Adornos Studien über
den autoritären Charakter.

TAZ (Detlev Kuhlbrod)

Die Gegenwart als offene Aufgabe und Prozess. Der Film ist eine spannende Recherche im Herzen
des Fortschrittsglaubens. Der beste Film des diesjährigen Leipziger Festivals.

FAZ

Man muß kein Anhänger von Verschwörungstheorien sein, um die immense wirtschaftliche Potenz,
die an die millionenfache Installation des heute als unverzichtbar erscheinenden Personal Computers
gekoppelt ist, mit nüchternen Machtinteressen in Verbindung zu bringen....Dammbeck ist ein höchst
komplexer und verstörender Dokumentarfilm gelungen.

FILM-DIENST Bonn

Neben der komplex und akribisch recherchierten Entstehungsgeschichte der uns heute
umgebenden- und beherrschenden Hochtechnologien führt Dammbeck einen Briefwechsel
mit dem ehemaligen „Staatsfeind Nr.1“ der USA, der aus dem Gefängnis heraus seine zivilisations-
und technologie-kritische Weltsicht offenbart. Mit ihm nimmt der ohnehin schon verblüffende
Wissenschaftskrimi vollends die Züge eines Polit-Thrillers an.

SZENE Hamburg

"Der Film ist eine die talibanistische Technikkritik, die eigentlich voellig die Position
des Unabombers uebernimmt...eine paranoide Darstellung der Geschichte der Kybernetik
mehr oder weniger aus der Sicht von Ted Kaczynski. ...Das ganze war wie die Auferstehung
des guten alten DDR-Propagandafilms aus den Zeiten des Kalten Krieges, der Autor scheint auch
ideologisch aus dieser Ecke zu stammen. Es fehlte eigentlich nur noch der Verweis auf die
juedische Weltverschwoerung... "

Peter Krieg, Filmemacher, Member American Society for
Cybernetics/CEO Pile Systems Inc.

Was Dammbecks Ansatz einzigartig macht, ist die Vermischung von Prinzipien des Diskurses
und der Kunst. Man könnte sagen, Dammbeck betrachtet die Systeme der Kunst wie Systeme der
Macht und die Systeme der Macht wie Systeme der Kunst...ist es dann möglich, etwa mit Kurt Gödels
Unvollständigkeitssätzen auch die Systeme von Kunst und Politik zu betrachten?

TAZ (Georg Seeßlen) Berlin

Dammbeck deckt nicht verborgene Zusammenhänge auf, sondern bringt einfach nur Dinge
zusammen, die bisher noch nicht zusammengedacht wurden. Ein anregender Film, für ein
breiteres Publikum wegen seiner offenen Strukturen wahrscheinlich zu anspruchsvoll.

Der Tagesspiegel (Sylvia Hallensleben), Berlin

...dabei entblödet er (Dammbeck) sich nicht, Adornos Studien zum autoritären Charakter als Impulse
für eine Forschung zum Eingriff in die Psyche anzudenken - in den Diensten der US-Regierung.

Frankfurter Rundschau, Frankfurt/Main

Einstimmig haben wir uns für „Das Netz“ entschieden: eine intellektuelle Achterbahnfahrt durch Kunst,
Technologie, Philosophie, Politik, Psychologie, Soziologie, die uns stark beeindruckt und zugleich
verunsichert hat. Sie ist gegen eine eindimensionale Lesart resistent, weil sie - obwohl im linearen Medium
des Films umgesetzt - eine nicht-lineare Rezeption auslöst. Der Film ist ein enormer Katalysator für
interdisziplinäre Assoziationen - für ein Netz im Kopf, das wahrzunehmen einen plötzlich überrascht.
Noch schwindelig verleihen wir den EMAF Award 2004 an „Das Netz“ von Lutz Dammbeck.

Aus der Begründung der Jury beim 17. European Media Art Festival 2004

ICH, DER COMPUTER
Wenn das schreckliche U-Wort ausgesprochen wird in diesem Film, der Name
(des Unabombers), der für anonymen Hass und Terror steht, scheint die Temperatur um einige Grade
runterzugehen im Raum. Die Gesprächspartner, die der Filmemacher befragt, werden einsilbig, weigern
sich gar, sich zu diesem Thema überhaupt zu äußern... Der Satz von Gödel dient dem Film als Einstieg.
Es waren die Risiken der Utopie, die da beschworen wurden, und plötzlich wurde - kurz nach dem
Schrecken des Totalitarismus in Europa - das menschliche Individuum wieder zur Manipulationsmasse...
Dieser Film öffnet die Büchse der Pandora weit...es ist ein Rausch, dem man sich in manchen
Sequenzen nicht entziehen kann!

Süddeutsche Zeitung, München

WER DEM FORTSCHRITT DEN KRIEG ERKLÄRT
Dammbecks brisante Collage kreist um eine Wissenschaft, die nur das Gute will und oft das Böse schafft. ...
Bis heute sieht der paranoide, aber voll zurechnungsfähige Kaczynski keine Schuld darin, dass er gegen
die Weltverbesserer zur Gewalt gegriffen hat. Welche Art von Gewalt mejhr Leid über die Menschheit gebracht
habe, die staatliche oder die individuelle, fragt er Dammbeck in einem der Briefe, die dieser mit ihm wechselt....
Im Anhang des Buchs zum Film findet man eine deutsche Übersetzung des Unabombers, ein Konglomerat
aus abgestandener Gesellschaftskritik, Gedankenblitzen und der unverhüllten Aufforderung zum Terror.
Der Film überzeugt durch strikte Gedankenführung und seine klare Sprache. Ein wichtiger Film zurm
richtigen Zeitpunkt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Hans-Jörg Rother) FAZ

DER UNSICHTBARE DRITTE
Dammbeck übt sich in der hohen Kunst, Verknüpfungen herzustellen. Eines aber fällt auf:
die ersten, die der Unabomber in seinem „Manifesto“ nach einer kurzen Einleitung ins Visier nimmt, um
sie zu diskreditieren, sind die amerikanischen Linken. „Psychologie der modernen Linken“ heißt es gleich
zu Beginn des Manifests. Brockman und die anderen aus der Cyber-Elite hatten so beredt von John Cage,
Andy Warhol, den Drogen und der Gegenkultur geschwärmt. Sie taten es allerdings nur in anekdotischer
Weise, wie ein Entrepeneur, der nostalgisch die wilden Anfänge bedenkt. Die damalige Avantgarde, die
Gegenkultur der sechziger Jahre, ist so etwas wie der unsichtbare Dritte. Der Unabomber Kaczynski
assoziiert bei Technologie noch eine linke, subversive Grundstimmung, und die rennomierten Digerati werden
von einem Terroristen herausgefordert, der in seiner Holzhütte in den Rockys Briefbomben bastelt. In dieser
Gemengelage wird schnell vergessen, dass mit ENTGRENZUNG Ende der sechziger Jahre nicht nur die
Börsenkurse gemeint waren, und die Gegenkultur mit ihren Cyberphantasien sehr viel mehr und anderes
enthielt, was schließlich daraus wurde, und dass wir auch die Erben dieser Avantgarde, dieser Drogen-
Kunst- und Techno-Szene sind. Wir erinnern uns nur nicht mehr daran, weil die gegenwärtige Nutzung
dieser Technologien nichts mehr davon enthält...Man könnte über zwei Amerikas nachdenken, die sich
hier gegenüber stehen, jenes, das sich wie Kaczynski bedroht fühlt und irrational und phobisch reagiert,
und das der Technizisten, das Irritationen wie diese nicht verarbeiten kann.

Freitag, Berlin

Kaczynski’s ganzer aus paranoider Schwachsinn dient einzig und allein einem Zweck; die aus Hass begangenen
Verbrechen zu rechtfertigen. Dammbecks hochtrabende Erklärungsversuche einer angeblichen Revolte gegen
die totale Überwachung halten den Tatsachen nicht stand, seine Konstruktion des Unabombers kann man getrost
vergessen. Zum Schluß noch eine Empfehlung an die Bundeszentrale für Politische Bildung: Sie täte gut daran,
den Film samt Begleitheft im Interesse der Schüler so bald wie möglich aus dem Verkehr zu ziehen.
Für die Medienerziehung taugt „Das Netz“ allenfalls als Negativbeispiel.

Deutschlandradio Berlin

Der Film passt gut in die Zeit der großen Ernüchterung nach dem Dot.Com-Hype. Schon auf der letzten Ars Electronica
war eine gewisse Katerstimmung zu spüren, das Thema der nächsten Transmediale Anfang Februar in Berlin lautet
„Get basic“ - „werdet wesentllich!“ Wie nach jeder Party, jedem noch so schönen Rausch, ist derzeit also Aufräumen
angesagt. „Das Netz“ liefert dazu viele Anregungen.

Bayrischer Rundfunk 2 (Anja Mauruschat)

Zwei weitere Gedanken, die über den Fall des Unabombers weit hinaus gehen, drängen sich nach
diesem ebenso spannenden, wie nachdenklichen, in vielem grenzüberschreitenden Dokumentarfilm
auf: Da der Zentralgedanke der Kybernetik die Figur der Rückkopplung, des "Feedback" ist, könnte
doch der Unabomber und seine fundamentalistische Technikfeindlichkeit, sein Widerstand eben
genau so eine Art soziale Rückkoppelung darstellen.

Telepolis: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19240/1.html

Dammbecks Film argumentiert so rhizomatisch wie das Netz selbst, er ist weit davon entfernt, sich in
wohlfeiler Medienkritik zu ergehen - aber er hinterlässt einen Eindruck der Unausweichlichkeit, den er
selbst so formuliert hat: »Dass sich jemand inmitten eines Systems befindet, aus dem es kein Entkommen
gibt, beschreibt ja auch die Tragik von Kaczynski. Denn der hat einfach nicht begriffen, dass es bei dem
System, mit dem er es zu tun hat, kein >Draußen< gibt. Auch eine Hütte im Wald ist nicht das Draußen,
sondern Teil des Systems.

MUSEUMSJOURNAL MD Berlin mehr
http://www.museumsjournal.de/journal/index.html

Es nervt der raunende Ton, mit dem Dammbeck ständig Verschwörungen auch dort andeutet, wo er nichts
beweisen kann. Und wenn er den Wissenschaftler David Gelernter...mit den „Philosophien“ des Bombers
konfrontiert, wirkt der Filmemacher wie ein selbstgerechter Spinner.

Berliner Morgenpost

(Doch) es nervt der raunende Ton, mit dem Dammbeck im Stile paranoider Internet-Blog-Blödmänner auch dort
Verschwörungen andeutet, wo er nichts beweisen kann.

Die Welt

Tatsächlich tastet Dammbeck in seinen Interviews mit Freaks und Computerpionieren wie Stewart Brand
oder Heinz von Foerster nach dem historischen Knotenpunkt, wo die Popkultur an die zuvor noch von Militärs
und Nachrichtendiensten gehüteten Geheimnisse der Kybernetik anknüpfte.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Doch formt die Technologie nicht bereits die Menschen und könnte sie seiner Kontrolle nicht irgendwann
völlig entgleiten? Ein spannender Essay zu einem wesentlichen Aspekt unserer Gegenwart und erst recht
unserer Zukunft.

ZITTY Berlin

„Das Netz“ erweist sich am Ende als Verschwörungstheorie, deren Maschen zu weit sind, um
die Lücke von der Beweisbarkeit zur Wahrheit zu schließen.

TIP Berlin

VON DER SCHÖNHEIT KÜNSTLICHER DATEN
Zu den verstörendsten Arbeiten des Dokumentarfilms zählen jene, bei denen die Grenze des Faktischen
zur Fiktion zunehmend in Unschärfe gerät.."F For Fake" etwa nannte Orson Welles seinen Film über den
Kunstbetrieb, wo dem Zuschauer dieser angeblich authentischen Einblicke in Galerien und Fälscherwerkstätten
schliesslich ungewiss wurde, ob er nicht selbst einem grandiosen Schwindel aufsässe. ..Von Kaczynski sind in
Dammbecks Film nur Fahndungsfotos und zeitgenössische Medienberichte zu sehen, ansonsten Briefe in
handgeschriebenen Druckbuchstaben und in deutscher Sprache, in denen es um Utopien und um Wahrheit geht,
um Fotokopien jenes Manifestes, die nicht lesbar, und um Transskriptionen, die fehlerhaft sind, und schliesslich um
das illegitime Recht auf Rechtsetzung und um die Identität von Mathematiker und Künstler. Diese Nähe ist es,
die dem Film und seinen Recherchen zugrundeliegt: die Faszination eines Wissenszweiges namens Kybernetik,
der über Norbert Wiener, Buckminster Fuller und Marshall McLuhan in den Nachkriegsjahrzehnten zugleich
Naturwissenschafter wie Militärstrategen, Kognitionsanalytiker, Gestaltpsychologen und Protagonisten des
Expanded Cinema erfasste. In den Porträts und Interviews, die Dammbeck in seinem Film zusammenstellt,
ist noch viel von dieser Anziehungskraft zu spüren, sei sie geschäftlich profitabel gemacht (wie im Falle des
Impresarios John Brockman, der Computerwissenschaftler wie Popstars vermarktet) oder sei sie epistemologisch
genossen (wie im Falle Heinz von Foersters, der einen Gutteil des Wissens um die Welt auf das Erfinden von
künstlichen Daten zurückführt): "Man kann Fragen stellen, die nicht beantwortet werden können...da kommt
es nur darauf an, wer erfindet eine lustige, amüsante oder interessante Geschichte, wo jeder sofort glaubt:
das muss es gewesen sein!"

Neue Züricher Zeitung (Hendrik Feindt)

Anmerkungen

[1Der gelegentlich in anderen Quellen zitierte "Untertitel": "Unabomber, LSD & Internet" kommt im Filmtitel nicht vor und wird daher an dieser Stelle auch nicht mit zitiert.

[2und hier in Berlin zunächst dazu geführt hat, eine Ausstrahlung in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar zu erwarten, da als Zeit der 07.01 um 0:20 Uhr angekündigt worden war

[3von denen - zumindest am 2. Januar 2006 - der erste überhapt nicht genutzt werden konnte und der Zweite erst nachdem der GORSSBUCHSTABE "K" durch ein kleines "k" ersetzt ersetzt wurde

[4Verboten (HTTP-Error 403) | Sie haben nicht die erforderliche Berechtigung, um die Seite anzuzeigen. | Forbidden (HTTP error 403) | You do not have permission to access this document. | Web Server at t-h-e-n-e-t.com

Inzwischen gibt es hierfür eine Erklärung mit der folgenden Mail, in der es heisst:
Hallo,
wer sich gewundert hat, dass die Website zum Film in den letzten Tagen
nicht funktionierte: zwischen 31.Dezember und 2.Januar wurde die Website
gehackt, und alle Daten gelöscht.
Aber nun ist (fast) alles rekonstruiert und wieder nutzbar,
BE PART OF THE NET www.t-h-e-n-e-t.com

Dear friends,
an unknown person (or group) hacked the site www.t-h-e-n-e-t.com
between December 30th and January 2nd and erased all the files.
It’s good to get so much attention - but now the site is reconstructed and available again
BE PART OF THE NET
Lutz Dammbeck Filmproduktion

[5Wenn dieser direkte Link auch mit der hier korrigierten Schreibweise nicht funktioniert, ist ersatzweise ein Zugang über die URL
"http://www.expolar.de/" möglich.
Hier von besonderem Interesse der Auszug aus dem Interview mit 90jährigen Heinz von Förster aus dem Jahr 2001.

[6Ein Link, der uns viel über die Publikationen und Aktitiväten von Rainer Fischbach lehrt aber dennoch in diesem Zusammenhang nur aussagt, dass der Film auch in seiner "Regie" vorgeführt wurde.


 An dieser Stelle wird der Text von 15567 Zeichen mit folgender VG Wort Zählmarke erfasst:
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