DLM - Same Procedure as Last Year?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 25. März 2015 um 11 Uhr 23 Minuten

 

Nachfolgend wurde für diesen Tag in einer Preview zunächst nur das Programm dieses Tages vorgestellt. Jetzt, im Verlauf der Veranstaltung, werden einige Momente dieser Vorträge dann auf-schreibend (und zum Abschluss auch kommentierend) begleitet. Dabei wird weder Vollständigkeit noch Objektivität garantiert. Aber das Bemühen um Verständlichkeit dieser wahrlich nicht leichten Materie.

"Moderne Regulierung schaffen, Medienzukunft gestalten"

Begrüßung
 Dr. Jürgen Brautmeier
Vorsitzender DLM
 [1]

MODERNE REGULIERUNG SCHAFFEN
Keynotes
 Günther Oettinger
Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft,
Europäische Kommission

Um es gleich vorweg zu sagen: Diese Rede ist wesentlich bestandhaltiger als der kurze Aufsager von der CeBIT in Hannover von vor zwei Tagen. [2] Auch wenn die Themen weitgehend die gleichen sind, zusammengefasst gilt die immer wieder unterstrichene Aussage unter dem Motto: Nur gemeinsam sind wir stark.
Hier einige Sätze, die bei der deutschen "Szene" besonders angekommen sind:
"ich fühle mich schon ein bisschen an die duale Ordnung gebunden" - sagt er als EU-Kommissar in Bezug auf das Thema der Medienpolitik
"Ohne Breitband haben wir keine Kompetenz in diesem Markt". Und um den Ausbau voranzutreiben brauchen wir eine internationale Kompetenzordnung für die Rolle der öffentlichen Hände und die der Privatwirtschaft.
Wir müssen in Wirtschafts- und Kulturräumen denken, nicht mehr in den Rahmenbedingungen der nationalen Grenzen [3].
Und dann wird er konkret und sagt "das ist mein Rat":
— alte Fronten verlieren sich, "zwischen VPRT und ZDF entsteht eine späte Liebe"
— ein kohärentes Meinungs-Bild zwischen Bund und Ländern wird notwendig sein
— "unsere Art, Gesetzgebung zu machen, ist viel zu langsam. Wir kommen immer eine Generation zu spät ins Ziel"
— Wir brauche eine andere Form der Arbeitsstruktur (Deutschland sagt erst 5 nach 12 was man will - "wir müssen da raus und hin zu anderen Arbeitsritualen")
— Auch die MPK sollte sich endlich in Richtung Bruxelles bewegen.

 Prof. Monika Grütters MdB
Staatsministerin für Kultur und Medien
 [4]

Sie macht auf mit dem Fassbinder-Film "Welt am Draht" aus dem Jahr 1973. [5]

Der Umgang mit dem Netz ist auch heute noch ein Indikator für den Umgang mit der Frage des Umgangs mit der Demokratie. Sie verweist auf Jaron Lanier, auf Andrew Keen als Warner und Mahner zu diesem Thema.

"Kultur und Wissenschaft sind frei". Dieser hohe Verfassungsrang bedarf der Wahrung und Verteidigung. In der analogen wie in der digitalen Welt. Wir haben zwei Katastrophen in einem Jahrhundert überwinden müssen. Und die Verpflichtungen aus dieser Zeit gelten auch in der digitalen - wie in der analogen - Welt.

Zurückgeblieben? Zu langsam? Internet und digitale Gesellschaft waren Gegenstand der Debatte des letzten Bundestages. In dieser Legislaturperiode ist die "Digitale Agenda" verabschiedet werden. Und jetzt wurde die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz eingerichtet. Was bedeutet das?
— die Plattformregulierung wird ein wichtiges Thema sein. Sie wird von grosser Bedeutung für eine unabhängige Meinungsbildung sein. Die Auffindbarkeit der Inhalte, "das Prinzip des must-be-found" muss ein Grundprinzip unserer Medienregulierung werden.. Das gilt für die virtuellen Plattformen genauso wie die Smart-TV-Dienste.
— intermediäre Suchmaschinen: Die Auffindbarkeit ist zu einer Überlebensfrage geworden. Es droht die Gefahr der Entwicklung: Datenmonopole-> Plattformmonopole-> Meinungsmonopole. Einen solchen Missbrauch müssen wir bekämpfen.
— Das Streben nach einer vorherrschende Meinungsmacht ist nach wie vor einzuschränken.
— Journalistische Kompetenz und ihre Qualität für die Mehrwertssicherung ist zu fördern.
— Medienkonzentrationsrecht und Medienkonzentrationsrecht sind nicht hinreichend aufeinander abgestimmt. Das muss verändert werden.
— Revision der AVMD-Richtlinie.

ZIELE UND ANKNÜPFUNGSPUNKTE
Impuls
 Prof. Dr. Wolfgang Schulz
Direktor, Hans-Bredow-Institut für Medienforschung

Einige Positionen der Studie werden an dieser Stelle nochmals in verschärfter Form vorgestellt. Das "ex ante ex post" - Konzept gäbe Raum zu neuen Interpretationsfreiheiten. Auch wenn der Gesetzgeber noch an dem Begriff des linearen Rundfunkbegriffs.
Wichtig sei es, zunächst die grossen Themen zu vereinbaren und Zielkorridore. "In Hamburg nennen wird das gerne ’Mediagovernance’ "

Paneldiskussion
Was soll Medienregulierung in konvergenten Märkten leisten?

 Joachim Becker
Fachausschuss Regulierung, die medienanstalten; Direktor LPR Hessen

Wir brauchen ein Bild von dem, was reguliert werden soll. Schön, das ist ein "alter Meister". Das neue Bild ist noch nicht vollständig gezeichnet. Erst wenn das, wenn es fertig ist, werden wir auch dazu den Rahmen verfertigen können [6] Aber wenn die ARD die meisten ihrer Olympia-Sendungen im Netz streamt und nicht mehr so sehr über den herkömmlichen Bildschirm, dann ist das dennoch Rundfunk. Und das, ohne dass es dazu irgendeine Regelung gegeben hätte.

 Dr. Carsten Brosda
Bevollmächtigter des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg
für Medien, Senatskanzlei Hamburg

Die Gerichtsentscheidung zum Thema "UBER" spricht eine klare Sprache. Wir müssen nicht mehr regulieren, sondern wir müssen abstrakter regulieren. Und zuvor entsprechende Ziele vereinbaren.
Wir brauchen ein Management für die Schnittstellen der bestehenden Institutionen und den neuen Playern.
 Julian Geist
Executive Vice President Public Afairs, ProSiebenSat.1 Media AG

Wir denken mehr so in der Regel von Subjekt, Prädikat, Objekt. "The customer always has the answers." Ja. Aber die Medienordnung muss sich an der Wirklichkeit orientieren und nicht mehr an den Konstrukten der 80er Jahre. Die Frage ist, wie wir heute noch in der Konkurrenz mithalten? In den USA werden Monopole sogar als notwendig erachtet, damit Innovation vorangetrieben werden kann.
 Christoph Keese
Executive Vice President,
Axel Springer SE

Wir machen über 75% der Werbeumsätze im Internet. Und der Rundfunkstaatsvertrag und die Frage des Wettbewerbsrechtes sind Themen, die für uns von grossem Interesse sind.
Konvergenze Märkte, dieses Thema wird in den USA noch weniger reguliert als in Deutschland. "Da passiert in den USA gar nichts". "Was Öttinger gesagt hat zeugt von einem tiefen Verständnis, was diese neuen Märkte betrifft." "Die Zeit ist in dramatischer Art und Weise über den Rundfunkstaatsvertrag hinweggerollt."
 Prof. Dr. Wolfgang Schulz
Direktor, Hans-Bredow-Institut für Medienforschung

Die Gefahr besteht, dass die neuen Regulierungsvorschläge noch komplizierter sein werden als die bislang bestehenden. Aber muss man wirklich alles im Detail regeln, oder reichen Zielvorgaben, so wie sie auch in den USA gesetzt werden?

REGULIERUNGSINSTRUMENTE  [7]
Impuls
Konvergente Medienregulierung:
Erfahrungen aus anderen Märkten
 Dr. Rachael Craufurd Smith
Senior Lecturer, School of Law, University of Edinburgh
 [8]
Paneldiskussion
Vom Lizenzmodell zur Opt-In-Regulierung?
 Carine Chardon
Leiterin Medienpolitik/Medienrecht, ZVEI
 Dr. Rachael Craufurd Smith
Senior Lecturer, School of Law, University of Edinburgh
 Claus Grewenig
Geschäftsführer VPRT
 Dr. Wolf Osthaus
Senior Vice President Regulatory & Public Policy, Unitymedia KabelBW
 Lutz Reulecke
Vice President Regulatory Afairs & Public Policy, Sky Deutschland
Moderation am Vormittag:
 Bettina Schmieding, Journalistin

SICHERUNG VON MEINUNGSVIELFALT
Vortrag
Die Wissensbasis: Ergebnisse des neuen
DLM-Medienkonvergenzmonitors
 Johannes Kors
Stellvertretender Geschäftsführer, BLM
 [9]

Geplant ist ein eigener Webmonitor, einer Eingenentwicklung, und heute auch schon voll und ganz einsehbar [10].

Aktuell vorgestellt, die ersten Antworten auf die Frage, welche Medien welchen Einfluss auf die Meinungsbildung haben:

Fernsehen ist nach wie vor das reichweitenstärkste Medium: mit 60%, es folgen die Radios mit gut 50% und das Internet mit gut 25%.

Wenn es um das Thema der "Wichtigkeit" geht, gewinnt auch hier das Fernsehen mit 36,3% gefolgt von den Tageszeitungen, gut 23% und dem Internet.

Dennoch, die absoluten Vormachtstellung des Fernsehens nimmt ab, Radio bleibt stabil, und der Gewinner ist das Internet.

Bei den 14 - 29 jährigen ist mit 42,8% das Internet der wichtigste Anbieter.

Paneldiskussion
Konvergenz und Vielfaltsicherung: Was muss getan werden?

 Dr. Matthias Knothe
Leiter Referat Medienpolitik, Staatskanzlei Schleswig-Holstein

Nein, wir haben derzeit KEIN Medienkonzentrationsrecht. In Zukunft müsse man eher über "fernsehbasierte" oder "fernsehorientierte" Märkte reden. Bund und Länder könn(t)en neue Reglungen treffen, ohne damit die gesetzten Rahmenbedingungen zu gefährden.
 Jan Kottmann
Leiter Medienpolitik/Senior Policy Counsel DACH, Google

Nein, wir sind keine Inhalteanbieter. Wir sind nach wie vor eine Plattform. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Der Alogrithmus ist nicht beliebig, sondern er orientiert sich an den Bedürfnissen des Nutzers. Es gibt ein viel grösseres Wettbewerbspotenzial im Internet. "ich finde die Diskussion um das Thema der Transparenz zu abstrakt". Vor drei Jahren wird von Google erläutert, wie die Google-Suche funktioniert. Würden wir den Code veröffentlichen, gäbe es das Problem, dass tatsächlich sich "Blach-Hats" als Manipulatoren engagieren.
 Prof. Dr. Ralf Müller-Terpitz
Vorsitzender KEK

Die Aufgabe seiner Kommission sei bislang auf den Sektor Fernsehen beschränkt.
Crossmediale Medienkontrolle ist damit aber nicht zu leisten. Google könnte derzeit auch RTL und SAT1 erwerben, dagegen könne zur Zeit nichts unternommen werden.
: Im klassischen Medienkonzentrationsrecht "passt Google nicht wirklich". Was kann man dann tun? Wie kann man dieses neue Phänomen neu beschreiben. Und in der "Zeit" ist heute ein Artikel zu lesen unter der Überschrift "Suchmaschine such". Das Ziel ist eine "journalistisch strukturierte Geschichte".
 Dr. Tobias Schmid
Vorstandsvorsitzender VPRT

Das Schaffen der gemeinsamen Plattformen würde den kleinen und mittleren Anbietern eher helfen, als den Grossen.
Maxdome ist von über 30% in einem Jahr auf einen Wert von gerade mal gut 10% gesunken.
 Regulierung warum? Um Schutzbedürfnisse zur regeln. Um public value zu definieren. Um das Thema Werbung neu zu beschreiben. Und das wäre jetzt die Aufgabe des Gesetzgebers. "Ich könnte es auch machen, aber mich hat bislang niemand gefragt..."

AUFSICHTSSTRUKTUREN
Abschlussdiskussion
Wo soll‘s langgehen? Fahrplan für ein neues Zusammenspiel von Bund und Ländern

 Dr. Jürgen Brautmeier
Vorsitzender DLM

Wichtig ist die verbesserte Kooperation, die verbindlich geregelt ist. [11]Aku
Wir müssen heute den Rundfunkbegriff neu definieren, wohl auch enger fassen, sagen, was wir wirklich schützen wollen. Aktualität, Breitenwirkung, Suggestivkraft... diese "ABS"-Kriterien sollten helfen, sich auf den Kern zu konzentrieren, den es noch zu schützen gilt. Und das gilt nicht für Astro—TV oder die Lottozahlen...
Virtuellen Plattformen, Smart-TV, EPG’s ... all das gilt es mit zu berücksichtigen.
Ich will, dass wir 2016 das Jahr der Medienregulierung werden wird. Das ist optimistisch, wenn wir uns auf die Schwerpunktaufgaben konzentrieren.
 Dr. Wilhelm Eschweiler
Vizepräsident, Bundesnetzagentur

Was können die neuen Schnittstellen sein? Der Beirat. Der Länderarbeitskreis. Der TKG 123, Abs. 2, die Planungsgruppe UHF, ... ja, wir haben gute Erfahrungen gemacht.
 Jacqueline Kraege
Staatssekretärin, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz
beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales

Es gibt eine Vielfalt von Behörden... die zuständig sind. Wir haben eine Stoffsammlung gemacht und die Nennung der Anzahl der Einrichtungen würde den Rahmen mehr als sprengen.
Wir müssen von den Inhalten her schauen und dann fragen, wer welche Regulierungsaufgaben ausführen kann. Dabei wird die Unterscheidung zwischen Linear und Non-Linear weitgehend aufgehoben werden müssen.
Themen sind die AVMD-Richtlinie (und auf diese Ergebnissen wartet auch Oettinger gerne, also müssen wir da jetzt auch liefern).
Es gibt ein Grundverständnis, dass wir die Medienregulierung fit machen müssen für die Zukunft.
Wir brauchen einen plakativen Begriff für das Ineinandergreifen der Regelwerke.

Moderation am Nachmittag:
 Dr. Christian Stöcker, Ressortleiter Netzwelt, Spiegel Online

Aus den Debatten dieses Tages ein Fazit zu ziehen fällt schwer. Zwar ist von allen Seiten das Bemühen zu erkennen, sich aus den bisherigen Regelwerken herauszulösen, aber diese Emanzipation würde Qualitäten einfordern, die - auch auf dieser Versammlung - erkenntnistheoretisch so nicht vorlagen [12]

Warum?

Weil "wir" mit dem aktuellen Generationswechsel auch in der Zeit der Ablösung eines Oktroi durch die vier Siegermächte stehen, in der "wir" fälschlicherweise glauben, dieses selbstverschuldete Erbe der Eltern noch dadurch abschütteln zu können, in dem wir hoffen, allein mit dem Zulassen der Marktkräfte das Thema der Deregulierung bewältigt und "uns" damit entlastet zu haben.

Begründung:

Da den meisten das Bewusstsein über solche historischen Zusammenhänge fehlt, wir aber dennoch in diese eingebunden sind, wird die aktuelle Entwicklung nicht als Fortschritt, sondern als Bedrohung erlebt. Bei solcherart gehemmten Gestaltungsmotivation wird dann aber kaum mehr gelingen, als das Bisherige linear neu aufzuzäumen. Solch ein Menetekel ist aber nicht (allein) der mangelnden Kompetenz der handelnden - oder verhandelnden - Personen geschuldet, sondern dem tiefer liegenden Umstand, dass "wir" es immer noch nicht gut genug gelernt haben, die Zukunft als einen Gestaltungs-Zeit-Raum zu begreifen. Und als solchen zu nutzen.

Anmerkungen

[2Siehe dazu: "CeBIT 2015... 2 Tagesläufe"

[3... und dann kam erneut diese Bild von dem Napoleon und seinen Kommunikationsmitteln

[4Hier als PDF nachzulesen:

[5Und knüpft damit - unwissentlich - an einen langen Dialog des Autors mit dem Regisseur an, der sich vorab über mehrere Jahre entwickelt hatte.
In diesem Zusammenhang sei verwiesen auf die Einführungen des Deutschen Filminstituts am 2. November 2013 auf der Dietmar Dath und Juliane Maria Lorenz über den Film berichten: aus der Sicht des Kulturjournalisten und der Cutterin und Bewahrerin und Promoterin des "Erbes" von Rainer Werner Fassbinder. Wichtig in diesem Zusammenhang vor allem ihre Wort zu den Leistungen des Westdeutschen Rundfunks als Initiator dieses Projektes.

[6Und er verweist auf die Dokumenta in Kassel, die da neue Maßstäbe setzt - und da wird es offensichtlich, dass er diese Veranstaltung nicht oft und/oder intensiv besucht hat...

[7Über den nachfolgenden Programmpunkt wird an dieser Stelle nicht berichtet werden, da bis zum Ende dieses Abschnitts den Hintergrundgesprächen im Foyer des Hauses der Vorrang eingeräumt wurde.

[8Hier auf einem PDF nachzulesen:

[9Hier als PDF einzusehen:

[10"Von Jedermann und jeder Frau"... wie er sagt. Es scheint, dass der Vorwurf gegen die stark männerlastigen Positionen der BLM seine ersten Früchte getragen hat.

[11Arbeitet auch für die deutschsprachige Gemeinde in Belgien, in der das schon funktioniert.

[12Geschweige denn, als Motor einer solchen Diskussion hätten genutzt werden können.


15861 Zeichen